Tz. 140

Stand: EL 101 – ET: 03/2021

In § 21 Abs 2 S 1 UmwStG werden Sachverhalte aufgezählt, in denen auch ohne Veräußerung (dh ohne entgeltliche Übertragung der Anteile auf einen anderen Rechtsträger) eine Versteuerung der stillen Reserven stattfindet (Schaubild s Tz 139). Die Aufzählung der Entstrickungstatbestände ist abschließend (s Urt des BFH v 21.08.1996, BFH/NV 1997, 314 und v 12.10.2011, BStBl II 2012, 445 unter Rn 15). Daher ist weder eine Erweiterung der Gewinnrealisierungstatbestände noch ein Absehen der Besteuerung im Fall der Erfüllung der Tatbestände zulässig (zust s S/H/S, 7. Aufl, § 27 UmwStG Rn 19; s H/M, 4. Aufl, Anh § 21 aF Rn 96; s R/H/vL, 2. Aufl, § 27 UmwStG Rn 178; s Blümich, § 21 UmwStG 1995 Rn 77). Der BFH führt in seinem Urt v 08.04.1992 (BStBl II 1992, 764 unter II. 2.) dazu aus, dass "§ 21 Abs 2 UmwStG als Teil eines geschlossenen Systems enumerativ sein soll und deshalb die Schaffung dort nicht aufgeführter, gänzlich neuer Realisationstatbestände im Wege der Analogie bzw aufgr allg Erwägungen auszuschließen sei" (Bestätigung im Urt des BFH v 21.08.1996, BFH/NV 1997, 314).

 

Tz. 141

Stand: EL 101 – ET: 03/2021

Der erste Hs in § 21 Abs 2 S 1 UmwStG bestimmt die Rechtsfolgen des § 21 Abs 1 UmwStG auch ohne Veräußerung "der Anteile". Aus der Verknüpfung der Ersatzrealisationstatbestände des § 21 Abs 2 UmwStG mit der Anteilsveräußerung nach § 21 Abs 1 UmwStG wird deutlich, dass § 21 Abs 2 UmwStG nur auf einbringungsgeborene Anteile anzuwenden ist. Denn nur bei Anteilen, die durch eine Sacheinlage mit einem Ansatz unterhalb des Tw erworben worden sind (dh einbringungsgeborene Anteile, s § 21 Abs 1 S 1 UmwStG), treten nämlich die Rechtsfolgen des § 21 Abs 1 UmwStG ein. Dies hat zur Folge, dass mit dem Begriff "Anteile" in § 21 Abs 2 S 1 Nr 1–4 UmwStG jeweils allein einbringungsgeborene Anteile gemeint sind. Ist der Anteil an einer Kap-Ges nur tw nach § 21 UmwStG verhaftet, gilt dies nur für die aus dieser Vorschrift resultierende besondere St-Verstrickungsquote:

  • Daher kann das Antragsrecht in § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG auf Entstrickung der stillen Reserven in den Anteilen nicht auf andere st-verstrickte Anteile (zB im PV auf Anteile iSd § 17 EStG) oder auf die nicht nach § 21 UmwStG entfallende St-Verstrickungsquote einer Beteiligung (s Tz 149c) erweitert werden.
  • § 21 Abs 2 S 1 Nr 2, 3 und 4 UmwStG greifen nur ein, wenn im Zeitpunkt des Wegfalls des inl Besteuerungsrechts, der Auflösung und Abwicklung der Kap-Ges, der Kap-Ausschüttung oder der verdeckten Einlage noch einbringungsgeborene Anteile vorliegen und auch nur, soweit ein einheitlicher Anteil quotal nach § 21 UmwStG verhaftet ist.

Hinsichtlich der Besteuerungstatbestände der § 21 Abs 2 S 1 Nr 2 bis 4 UmwStG enthalten die Einzel-St-Ges für nicht nach § 21 UmwStG st-verstrickte Anteile (tw) vergleichbare eigene (Entstrickungs-)Regelungen (für Anteile im BV s §§ 4 Abs 1 S 3 und 6 Abs 6 S 2 EStG; für st-verstrickte Anteile im PV s §§ 17 Abs 1 S 2 und Abs 4, 20 Abs 2 S 2 EStG; § 23 Abs 1 S 5 Nr 2 EStG aF; und § 6 AStG).

Die Aufdeckung der stillen Reserven auf Antrag des AE (s § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG) ist eine exklusive Besonderheit für einbringungsgeborene Anteile.

 

Tz. 142

Stand: EL 101 – ET: 03/2021

Die Ersatzrealisationstatbestände des § 21 Abs 2 S 1 UmwStG im Überblick:

  • Abs 2 S 1 Nr 1: Versteuerung auf freiwilligen Antrag des AE, ohne dass eine Anteilsübertragung stattfindet. Es handelt sich um eine Durchbrechung des Realisationsprinzips. Die Regelung ist eingeführt worden, um einem AE mit Anteilen im PV die Möglichkeit zu geben, eine spätere Erfassung von Wertsteigerungen, die nach dem allg ESt-Recht nicht stpfl wären (dh keine Anteile iSd § 17 EStG), zu vermeiden (s Tz 143a).
  • Abs 2 S 1 Nr 2: Versteuerung der stillen Reserven durch nachträglichen Verlust eines inl Besteuerungsrechts für einen Gewinn aus der Veräußerung der Anteile bei der ESt oder KSt. Es handelt sich um eine echte Entstrickungsvorschrift. Die Versteuerung erfolgt "in der letzten Sekunde" der unbeschr Stpfl (s Tz 202).
  • Abs 2 S 1 Nr 3: Versteuerung wegen Rückzahlung von Kap durch die Kap-Ges, an der die Anteile bestehen. Dieser Realisierungstatbestand nimmt eine Sonderstellung in Abs 2 S 1 UmwStG ein. Denn der AE erhält als Ausfluss seines Anteilsrechts an der Kap-Ges bzw für den Untergang der Anteile im Fall der Auflösung und Liquidation eine Gegenleistung in Geld. Diesem Umstand trägt der Ges-Geber dadurch Rechnung, dass hier eine Stundung über die allg Regelungen der AO hinaus nicht gewährt wird (s § 21 Abs 2 S 3 UmwStG). Merkert (in Bordewin/Brandt, § 21 UmwStG Rn 31) versteht die Fälle der Kap-Rückzahlung als Unterfall der Anteilsveräußerung (dh der entgeltlichen Anteilsübertragung).
  • Abs 2 S 1 Nr 4: Versteuerung wegen verdeckter Einlage der einbringungsgeborenen Anteile in eine Kap-Ges. Es handelt sich um eine echte Entstrickungsvorschrift (Schließung einer Besteuerungslücke durch letztmögliche Realisierung der stillen Reserven beim einlegenden AE). Denn die verdeck...

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