Leitsatz

1. Der Endpreis i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG stellt auf den Endpreis für die konkret zu bewertende Leistung ab. Werden mehrere Leistungen zugewandt, ist für jede Leistung gesondert eine Verbilligung und ein damit einhergehender Vorteil zu ermitteln.

2. Wird dem Arbeitnehmer – anders als einem fremden Endkunden – tatsächlich keine Überführungsleistung (hier eines Fahrzeugs) erbracht, scheidet insoweit die Annahme eines nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG zu bewertenden geldwerten Vorteils aus.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ermöglicht ihren aktiven und ehemaligen Mitarbeitern den Erwerb von ihr produzierter Fahrzeuge zu vergünstigten Konditionen. Die Auslieferung der Fahrzeuge weicht in diesen Fällen von der Auslieferung gegenüber fremden Endkunden ab. Fertig produzierte Fahrzeuge verbringt die Klägerin zunächst vom jeweiligen Produktionsstandort im In- oder Ausland in eines ihrer Versandzentren in Deutschland.

Von dort erfolgt keine unmittelbare Auslieferung an fremde Endkunden. Diese haben die Wahl, das Fahrzeug bei einer (unselbstständigen) Niederlassung der Klägerin, einem ihrer (selbstständigen) Vertragshändler oder in der sog. Markenwelt in Z in Empfang zu nehmen. In allen Fällen werden dem fremden Endkunden vom Fahrzeugtyp abhängige Überführungskosten berechnet.

Mitarbeiter der Klägerin können ihre Fahrzeuge hingegen abhängig vom inländischen Beschäftigungsort am jeweiligen Werksstandort oder am Versandzentrum in Z in Empfang nehmen. In diesen Fällen berechnet die Klägerin ihren Mitarbeitern keine Überführungskosten und berücksichtigt diese auch nicht bei der Ermittlung und Anmeldung des lohnsteuerbaren geldwerten Vorteils aus dem Erwerb von Fahrzeugen zu Mitarbeiterkonditionen.

Daraufhin erließ das FA gegenüber der Klägerin einen Haftungsbescheid. Bei den nicht berechneten Überführungskosten handele es sich um geldwerte Vorteile, die die Klägerin zu Unrecht nicht lohnversteuert habe. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab (FG München, Urteil vom 19.5.2017, 8 K 2605/16, Haufe-Index 10944905, EFG 2017, 1280).

 

Entscheidung

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das angefochtene Urteil aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen aufgehoben und der Klage stattgegeben.

 

Hinweis

1. Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG als deren Werte – abweichend von § 8 Abs. 2 EStG – die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.

Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).

2. Der lohnsteuerrechtlich erhebliche, durch einen Personalrabatt veranlasste geldwerte Vorteil bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht nach dem allgemeinen Marktpreis, sondern nach dem Endpreis, zu dem der Arbeitgeber die entsprechenden Waren fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.

Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH der "Angebotspreis", d.h. derjenige, der am Ende von Verkaufsverhandlungen und unter Berücksichtigung üblicherweise eingeräumter Rabatte als letztes Angebot des Händlers steht (BFH, Urteil vom 26.7.2012, VI R 30/09, BFH/NV 2012, 2047, m.w.N.).

3. Der Endpreis in § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG stellt auf den Endpreis für die konkret zu bewertende Leistung ab. Werden mehrere Leistungen zugewandt, ist für jede Leistung gesondert eine Verbilligung und ein damit einhergehender Vorteil zu ermitteln.

Zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG hat der erkennende Senat entschieden, dass Fracht-, Liefer- und Versandkosten nicht zum Endpreis i.S.d. Norm zählen, weil es sich hierbei nicht um die Gegenleistung des Letztverbrauchers für die Ware handelt. Liefert der Arbeitgeber die Ware beispielsweise in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor, deren Kosten nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts erhöhen, sondern vielmehr einen gesonderten Sachbezug begründen (BFH, Urteil vom 6.6.2018, VI R 32/17, BFH/NV 2018, 1110). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 EStG.

4. Bei Heranziehung dieser Grundsätze hat das FG die streitigen Überführungskosten zu Unrecht als Arbeitslohn angesehen und in die Bewertung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG einbezogen.

a) Die Mitarbeiter, die ihre Fahrzeuge an den jeweiligen Werksstandorten in Deutschland oder am Versandzentrum in Z entgegengenommen haben, haben keinen zusätzlichen geldwerten Vorteil i...

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