Leitsatz

Die Höhe der Entfernungspauschale richtet sich grundsätzlich nach der kürzesten Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Nach Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern muss als solche auch eine Tunnelstrecke angesehen werden, die der Arbeitnehmer mit seinem Moped nicht befahren darf.

 

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer trat seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Rostocker Überseehafen) mit einem Moped an, dessen Höchstgeschwindigkeit unter 60 km/h lag. In seiner Einkommensteuererklärung 2009 berechnete er die Entfernungspauschale nach der tatsächlich gefahrenen (Umweg-)Strecke von 27 km. Das Finanzamt erkannte jedoch nur 9 km an und ging dabei davon aus, dass die kürzeste Straßenverbindung i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG durch den mautpflichtigen Warnowtunnel in Rostock führte. Der Arbeitnehmer hielt dem entgegen, dass er den Tunnel als Mopedfahrer gar nicht nutzen darf und er deshalb eine längere Fahrtstrecke zurücklegen musste.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass das Finanzamt die Fahrstrecke durch den Warnowtunnel zu Recht als kürzeste Straßenverbindung i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG angesehen hat, sodass die Entfernungspauschale nur für 9 km zu gewähren war. Nach Ansicht des FG ist es für die Anerkennung als kürzeste Fahrtstrecke unerheblich, dass der Arbeitnehmer die Straßenverbindung nicht mit seinem Verkehrsmittel befahren darf. Denn der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG stellt nicht (mehr) auf die kürzeste "benutzbare" Straßenverbindung ab, sodass es nicht auf die individuelle Benutzbarkeit der Straßenverbindung ankommt.

Die längere Fahrtstrecke ist auch nicht als "offensichtlich verkehrsgünstigere" Strecke i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 2. Halbsatz für die Berechnung der Entfernungspauschale heranzuziehen, da mit der Nutzung der Strecke eindeutig keine Zeitersparnis verbunden war.

 

Hinweis

Vor dem Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom 21.12.2000 (BGBl 2000 I S. 36) stellte § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG in seinem Wortlaut noch auf die kürzeste "benutzbare" Straßenverbindung ab. Dieses Tatbestandsmerkmal führte früher z. B. dazu, dass die Strecke über die Hamburger Köhlbrandbrücke (Hochbrücke) nicht als maßgebliche Straßenverbindung anerkannt werden konnte, wenn der Arbeitnehmer unter Höhenangst litt (FG Hamburg, Urteil v. 24.3.2003, II 61/02).

"Anm. der Redaktion: Inzwischen wurde die Revision vom BFH zugelassen (Az. VI R 20/13)."

 

Link zur Entscheidung

FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.12.2012, 3 K 124/11

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