BMF, 26.8.2002, IV C 3 - S 2255 - 420/02

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Privat- und Betriebsvermögen Folgendes (Änderung gegenüber dem BMF-Schreiben vom 23.12.1996 (BStBl 1996 I S. 1508) geändert durch BMF-Schreiben vom 31.12.1997 (BStBl 1998 I S. 21) und vom 30.10.1998 (BStBl 1998 I S. 1417), die nicht ausschließlich redaktioneller Art sind, sind durch Fettdruck hervorgehoben):

 

A. Arten von wiederkehrenden Leistungen

1.

Wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung können Versorgungsleistungen, Unterhaltsleistungen oder wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung sein. Versorgungsleistungen sind bei dem Verpflichteten Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG und bei dem Berechtigten wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1 EStG (Renten oder dauernde Lasten; vgl. B.). Unterhaltsleistungen (Zuwendungen) dürfen nach § 12 Nr. 2 EStG nicht abgezogen werden. Wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung enthalten eine nichtsteuerbare oder steuerbare Vermögensumschichtung und einen Zinsanteil (vgl. C.).

 

B. Unentgeltliche Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen

2

Versorgungsleistungen (Renten oder dauernde Lasten) sind wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbfolge (Vermögensübergabe). Versorgungsleistungen können auch auf Verfügungen von Todes wegen beruhen (vgl. Rz. 28). Soweit im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung Versorgungsleistungen zugesagt werden, sind diese weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten (BFH-Beschluss vom 5.7.1990, BStBl 1990 II S. 847).

 

I. Vermögensübergabe

 

1. Begriff der Vermögensübergabe

3

Vermögensübergabe ist die Vermögensübertragung kraft einzelvertraglicher Regelung unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge, bei der sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen (BFH-Beschluss vom 15.7.1991, BStBl 1992 II S. 78). Eine solche Übergabe ist auch unter Fremden nicht ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 16.12.1997, BStBl 1998 II S. 718).

 

2. Abgrenzung zu voll entgeltlichen Geschäften

4

Nach dem Willen der Beteiligten soll der Vermögensübernehmer wenigstens teilweise eine unentgeltliche Zuwendung erhalten. Bei einer Vermögensübergabe an Angehörige spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die wiederkehrenden Leistungen unabhängig vom Wert des übertragenen Vermögens nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen worden sind. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn die Beteiligten Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben und subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgehen durften, auch wenn Leistung und Gegenleistung objektiv ungleichwertig sind (BFH-Urteil vom 29.1.1992, BStBl 1992 II S. 465 und vom 16.12.1993, BStBl 1996 II S. 669). In diesem Fall gelten die Grundsätze über die einkommensteuerrechtliche Behandlung wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung (vgl. C.).

4a

Unter Fremden besteht eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass bei der Übertragung von Vermögen Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind. Ein Anhaltspunkt für ein entgeltliches Rechtsgeschäft kann sich auch daraus ergeben, dass die wiederkehrenden Leistungen auf Dauer die erzielbaren Erträge übersteigen. Die für die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs sprechende Vermutung kann hingegen zum Beispiel widerlegt sein, wenn der Übernehmer auf Grund besonderer persönlicher (insbesondere familienähnlicher) Beziehungen zum Übergeber ein persönliches Interesse an der lebenslangen angemessenen Versorgung des Übergebers hat (BFH-Urteil vom 16.12.1997, BStBl 1998 II S. 718).

 

3. Gegenstand der Vermögensübergabe

5

Gegenstand der Vermögensübergabe muss eine die Existenz des Vermögensübergebers wenigstens teilweise sichernde Wirtschaftseinheit sein. Gleichzeitig muss auch die Versorgung des Übergebers aus dem übernommenen Vermögen wenigstens teilweise sichergestellt sein. Dabei behält sich der Übergeber typischerweise vom Übernehmer zu erwirtschaftende Erträge seines Vermögens vor (BFH-Beschluss vom 5.7.1990, BStBl 1990 II S. 847).

6

Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistung ist gegeben, wenn eine existenzsichernde und ertragbringende Wirtschaftseinheit des Privat- und/oder Betriebsvermögens übertragen wird, deren Erträge ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen (Typus 1). Gegenstand der Vermögensübergabe kann auch eine existenzsichernde und ihrem Wesen nach ertragbringende Wirtschaftseinheit sein, deren Erträge aber nicht ausreic...

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