Leitsatz

Der Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, verfügt auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich über ein eigenes Vermögen, das neben dem Betriebsvermögen besteht, das ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft als mitunternehmerisches Vermögen zugerechnet wird.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG, § 24 UmwStG, § 230 HGB

 

Sachverhalt

Am Stammkapital einer GmbH waren zwei Gesellschafter mit identischen Anteilen und eine Gesellschafterin mit einem geringeren Kapitalanteil beteiligt. Letztere hatte in Höhe des Differenzbetrags zu den Anteilen der anderen Gesellschafter zusätzlich eine atypisch stille Beteiligung übernommen, sodass wirtschaftlich gesehen die drei Gesellschafter jeweils zu 1/3 an der GmbH beteiligt waren. Im Streitjahr sollte unter Beibehaltung der Drittel-Parität eine Nur-GmbH-Gesellschafterin ausscheiden und ein neuer stiller Gesellschafter eintreten. Die Ausscheidende veräußerte daraufhin ihre GmbH-Anteile zum Verkehrswert an die GmbH. Der Eintretende überwies denselben Betrag an die GmbH, wovon zur Beibehaltung der Drittel-Parität nur ein geringer Teilbetrag als stille Einlage des Eintretenden, der Restbetrag als Agio behandelt wurde.

Das FA erfasste den Differenzbetrag als Gewinn aus der Einbringung der bisherigen atypisch stillen Gesellschaft in eine neue atypisch stille Gesellschaft und rechnete den Gewinn der bisherigen stillen Gesellschafterin und der GmbH nach ihrem Anteil an der stillen Gesellschaft zu. Das FG (FG des Saarlandes, Urteil vom 1.7.2015, 1 K 1414/12, Haufe-Index 8404046) teilte diese Auffassung im Ergebnis; beiden bisherigen Gesellschaftern seien stille Reserven "abgekauft" worden.

 

Entscheidung

Die Revision der Klagebevollmächtigten für die atypisch stille Gesellschaft hatte Erfolg, während die Revision der GmbH vom BFH als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die GmbH habe entweder einen Gewinn aus der Veräußerung eines Teilanteils ihrer Beteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft oder – gleichbedeutend – einen Gewinn aus der Einbringung eines Teilanteils in eine neue stille Gesellschaft für Rechnung des neuen Gesellschafters erzielt. Die Zahlung des neuen Gesellschafters sei in ein Vermögen der GmbH erbracht worden, das diese neben dem mitunternehmerisch durch die stille Gesellschaft gebundenen Vermögen gehalten habe.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft das steuerrechtliche Verständnis der atypisch stillen Gesellschaft als Mitun­ternehmerschaft. In mehreren Entscheidungen der letzten Jahre hat der BFH deutlich gemacht, dass er die atypisch stille Gesellschaft als eine fiktive Innen-KG versteht, bei der der Inhaber des Handelsgewerbes der fiktive Komplementär und der stille Gesellschafter der fiktive Kommanditist sind. Der Inhaber des Handelsgewerbes verwaltet sein der stillen Gesellschaft gewidmetes Vermögen für Rechnung der Innen-KG und erhält seinen Anteil am Gewinn der stillen Gesellschaft wie ein Komplementär von der fiktiven KG.

2. Im Urteilsfall stellte sich die Frage, ob der Inhaber des Handelsgewerbes, der die stille Beteiligung an seinem gesamten Betriebsvermögen bestellt hat, im Bild von der fiktiven KG eigenes und nicht für Rechnung der KG verwaltetes Vermögen haben kann. Dies bejaht der BFH, was bedeutet, dass etwa im Fall einer GmbH & Still das Vermögen der GmbH in ein fiktives KG-Vermögen und das "eigene" Vermögen der GmbH aufgespalten werden muss. Zum "eigenen" Vermögen der GmbH gehört etwa ihr fiktiver KG-Anteil, auch wenn dieser steuerbilanziell gesehen kein Wirtschaftsgut darstellt. In das "eigene" Vermögen der GmbH müssen auch die Gewinnanteile der GmbH aus der stillen Gesellschaft eingehen, die nicht stehen gelassen und auch nicht wie Fremdkapital der stillen Gesellschaft zur Verfügung belassen werden.

In das "eigene" Vermögen gehört dann schließlich auch der Erlös aus dem Verkauf eines Teils der Beteiligung an einen anderen stillen Gesellschafter. Deshalb konnte der BFH im Urteilsfall zu dem Ergebnis kommen, dass nur der GmbH und nicht allen bisherigen Mitunternehmern der stillen Gesellschaft ein Gewinn aus dem "Verkauf stiller Reserven" an den neuen Gesellschafter zuzurechnen war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.3.2018 – IV R 38/15

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