Leitsatz

Bei nicht verheirateten Arbeitnehmern ist nach der - widerlegbaren - Lebenserfahrung bei längerer Auswärtstätigkeit davon auszugehen, dass der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort verlegt wurde.

 

Sachverhalt

Im Streitfall war ein lediger Arbeitnehmer seit Jahren 460 Km von seinem Heimatort entfernt tätig und hatte am Tätigkeitsort eine Wohnung angemietet. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen 2004 und 2005 machte er Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG) geltend, in dem er mit einem aus 2006 stammenden Mietvertrag, der rückwirkend zum 1.1.2004 beginnen und auf unbestimmte Zeit laufen sollte, die Anmietung einer Zweizimmerwohnung im Haus seiner Eltern anzeigte. Nach dem Mietvertrag beträgt die monatliche Grundmiete 0 EUR; für die Betriebskosten war ein monatlicher Pauschalbetrag von 70 EUR vereinbart. An seinem Beschäftigungsort war der Arbeitnehmer Mitglied des Verkehrs - und Kulturvereins sowie Mitglied einer Partei, für die er als Finanzverantwortlicher tätig war und für die er als Kandidat für die Bundestagswahl aufgestellt war. Das Finanzamt versagte den begehrten Werbungskostenabzug, da es von einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes an den Beschäftigungsort ausging und es außerdem aufgrund mangelnder finanzieller Beteiligung das Vorliegen eines eigenen Hausstandes am Wohnort der Eltern in Abrede stellte.

 

Entscheidung

Das FG wies die Klage ab und entschied, dass im Rahmen der Gesamtbetrachtung die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung nicht vorgelegen haben. Denn bei einem nicht verheirateten Arbeitnehmer spricht bei längerer Auswärtstätigkeit immer mehr dafür, dass die eigentliche Haushaltsführung und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort verlegt wurden und die Heimatwohnung nur noch für Besuchszecke vorgehalten wird. Im Streitfall kam erschwerend hinzu, dass die erforderliche finanzielle Beteiligung des Steuerpflichtigen an den Kosten des Haushalts im Heimatort nicht gegeben war, da ihm die Wohnräume unentgeltlich überlassen wurden und er erst aufgrund eines nachträglich abgeschlossenen Mietvertrages rückwirkend die Beteiligung an den Nebenkosten vereinbarte, diese jedoch erst außerhalb des Streitzeitraums (in 2006) gezahlt wurden.

 

Hinweis

Der Streitfall zeigt die Schwierigkeit der Prüfung des Vorliegens einer doppelten Haushaltsführung bei Alleinstehenden, da die Bestimmung des Lebensmittelpunkts den höchstpersönlichen Bereich des Steuerpflichtigen betrifft und die zu treffende Entscheidung anhand aller vorliegenden und erkennbaren Indizien zu treffen ist. Dabei geht das Gericht von der widerlegbaren Vermutung aus, dass je länger eine doppelte Haushaltsführung dauert, je eher von einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes an den Beschäftigungsort auszugehen ist. Dies gilt insbesondere bei größeren Entfernungen zwischen Beschäftigungsort und Heimatort. In diesem Fall kann auch eine größere Anzahl von Heimfahrten lediglich als ein, nicht jedoch als das entscheidende Indiz für das Bestehen eines Lebensmittelpunkts am Heimatort gewertet werden.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 09.05.2012, 4 K 2130/07

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