4.3.1 Steuerliche Rechtslage bis zum Veranlagungszeitraum 2002, wenn der Gewinnabführungsvertrag vor dem 21.11.2002 abgeschlossen worden ist

 

Tz. 347

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Nach § 14 Abs 1 Nr 3 S 1 KStG idF vor dem StVergAbG musste der GAV bis zum Ende des Wj der OG, für das erstmals die stliche Folge der Einkommenszurechnung nach § 14 Abs 1 S 1 KStG eintreten soll, abgeschlossen und bis zum Ende des folgenden Wj wirksam werden (s R 55 Abs 1 S 1 KStR 1995). Dazu auch s Urt des FG Bln-BB v 21.08.2007 (EFG 2007, 1897; weiter s Beschl des BFH v 22.10.2008, BStBl II 2009, 972).

Diese Regelung gilt für den VZ 2002 nur noch, wenn der GAV vor dem 21.11.2002 abgeschlossen worden ist (s § 34 Abs 9 Nr 3 S 1 KStG idF des StVergAbG) dh, wenn die vertretungsbefugten Organe der Vertragsparteien ihn bis zu diesem Zeitpunkt unterzeichnet haben (s Urt des FG Nds v 29.10.2009, EFG 2010, 259).

4.3.2 Steuerliche Rechtslage für den Veranlagungszeitraum 2002, wenn der Gewinnabführungsvertrag nach dem 20.11.2002 abgeschlossen worden ist, und ab dem Veranlagungszeitraum 2003

 

Tz. 348

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Nach § 14 Abs 1 S 2 KStG idF des StVergAbG ist das Einkommen der OG dem OT erstmals für das Kj zuzurechnen, in dem das Wj endet, in dem der GAV wirksam wird. § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 KStG wurde parallel geändert.

Bei nicht iSd §§ 319ff AktG eingegliederten OG wird der GAV mit seiner Eintragung in das HReg wirksam; bei eingegliederten OG tritt die Wirksamkeit des GAV mit seiner Unterzeichnung durch die Vertragspartner ein (s Tz 331, 332).

Erklärtes Ziel des Ges-Gebers war es, die rückwirkende Begr einer Organschaft zu unterbinden. Die Neufassung bedeutet, dass alle GAV-Erfordernisse einschl der Eintragung in das HReg spätestens bis zum Ablauf des Wj der OG erfüllt sein müssen, für das der GAV erstmals gelten soll. Damit hat der Ges-Geber die Rechtslage, wie sie für den VZ 1990 und früher galt, wieder eingeführt. Krit zur Neuregelung s Kösters/Schiffers (GmbHR 2002, 1221), s Herzig/Wagner (DStR 2003, 229) und s Förster (DB 2003, 899, 904). Um bei Unternehmenskäufen und Umstrukturierungen eine nahtlose Anschluss-Organschaft begründen zu können, werden seitdem häufiger als früher Wj-Umstellungen und Vorratsgesellschaften eingesetzt (s Rödder/Schumacher, DStR 2003, 805, 806).

 

Tz. 349

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Einen anderen Weg zeigt das BMF für nicht eingegliederte OG auf (s Schr des BMF v 10.11.2005, BStBl I 2005, 1038 Rn 4). Danach erkennt die Fin-Verw eine vertragliche Vereinbarung dahingehend an, dass die Laufzeit des GAV erst in dem Wj beginnt, in dem der Vertrag in das HReg eingetragen wird. Wegen des Wirksamwerdens des GAV s Tz 331, 332.

 

Tz. 350

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Nach § 34 Abs 9 Nr 3 S 1 KStG idF des StVergAbG ist die Neuregelung bereits im VZ 2002 anzuwenden, wenn der GAV nach dem 20.11.2002 abgeschlossen wurde. Damit sollte verhindert werden, dass über "Vorratsgestaltungen" in der Zeit vom Tag des Kabinettsbeschl bis zum Ende des VZ 2002 aus rein stlichen Gründen noch die Möglichkeit einer rückwirkenden Organschaft offen gehalten wurde.

"Abgeschlossen" iSd § 34 Abs 9 Nr 3 S 1 KStG idF des StVergAbG ist der GAV, wenn die vertretungsbefugten Organe der Vertragsparteien (GF oder Vorstand) unterschrieben haben. Die Zustimmung der Haupt- bzw Gesellschafterversammlung ist für die Einhaltung der Frist nicht erforderlich (s Schr des BMF v 10.11.2005, BStBl I 2005, 1038 Rn 5).

Das FG HH (s Beschl des FG HH v 02.07.2004, EFG 2005, 225) hält die rückwirkende Inkraftsetzung der Neuregelung auf den Tag des Kabinettsbeschl für verfassungsrechtlich unbedenklich.

4.3.3 Hinausgeschobener Beginn des Gewinnabführungsvertrags auf Grund aufschiebender Bedingung

 

Tz. 351

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Als Laufzeitbeginn des GAV kann auch ein Zeitpunkt nach der Eintragung in das HReg festgelegt werden. Sofern dieser Zeitpunkt bestimmt oder zumindest hinreichend bestimmbar ist, sollte eine Eintragung in das HReg auch schon vorher möglich sein (s Hahn, DStR 2009, 589, 591 und s Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793, 1796). Da die Organschaftswirkungen auch bei vorheriger Eintragung erst ab dem vertraglich vorgesehenen Beginn eintreten, ist die Laufzeitklausel so zu fassen, dass die Laufzeit ab dem zukünftigen Beginn mind fünf Jahre beträgt (s Walter, in B/W, § 14 KStG Rn 629, 637).

 

Tz. 352

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Zivilrechtlich ist auch ein aufschiebend bedingt abgeschlossener GAV zulässig. Nach Auff von Neumann (in Gosch, 4. Aufl, § 14 KStG Rn 235), Walter (in B/W, § 14 KStG Rn 629), Hahn (DStR 2009, 589, 590) und Scheifele/Marx (DStR 2014, 1793, 1796) ist ein solcher aufschiebend bedingt abgeschlossener GAV auch stlich anzuerkennen. AA s Frotscher (in F/D, § 14 KStG Rn 336), nach dessen Auff ein GAV als materiell satzungsändernder Vertrag bedingungsfeindlich ist. SE ist ein unter einer auflösenden oder aufschiebenden Bedingung abgeschlossener GAV unwirksam und daher stlich unbeachtlich.

Ein praktisches Bedürfnis für eine aufschiebend bedingte spätere Inkraftsetzung des GAV besteht insbes in Fällen, in denen die künftige OG über stlich noch nicht genutzte Verlustvorträge verfügt, die vor Organschaftsbeginn bei ihr selbst genutzt werden sollen.

R 55 Abs 3 KStR 1990 enthielt eine Verw-Anw, wonach es zulässig war, den Beginn des GAV und damit auch den Beginn der Organschaft auf den Beginn des VZ festzulegen, zu dem ein kstlicher (und/oder gewstlicher) Verlustabzug ver...

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