Leitsatz

1. § 15b EStG ist bezogen auf das Tatbestandsmerkmal einer "modellhaften Gestaltung" hinreichend bestimmt.

2. Sieht nach den Feststellungen des FG das vertriebene Konzept keine steuerlichen Verluste vor und sollte es danach ausschließlich wegen der erzielbaren Erlöse als Geldanlage attraktiv sein, so verletzt der Schluss des FG, in der Sache liege kein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG vor, weil nicht die Möglichkeit zur Erzielung von Steuervorteilen in Form negativer Einkünfte geboten worden sei, weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze.

 

Normenkette

§ 15b Abs. 1, 2 und 4 EStG, § 96 Abs. 1 Satz 1, § 118 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Die klagende KG war im Rahmen eines Fondsmodells errichtet worden, wonach sich ein Investor als einziger Kommanditist an einer KG beteiligte, deren Geschäft im Verleasen von Mobilien bestand. Anteilseigner der am Vermögen der KG nicht beteiligten Komplementär-GmbH waren Gesellschaften des Fondsanbieters.

Die KG hatte im Gründungsjahr eine Ansparrücklage nach § 7g EStG a.F. gebildet, die das FA aber nicht anerkannte. Weitere im Gründungsjahr entstandene Verluste stellte das FA als nach § 15b EStG verrechenbar fest. Das FA ging dabei davon aus, dem Investor sei die Zuweisung von Anfangsverlusten insbesondere durch Bildung einer Rücklage nach § 7g EStG a.F. angeboten worden. Tatsächlich hatte der Fondsanbieter in Vorjahren sein Fondsmodell so beworben. Nach Inkrafttreten des § 15b EStG hatte er das Modell aber in seinen Prospekten als sog. Rendite-Fonds bezeichnet und die Prospekte so abgewandelt, dass Steuervorteile weder angesprochen noch ersichtlich waren.

Im Klageverfahren hatte der Berichterstatter erkennen lassen, dass er die Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells nicht für erfüllt hielt. Das FA hatte gleichwohl keine Anstalten unternommen, bei ihm vorliegende Unterlagen aus Strafverfahren gegen die Initiatoren in den Prozess einzuführen oder konkrete Beweisanträge in Bezug auf eine tatsächliche Werbung mit Steuervorteilen zu stellen. Das FG gab der Klage gegen die Feststellung der Verrechenbarkeit der Verluste nach § 15b EStG daraufhin statt (FG Münster, Urteil vom 8.11.2010, 5 K 4566/08 F, Haufe-Index 2590237, EFG 2011, 438).

 

Entscheidung

Auch im Revisionsverfahren hatte das FA keinen Erfolg. Der BFH ging zwar von einer modellhaften Gestaltung aus, beurteilte die Auffassung des FG, das Modell sei nicht als Steuerstundungsmodell angeboten worden, als mit den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vereinbar. Eine Verfahrensrüge hatte das FA nicht erhoben.

 

Hinweis

1. Das Urteil ist die erste Revisionsentscheidung des BFH zu § 15b EStG. Sie enthält einerseits Aussagen zu Verfassungsmäßigkeit und Auslegung der Definition des Steuerstundungsmodells. Andererseits betreffen die tragenden Entscheidungsgründe die Frage, inwieweit aus bestimmten Tatsachen auf das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells geschlossen werden kann.

2.Nach § 15b Abs. 2 EStG liegt ein Steuerstundungsmodell vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist nach Satz 2 der Vorschrift dann der Fall, wenn dem Investor aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Diese Definition ist nach Meinung des BFH inhaltlich hinreichend bestimmt.

a)Ein Konzept liegt nicht bereits in jeder einfachen Investitionsplanung, sondern es muss eine umfassende und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichtete Investitionskonzeption vorliegen. Vorgefertigt ist das Konzept, wenn es nicht vom Investor selbst stammt, sondern dieser es vorfindet und zumindest die wesentlichen Grundlagen für ein geplantes Vorhaben einsetzen kann. Die Bewerbung des Konzepts mit Prospekten wird zwar häufig stattfinden, soll jedoch nicht erforderlich sein. Besteht die Investition in der Beteiligung an einer Gesellschaft und kann der Investor auf den Gesellschaftsvertrag und die Geschäftsführung keinen entscheidenden Einfluss nehmen, spricht dies für ein vorgefertigtes Konzept.

b)Wesentliche Voraussetzung für ein Steuerstundungsmodell ist weiter, dass aufgrund des Konzepts negative Einkünfte erzielt werden sollen. Ob dies die Motivation des Investors ist oder ob er überhaupt von der Verlusterzielung weiß, spielt nach Meinung des BFH keine Rolle. Es reicht aus, wenn das Konzept objektiv zumindest in der Anfangsphase die Erzielung negativer Einkünfte beinhaltet.

3.Im Urteilsfall hatte das FG keine Feststellungen dazu treffen können, dass das Konzept die Erzielung negativer Einkünfte beinhaltete. Zwar muss mit den Verlusten nicht ausdrücklich geworben werden. Es muss aber zu erkennen sein, dass die Verluste von den Initiatoren eingeplant worden sind. Dies kann sich etwa aus einem Prospekt ergeben, in dem die Verluste erwähnt werden. Es würde aber auch die mündliche Erläuterung eines Verluste einschließenden Ergebnisverlaufs ausreichen. Allein der Umstand, dass ei...

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