Leitsatz

Nach Erledigung der Hauptsache in dem Verfahren X R 28/12 und Aufhebung des Vorlagebeschlusses vom 27. Oktober 2015 (BFHE 251, 349, BStBl II 2016, 81) über die Frage, wie im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem ­Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln sei, ist der Rechtsgrund für eine Entscheidung des Großen Senats des BFH entfallen.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG

 

Sachverhalt

Zum 1.1.2005 gründete die Klägerin eine GmbH & Co. KG, bei der sie die einzige Kommanditistin wurde. Sie erbrachte ihre Einlageverpflichtung durch Übertragung der Grundstücke aus dem ­Betriebsvermögen ihres Einzelunternehmens zu Buchwerten. Da die Buchwerte zum Einbringungszeitpunkt höher waren als der Nominalbetrag der Einlage, wurde der Differenzbetrag der KG als Darlehen gewährt. Am 15.3.2005 traten zwei ihrer Söhne als weitere Kommanditisten ein, diese erbrachten ihre Einlageverpflichtung durch Einbringung zum Verkehrswert eines ihnen jeweils zur Hälfte gehörenden, ebenfalls von der Betriebs-GmbH genutzten Grundstücks, das sie bislang in ihrem Privatvermögen hielten. Der die Kommanditeinlagen und die miteingebrachten Verbindlichkeiten übersteigende Betrag wurde der KG als ­Darlehen gewährt. Die KG führte hinsichtlich der von der Klägerin eingebrachten Grundstücke die Buchwerte des Einzelunternehmens fort und wies den sich ergebenden Mehrbetrag auf dem "Verrechnungskonto (Privatkonto)" aus. Ebenso verfuhr sie hinsichtlich des Mehrbetrags aus der späteren Einbringung durch die Söhne. Das FA meinte, die Übertragung der Grundstücke durch die Klägerin sei nach den Grundsätzen der sog. Trennungstheorie insoweit als entgeltlich anzusehen, als der ­Klägerin hierfür eine Gutschrift auf ihrem Privatkonto gewährt worden sei und erhöhte dementsprechend das Ergebnis ihres Einzelunternehmens. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23.5.2012, 14 K 2982/10, Haufe-Index 3543921).

Mit ihrer Revision vertraten die Kläger die Auffassung, die vom FG herangezogene "reine Trennungstheorie" habe keine gesetzliche Grundlage und sei zwischenzeitlich von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgegeben worden. Der X. Senat hatte daraufhin den Großen Senat angerufen. Während das Verfahren dort anhängig war, änderte das FA dem Begehren der Kläger entsprechend den Steuerbescheid.

 

Entscheidung

Der Große Senat des BFH hat das Vorlageverfahren GrS 1/16 eingestellt.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung des Großen Senats ist im Zusammenhang mit dem Aufhebungsbeschluss des X. Senats (BFH, Beschluss vom 30.10.2018, X R 28/12,BFH/NV 2019, 39) zu sehen. Da das FA dem Begehren der Kläger in vollem Umfang abgeholfen hatte, wurde von beiden Beteiligten der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Infolgedessen hatte der X. Senat seinen Vorlagebeschluss an den Großen Senat (BFH, Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12,BFH/NV 2016, 310, BFH/PR 2016, 59, BStBl II 2016, 81) aufgehoben, denn nach der Erledigung des der Vorlage zugrunde liegenden Rechtsstreits bestand kein Bedarf mehr für eine Entscheidung des Großen Senats des BFH über die vorgelegte Rechtsfrage.

2. Für die Praxis ist diese Entwicklung äußerst bedauerlich. Durch die Beitrittsaufforderung des X. Senats an das BMF vom 19.3.2014 (vgl. BFH, Beschluss vom 19.3.2014, X R 28/12, BFH/NV 2014, 1271, BFH/PR 2014, 286) war erkennbar geworden, dass innerhalb des BFH unterschiedliche Auffassungen darüber existieren, ob im Falle der teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamhandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe des Gewinns aus dem Übertragungsvorgang anhand der sog. strengen Trennungstheorie oder anhand einer modifizierten Trennungstheorie zu ermitteln ist.

Dem Großen Senat, der zur Entscheidung aufgerufen war, ist leider nunmehr die Möglichkeit genommen worden, sich zur Vorlagefrage inhaltlich zu äußern.

3. Aus der Tatsache, dass die Finanzverwaltung dem Begehren der Kläger im Streitfall stattgegeben hat, kann m.E. nicht geschlossen werden, dass die ­Finanzverwaltung in Bezug auf die vorgelegte Streitfrage grundsätzlich entscheiden wollte. Die Rechtsunsicherheit bleibt bedauerlicherweise bestehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 30.10.2018 – GrS 1/16

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