Die Steuerklasse richtet sich nach dem Verhältnis des Nacherben zum Vorerben. Von dieser Steuerklasse hängen dann der infrage kommende persönliche Freibetrag und der Steuersatz ab.

Steht der Nacherbe zum Erblasser in einem günstigeren Verwandtschaftsverhältnis als zum Vorerben, kann er aber auch die Besteuerung im Verhältnis zum Erblasser wählen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Infolgedessen ist der Besteuerung das Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen. Dies hat Auswirkungen auf die Steuerklasse, die sachlichen Steuerbefreiungen, den persönlichen Freibetrag, den Steuersatz und die Ermäßigung beim mehrfachen Erwerb desselben Vermögens.

 
Praxis-Tipp

Günstigere Steuerklasse durch Antrag bestimmen

Sinnvoll kann ein Antrag auf Besteuerung im Verhältnis zum Erblasser sein, wenn der Vater seinen Sohn zum Vorerben und die Tochter zur Nacherbin eingesetzt hat. Im Verhältnis zum Vorerben erhält die Nacherbin nur die Steuerklasse II, während im Verhältnis zum Erblasser die Steuerklasse I zur Anwendung kommt. Der Antrag ist auch dann empfehlenswert, wenn im Verhältnis zum Vorerben der Nacherbe die Steuerklasse III erhält, im Verhältnis zum Erblasser dagegen die Steuerklasse II.

In den vorgenannten Fällen muss auch die Zusammenrechnungsvorschrift nach § 14 ErbStG beachtet werden.

In den vorgenannten Fällen muss auch die Zusammenrechnungsvorschrift nach § 14 ErbStG beachtet werden.

 
Praxis-Beispiel

Antrag auf Besteuerung im Verhältnis zum Erblasser

Vater V hat seine Tochter zur Vorerbin und seinen Sohn zum Nacherben eingesetzt. V verstirbt. 12 Jahre später verstirbt auch die Tochter. Das Nacherbschaftsvermögen beträgt 850.000 EUR.

Lösung: Mit dem Tod der Tochter tritt der Nacherbfall ein und das Nacherbschaftsvermögen geht auf den Sohn über. Dieser muss das Nacherbschaftsvermögen i. H. v. 850.000 EUR im Verhältnis zur Schwester versteuern:

 
Nacherbschaftsvermögen (Steuerwert) 850.000 EUR
./. persönlicher Freibetrag (Steuerklasse II) ./. 20.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 830.000 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 30 %) 249.000 EUR

Optiert der Sohn aber auf Besteuerung im Verhältnis zum Vater, erhält er einen persönlichen Freibetrag i. H. v. 400.000 EUR und es verringert sich der Steuersatz. Denn im Gegensatz zur Besteuerung im Verhältnis zur Schwester, bei der die Steuerklasse II Anwendung findet, gilt zum Vater die Steuerklasse I. Es ergibt sich für ihn folgende Besteuerung:

 
Nacherbschaftsvermögen (Steuerwert) 850.000 EUR
./. persönlicher Freibetrag ./. 400.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 450.000 EUR
Erbschaftsteuer (Steuersatz 19 %) 85.500 EUR

Durch den Antrag verringert sich für den Sohn die Steuer um (249.000 EUR ./. 85.500 EUR =) 163.500 EUR.

Geht im Nacherbfall aber auch eigenes Vermögen des Vorerben auf den Nacherben über, sind die folgenden Besonderheiten zu beachten:

Grundsätzlich werden hier das Nacherbschafts- und Vorerbschaftsvermögen zusammengefasst und als ein einheitlicher Gesamterwerb besteuert.

Hinsichtlich der Steuerklasse werden beide Vermögensanfälle aber getrennt behandelt, d. h. insofern wird der Gesamterwerb als getrennter Erwerb angesehen. Hierbei bezieht sich "hinsichtlich der Steuerklasse" auf die Steuersätze, die Freibeträge und sonstige Tarifvorschriften.

Für den Freibetrag gilt, dass für beide Vermögensanfälle der jeweils im Verhältnis zwischen Nacherbe und Erblasser bzw. Nacherbe und Vorerbe maßgebende Freibetrag zur Anwendung kommt. Ein Abzug des im Verhältnis zwischen Nacherbe und Vorerbe zu gewährenden Freibetrags ist aber nur soweit zulässig, als der Freibetrag hinsichtlich des Nacherbschaftsvermögens noch nicht verbraucht ist.

 
Praxis-Beispiel

Besteuerung von Vor- und Nacherben

Die testamentarische Anordnung der Urgroßmutter G sieht vor, dass zunächst der Urenkel E1 Erbe (Vorerbe) sein soll. Nach dessen Tod soll dessen Bruder = Urenkel E2 Erbe (Nacherbe) sein. Einen Zeitpunkt für den Nacherbfall hat die Urgroßmutter G nicht festgelegt.

Das Nacherbschaftsvermögen beläuft sich auf 280.000 EUR (Steuerwert). Eine Wertveränderung tritt bis zum Nacherbfall nicht ein. Urenkel E1 hat seinen Bruder E2 zum Erben eingesetzt. Urenkel E1 verstirbt 13 Jahre nach dem Tod der Urgroßmutter. Der Steuerwert des von Urenkel E1 hinterlassenen Vermögens beträgt 18.000 EUR. E2 beantragt die Besteuerung im Verhältnis zur Urgroßmutter.

Lösung:

Besteuerung des Vorerben Urenkel E1

Mit dem Tod der Urgroßmutter hat Urenkel E1 seinen Erwerb der Besteuerung zu unterwerfen. Es ergibt sich folgende Berechnung der Erbschaftsteuer:

 
Vermögensanfall (Steuerwert) 280.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag ./. 100.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 180.000 EUR
Schenkungsteuer (Steuersatz 11 %, Steuerklasse I) 19.800 EUR

Besteuerung des Nacherben Urenkel E2

Aufgrund der fehlenden Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts der Nacherbfolge tritt diese mit dem Tod von Urenkel E1 ein. Da Urenkel E2 den Antrag nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG gestellt hat, steht ihm der persönliche Freibetrag im ...

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