Zusammenfassung

 
Überblick

Kapitaleinkünfte (§ 20 EStG) gehören zu den Überschuss­einkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Zum 1.1.2009 wurde mit der Abgeltungsteuer eine umfassende Veräußerungsgewinnbesteuerung mit einem 25-prozentigen Steuersatz zzgl. SolZ und ggf. Kirchensteuer eingeführt. Allerdings sind die bis Ende 2008 erworbenen Kapitalanlagen größtenteils von der Veräußerungsgewinnbesteuerung ausgenommen (Bestandsschutz). Ein Steuerabzug entfaltet grundsätzlich Abgeltungswirkung, d. h. die Kapitaleinnahmen müssen nicht in der Steuererklärung aufgeführt werden.

Ergänzt wird diese Abgeltungssystematik durch verschiedene Erklärungspflichten und -optionen gegenüber dem Finanzamt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die gesetzlichen Regelungen zur Abgeltungsteuer ergeben sich insbesondere aus den folgenden Vorschriften:

  • § 20 EStG regelt den Ansatz der Kapitaleinkünfte, die Verlustverrechnung und den Sparer-Pauschbetrag.
  • § 32d EStG beinhaltet die gesonderten Tarifvorschriften und Veranlagungsregelungen in Bezug auf Kapitaleinkünfte. Auch die Anrechnung ausländischer Steuern wird hierin geregelt.
  • Die Vorschriften der §§ 43 ff. EStG regeln den Kapitalertragsteuerabzug. Die Steuersätze liegen einheitlich bei 25 % und der Steuerabzug ist grundsätzlich von einem inländischen Kreditinstitut bzw. einer inländischen ausschüttenden Gesellschaft vorzunehmen. Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs regelt § 43 Abs. 5 EStG. Die Vorschriften zum Kirchensteuerabzug sind in § 51a EStG geregelt.

Die Finanzverwaltung hat ein umfangreiches Schreiben zu Einzelfragen in Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 19.5.2022, IV C 1 – S 2252/19/10003 :009, BStBl 2022 I S. 742), das mit diversen Schreiben aktualisiert wurde (BMF, Schreiben v. 20.12.2022, IV C 1 – S 2252/19/10003 :011, BStBl 2023 I S. 46; BMF, Schreiben v. 11.7.2023, IV C 1 – S 2252/19/10003 :013, BStBl 2023 I S. 1472).

Wichtig: Verfassungswidrigkeit der Abgeltungsteuer?

Das Niedersächsische Finanzgericht hält die Vorschriften über die Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 5 EStG für mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar und hatte diese Frage dem Bundesverfassungsgericht mit Beschluss v. 18.3.2022 (7 K 120/21) zur Prüfung vorgelegt. Zwischenzeitlich wurde der Vorlagebeschluss aufgehoben, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Niedersächsisches FG, Beschluss v. 10.8.2022, 7 K 120/21, BB 2022 S. 1942). Weitere Verfahren zu dieser Rechtsfrage sind derzeit beim Bundesverfassungsgericht nicht anhängig.

1 Besteuerungsgrundsätze

1.1 Subsidiarität des § 20 EStG

Nach § 20 Abs. 8 EStG sind die in § 20 EStG aufgeführten Kapitalerträge den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit oder Vermietung und Verpachtung zuzurechnen, soweit sie zu diesen Einkunftsarten gehören (Grundsatz der Subsidiarität).

 
Achtung

Gewerblicher Wertpapierhandel

Einkünfte aus einem Wertpapierhandel würden dann zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, wenn die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten sind (ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 15 EStG).[1] Liegt ein Gewerbebetrieb vor (gewerblicher Wertpapierhandel), sind alle Gewinne und Verluste (inkl. der Veräußerungsgewinne) steuerlich zu berücksichtigen. Aktienverkäufe und Gewinnausschüttungen unterliegen dem Teileinkünfteverfahren.[2] Aufwendungen gehören zu den Betriebsausgaben und das spezielle Verlustverrechnungsverbot des § 20 Abs. 6 EStG gilt nicht. Beim gewerblichen Wertpapierhandel stellt der BFH[3] auf die Berufsbilder des "Wertpapierhändlers" und des "Finanzunternehmens" nach dem Gesetz über das Kreditwesen ab. Wertpapierhandelsunternehmen (insbesondere Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen) werden regelmäßig "für andere" tätig, sodass der private Anleger dieses Kriterium nicht erfüllt. Finanzunternehmen handeln für eigene Rechnung aber direkt mit institutionellen Partnern. Der Anleger, der Geschäfte über die depotführende Bank abschließt, ist daher vermögensverwaltend tätig. Auch die gewerbliche Darlehenshingabe verlangt eine "bankähnliche" bzw. "bankentypische" Tätigkeit.[4]

Termingeschäfte

Termingeschäfte (z. B. Zinsbegrenzungsvereinbarungen oder Swaps), die zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören, fallen nach Verwaltungsauffassung nicht unter die Einkünfte des § 20 EStG. Derartige Geschäfte werden von den Steuerpflichtigen – wie bei den betrieblichen Einkünften – meist zu Absicherungszwecken (Absicherung von Darlehen, die der Finanzierung vermieteter Immobilien dienen) abgeschlossen. Demgegenüber sind Zahlungen aus der vorzeitigen Auflösung eines Swaps[5] nicht den Vermietungseinkünften zuzurechnen.[6]

Zur Einordnung von Swaps bei den Einkünften aus Vermietung oder Verpachtung sind weitere BFH-Verfahren anhängig

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