Tz. 615

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Nach § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 KStG ist eine vorzeitige Beendigung des GAV durch Kündigung stlich unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Die stlich wichtigen Kündigungsgründe sind in R 14.5 Abs 6 KStR 2022 bzw im UmwSt-Erl 2011 (s UmwSt-Erl 2011 Rn Org 12 und 26) definiert.

Der BFH (s Beschl des BFH v 13.11.2013, BStBl II 2014, 486 Urt-Begr II 3a und v 27.11.2013, BStBl II 2014, 651 Urt-Begr A III 3.b, bb, nachfolgend s Beschl des BVerfG v 14.12.2022, BGBl I 2023 Nr 93 und DStR 2023, 683) hat klargestellt, dass der wichtige Grund iSd § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 KStG normspezifisch zu verstehen ist und dass der stlich wichtige Grund von dem zivilrechtlich wichtigen Grund abweichen kann.

Hinsichtlich der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stimmen der zivilrechtlich und der stlich wichtige Grund überein (dazu s Tz 612, 650ff). Nach Auff des BFH (s Urt des BFH v 02.11.2022, DStR 2023, 264) führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei einer noch nicht fünf Jahre andauernden Organschaft zur Beendigung der Organschaft und zur rückwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft, wenn nur ein vorläufiger Jahresabschluss vorliegt, der nicht mehr korrigiert werden kann. Diese Nichtdurchführung kann nach Auff des BFH auch nicht durch § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 KStG "geheilt" werden, da dieser nur die Mindestlaufzeit des GAV, nicht hingegen die tats Durchführung betrifft (dazu auch s Tz 548). Ebenfalls hierzu s Schimmele (GmbH-StB 2023, 95).

 

Tz. 616

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Lange (GmbHR 2011, 806) weist zutr darauf hin, dass der Wortlaut des § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 KStG den wichtigen Grund nur im Zusammenhang mit der Kündigung des GAV erwähnt, während R 14.5 Abs 6 KStR 2022 und die hM die vorzeitige Beendigung eines GAV durch einen wichtigen Grund – uE zutr – gleich behandeln (so inzwischen auch s Urt des BFH v 13.11.2013, BStBl II 2014, 486; ebenso s Urt des FG Bln-BB v 19.10.2011, EFG 2012, 443). Wann ein wichtiger Grund vorliegt, ist weder im Ges noch in den KStR beschrieben, die KStR erläutern den Begriff lediglich durch Bsp.

 

Tz. 617

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Wenn der gesellschaftsrechtlich und der stlich wichtige Beendigungsgrund auseinanderfallen, kommt es auf den stlich wichtigen Grund an. Insbes kann nicht im GAV selbst bestimmt werden, was ein stlich wichtiger Grund ist. GlA s Urt des BFH v 13.11.2013 (BStBl II 2014, 486) und s Urt des FG He v 28.05.2015 (DB 2015, 2783, mit Anm Philipp/Kröger). Danach kann zwar für zivilrechtliche, nicht jedoch auch für stliche Zwecke bestimmt werden, was ein wichtiger Grund ist. Zweifelnd s Stahl/Fuhrmann (NZG 2003, 257) und s Walter (in B/W, § 14 KStG Rn 781). Noch weitgehender s Heurung/Engel/Müller-Thomczik (GmbHR 2012, 1227, 1233), die die stliche Anerkennung eines vertraglich vereinbarten wichtigen Grundes nur dann stlich nicht anerkennen wollen, wenn die Vereinbarung lediglich dem Ziel dient, die Mindestlaufzeit des GAV auszuhebeln.

 

Tz. 618

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Im Einzelfall kann das Zusammenspiel der Regelung in R 14.5 Abs 6 S 2 KStR 2022 mit dem ZivR problematisch sein. Die Regelung in den KStR setzt die Vertragskündigung voraus. Diese kann aber uU zivilrechtlich nicht erfolgen. Nach Auff von Lange (GmbHR 2011, 806) ist es für stliche Zwecke unschädlich, wenn in einem Fall, in dem ein stlich wichtiger Grund vorliegt, nicht jedoch auch ein zivilrechtlich wichtiger Kündigungsgrund, der GAV kurzfristig um diesen wichtigen Kündigungsgrund erweitert wird.

 

Tz. 619

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Die Regelung des R 14.5 Abs 6 KStR als Selbstbindung der Fin-Verw?

R 14.5 Abs 6 S 2 KStR 2022 benennt als stlich wichtige Beendigungsgründe des GAV die Veräußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch den OT, die Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation des OT oder der OG, wobei die KStR dies mit "kann insbes" formulieren. Nach dem UmwSt-Erl 2011 (Rn Org 12 und 26) sind die Umwandlung des OT (mit Ausnahme des Formwechsels iSd § 190 UmwG) und die Umwandlung der OG (mit Ausnahme des Formwechsels in eine Kap-Ges anderer Rechtsform) ein wichtiger Grund iSd § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 S 2 KStG. Nach uE zutr Auff von Ott (Ubg 2019, 129, 141) liegt auch in dem Fall, in dem eine OT-PersGes auf ihre OG verschmolzen und dabei gem Rn 20.09 des UmwSt-Erl 2011 die Organbeteiligung zurückbehalten wird, ein wichtiger Kündigungsgrund vor; die Organschaft erlischt durch Konfusion.

 

Tz. 620

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Während in der Vergangenheit diese Regelung in den KStR trotz Verwendung des Wortes "kann" iSe Selbstbindung der Fin-Verw verstanden wurde, sind seit Ergehen des Urt des BFH v 13.11.2013 (BStBl II 2014, 486) Zweifel aufgetreten, ob dies weiterhin so gilt (s Rödder/Liekenbrock, in R/H/N, § 14 KStG Rn 352 und s Brink, in Sch/F, 2. Aufl, § 14 KStG Rn 608u).

Das genannte BFH-Urt betraf die Veräußerung einer Organbeteiligung innerhalb eines Konzerns. Der BFH hat, der Entsch der Vorinstanz (s Urt des Nds FG v 10.05.2012, EFG 2012, 1591) folgend, das Vorli...

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