1 Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen

Eine Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG für entgangene oder entgehende Einnahmen liegt nur vor, wenn ein "Schaden" ersetzt wird. Dazu zählen jedoch nicht Ersatzleistungen für jede beliebige Art von Schadensfolgen, sondern ausschließlich solche zur Abgeltung von erlittenen oder zu erwartenden Einnahmeausfällen. Leistungen, die Ansprüche ersetzen sollen, die bei ihrer Erfüllung zu nicht steuerbaren Einnahmen geführt hätten, fallen daher nicht unter § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Keine steuerbaren Entschädigungen sind z. B.

  • Ausgleichszahlungen für Ausgaben des Steuerpflichtigen[1]
  • Ausgleichszahlungen für die Verletzung arbeitsrechtlicher (Fürsorge-)Pflichten bzw. für unerlaubte Handlungen des Arbeitgebers (z. B. an immateriellen Wirtschaftsgütern), weil damit nicht die Dienste des Arbeitnehmers vergütet werden, sondern ein vom Arbeitgeber verursachter Schaden ausgeglichen wird[2]
  • Schadensersatzzahlungen wegen der Verletzung anderer Rechtsgüter (Gesundheit),
  • Ausgleichszahlungen eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs oder
  • Schmerzensgeldzahlungen.

Entschädigung aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Der Grundsatz, dass Entschädigungen, die aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, einheitlich zu beurteilen sind, entbindet nicht von der Prüfung, ob die Entschädigung "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden ist.[3] Aus diesem Grund kann eine Aufteilung der Ausgleichszahlung in einen steuerbaren und einen nicht steuerbaren Teil erforderlich sein. Ist eine genaue Zuordnung nicht möglich, ist die Höhe der (nicht) steuerbaren Entschädigungen sachgerecht zu schätzen. Wird neben einer der Höhe nach üblichen Entschädigung für entgangene Einnahmen eine weitere Zahlung vereinbart, die den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreitet, spricht dies indiziell dafür, dass die weitere Zahlung keinen "Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG darstellt und mithin nicht steuerbar ist.[4]

Bei Entschädigungen, die aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, muss es sich also um einen Ausgleich für einen Verlust handeln, den der Arbeitnehmer unfreiwillig erlitten hat. Die Mitwirkung des Arbeitnehmers an einer Vereinbarung zum Ausgleich eines eingetretenen oder drohenden Schadens ist unter der Voraussetzung unschädlich, dass das Handeln unter wirtschaftlichem, rechtlichem oder tatsächlichem Druck erfolgt. Der Arbeitnehmer darf das schädigende Ereignis keinesfalls aus eigenem Antrieb (z. B. durch eigene Kündigung) herbeigeführt haben. Von der für eine ermäßigte Besteuerung nach der Fünftelregelung erforderlichen "Zwangssituation des Arbeitnehmers" ist auch bei einer gütlichen Einigung bei gegensätzlicher Interessenlage von Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszugehen.[5] Zahlt der Arbeitgeber im Zuge einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, sind Feststellungen zur Frage, ob der Arbeitnehmer unter tatsächlichem Druck gestanden hat, regelmäßig entbehrlich. Würde nämlich ein Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses allein aus eigenem Antrieb herbeiführen, bestünde für den Arbeitgeber keine Veranlassung, eine Abfindung zu zahlen.[6]

Voraussetzung: Zahlung beruht auf neuer Rechtsgrundlage

Es ist erforderlich, dass Ansprüche des Arbeitnehmers weggefallen sind. Eine Entschädigung liegt deshalb nur dann vor, wenn die Zahlung auf einer neuen Rechtsgrundlage beruht. Werden Zahlungen lediglich in Erfüllung eines bereits bestehenden (z. B. arbeitsvertraglichen) Anspruchs geleistet, liegen keine Entschädigungen vor. Eine solche Entschädigung setzt aber nicht die vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Es genügt, wenn im Rahmen eines fortgesetzten Rechtsverhältnisses auf einer neuen Rechtsgrundlage eine Entschädigung für den Verlust (Wegfall) zukünftiger Ansprüche geleistet wird. Widerruft der Arbeitgeber z. B. einseitig die bisherige betriebliche Versorgungszusage und bietet er den Beschäftigten eine neue betriebliche Altersversorgung an, die zu wesentlich niedrigeren Ansprüchen führt, handelt es sich bei der Zahlung des Arbeitgebers, die den zukünftigen Einnahmeverlust teilweise ausgleichen soll, um eine solche Entschädigung. Weggefallen sind die Anwartschaften aus der bisherigen Versorgungszusage. Die Abfindungszahlung, mit der dieser Verlust teilweise ausgeglichen werden soll, beruht insoweit auf einer neuen Rechtsgrundlage.[7] Eine Entschädigung kann aber auch dann vorliegen, wenn bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses ein Ersatzanspruch für den Fall der betriebsbedingten Kündigung oder Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart wird.[8]

Werden nur die Zahlungsmodalitäten geändert, liegt keine Entschädigung vor. Davon ist auszugehen, wenn z. B. laufende Zahlungen durch eine Nachzahlung, Abfindung oder Kapitalisierung ersetzt werden.

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