Leitsatz

Bei zeitlich gestreckter Zahlung des Veräußerungserlöses in verschiedenen Veranlagungszeiträumen fällt der Veräußerungsverlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zu dem Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen der Zahlungszuflüsse an.

 

Normenkette

§ 11, § 17 Abs. 2, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, veräußerte vor Ablauf der 10-Jahres-Frist ein ihr gehörendes Grundstück mit Verlust. Der Erwerber teilte das Grundstück auf und leistete vereinbarungsgemäß für die neu gebildeten Parzellen drei Teilzahlungen zwischen 2007 und 2009. Die Klägerin setzte ihre Anschaffungs- und Veräußerungskosten bereits 2007 in voller Höhe an. Das FA berücksichtigte den Verlust dagegen erst im Jahr 2009.

 

Entscheidung

Auf die Revision der Kläger hat der BFH das FG-Urteil (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.4.2016, 9 K 9108/13, Haufe-Index 9691575, EFG 2016, 1607) aufgehoben, der Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Im Streitjahr 2007 ist der Gesamtverlust anteilig zu berücksichtigen.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil beantwortet eine bisher offengebliebene, sehr grundlegende Frage zur Entstehung des Veräußerungsverlusts bei zeitlich gestreckter Zahlung des Veräußerungserlöses.

1. Entschieden war bisher nur der Gewinnfall: Die Teilzahlungen werden im Jahr des jeweiligen Zuflusses erfasst. Ein Gewinn entsteht aber erst, wenn die insgesamt zugeflossenen Einnahmen höher sind als die AK/HK und die WK, wenn also die "Gewinnschwelle" überschritten ist. So verfährt die Rechtsprechung auch bei Wahl der Zuflussbesteuerung in den Fällen des § 17 EStG gemäß R17 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. R16 Abs. 11 Satz 7 EStH 2015 (BFH, Urteil vom 18.11.2014, IX R 4/14, BFHE 248, 138, BStBl II 2015, 526).

2. Im Verlustfall gilt für die zeitliche Erfassung der Einnahmen nichts anderes. Sie werden im jeweiligen Jahr ihres Zuflusses erfasst. Fraglich war indes, welche Abzüge wann berücksichtigt werden. Dafür ergaben sich drei Möglichkeiten:

a) Sämtliche AK/HK und WK werden der ersten Teilzahlung gegenübergestellt. Alle nachfolgenden Teilzahlungen werden ungekürzt erfasst. Diese Lösung entsprach dem Begehren der Klägerin. Dabei wird jedoch anfänglich ein zu hoher Verlust ausgewiesen. Die Lösung würde außerdem massive Gestaltungsanreize bieten.

b) Das FA vertrat dagegen die Auffassung, den Verlust erst bei Zufluss der letzten Teilzahlung zu berücksichtigen. Die Lösung spiegelt die Verfahrensweise im Gewinnfall. Der Verlust ist der am Ende nicht mehr ausgeglichene Überhang der AK/HK und WK über den Veräußerungserlös.

c) Der BFH hat sich dennoch für die dritte Möglichkeit entschieden: Mit dem Zufluss jeder Teilzahlung wird ein entsprechender Teil des Gesamtverlusts berücksichtigt.

3. Aus dem Gesetz lässt sich keine dieser Lösungen ableiten. Für die Lösung des FA sprach die Symmetrie mit dem Gewinnfall. Diese Lösung hätte aber möglicherweise in Bezug auf die Verlagerung von Verlusten ebenfalls Gestaltungsanreize eröffnet. Für die Lösung des BFH spricht, dass sie für eine leistungsgerechte Besteuerung in jeder Periode sorgt und keine Möglichkeit zur Gestaltung eröffnet. Es bleibt allerdings unklar, warum im Gewinnfall nicht ebenso verfahren wird.

4. Und die Lösung des BFH hat noch einen anderen Haken. Der Gesamtverlust muss von Anfang an bekannt sein, um den anteiligen Verlust errechnen zu können. Das ist aber nicht der Fall, wenn – wie häufig – bei gestreckter Zahlung gerade die letzte(n) Rate(n) ausfallen. In diesen Fällen müsste nach der Lösung des BFH entweder eine rückwirkende Korrektur vorgenommen werden oder der Verlust erhöht sich am Ende um die nicht mehr zugeflossenen Teilzahlungen. Diese Fragen sind indes offen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.12.2016 – IX R 18/16

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