Tz. 60

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

Aus § 55 Abs 1 Nr 1 S 1 AO folgt unmittelbar die in S 2 vorgenommene Festlegung, dass die Mitglieder zum einen keine Gewinnanteile, zum anderen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Kö erhalten dürfen. GA (auch vGA, s Urt des BFH v 30.03.1989, BStBl II 1989, 489 und v 12.03.2020, BStBl II 2021, 55) oder Überschussauskehrungen führen damit zum Verlust der StFreiheit. (Ausnahme: Fall des § 58 Nr 1 AO idF des JStG 2020, bisher: § 58 Nr 2 AO; s AEAO Nr 2 zu § 58 Nr 2). Zum Begriff der Zuwendung iSd § 55 Abs 1 Nr 1 S 2 AO s Urt des BFH v 23.10.1991 (BStBl II 1992, 62). Danach ist eine Zuwendung ein wirtsch Vorteil, den die Kö bewusst unentgeltlich oder gegen ein zu geringes Entgelt einem Dritten (dem Mitglied) zukommen lässt. Die Zuwendung erfolgt aus Mitteln der Kö, wenn deren Vermögenswerte eingesetzt werden, um den wirtsch Vorteil dem Dritten (dem Mitglied) zukommen zu lassen. Erforderlich ist ein bewusstes Handeln der Kö; dieses ist anzunehmen, wenn mind einem Vorstandsmitglied der Kö die Unangemessenheit bekannt ist oder bei sorgfältiger Prüfung des Sachverhalts hätte bekannt sein müssen (s Urt des BFH v 23.10.1991, BStBl II 1992, 62). Sofern eine gGmbH, die aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt – als vGA – an ihre stpfl Gesellschafter ausschüttet, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen § 55 Abs 1 Nr 1–3 AO vor, der die Anwendung des § 63 Abs 2 iVm § 61 Abs 3 AO und damit die 10-jährige Nachversteuerung ermöglicht (s BFH-Beschl v 12.10.2010, DStR 2011, 20).

Ein Verstoß gegen § 55 Abs 1 Nr 1 S 2 AO ist zB auch dann gegeben, wenn eine gemeinnützige Kö ihren bebauten Grundbesitz zu nicht marktgerechten Konditionen an ihre Gesellschafter oder an diesen nahe stehenden Pers vermietet (s Urt des FG Münster v 11.03.2005, EFG 2005, 1003 – rkr). Wichtig: Handelt es hierbei um eine gGmbH, liegt eine vGA vor, die gemeinnützigkeitsschädlich ist.

Aber: Nicht als Zuwendungen idS werden von der Fin-Verw beurteilt

  • Annehmlichkeiten, wie sie iRd Betreuung von Mitgliedern allgn üblich und nach allg Verkehrs-Auff als angemessen anzusehen sind (s AEAO Nr 11 zu § 55 Abs 1 Nr 1 AO),
  • die verbilligte Abgabe von Jahreseintrittskarten durch Sportvereine an Mitglieder, wenn die Ermäßigung nicht den Mitgliedsbeitrag übersteigt (s Jansen, DStR 1992, 133, mwHinw).
 

Tz. 61

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

Im Einzelnen: Gemeinnützigkeitsunschädliche Zuwendungen an Vereinsmitglieder

Im Hinblick auf § 55 Abs 1 Nr 1 AO dürfen Mitglieder keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten. Dies gilt aber nach dem AEAO zu § 55 Abs 1 Nr 1 Nr 11 nicht, soweit es sich um Annehmlichkeiten handelt, wie sie iRd Betreuung von Mitgliedern allg üblich und nach allg Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind. Da aber diese allg Regelung für die Praxis wenig hilfreich ist, hat zB die Fin-Verw in Ba-Wü Auslegungsgrundsätze für die praktische Handhabung beschlossen, die wir für sachgerecht halten. Diese stellen sich wie folgt dar:

  • Kleinere Aufmerksamkeiten sind gemeinnützigkeitsunschädlich. Hierunter fallen Sachzuwendungen (zB Blumen, Geschenkkorb, Buch oder CD) bis zu einem Wert von jeweils 60 EUR (in Anlehnung an R 19.6 LStR), die dem Vereinsmitglied aus Anlass pers Ereignisse wie zB Geburtstag, Hochzeit oder pers Vereinsjubiläum zugewendet werden. In begründeten Ausnahmefällen darf die einzelne Sachzuwendung den Wert von 60 EUR übersteigen.
  • Aufwendungen für Kranz- und Grabgebinde (Kranzspenden), ua für verstorbene Vereinsmitglieder, sind auch über 60 EUR hinaus in angemessener Höhe unschädlich. Insoweit liegt uE keine Zuwendung vor.
  • Außerdem können den Vereinsmitgliedern auch Aufmerksamkeiten, die iR besonderer Vereinsanlässe gewährt werden, gemeinnützigkeitsunschädlich eingeräumt werden. Hierunter ist zB die unentgeltliche oder verbilligte Bewirtung der Vereinsmitglieder bei der Weihnachtsfeier und der HV oder die Bezuschussung des Vereinsausflugs (zB Übernahme der Buskosten) bis zu einer Obergrenze von insges höchstens 60 EUR je teilnehmendem Vereinsmitglied im Jahr zu verstehen.
 

Beispiel:

Der Vereinskassierer eines Sportvereins vollendet im Jahr 2021 sein 60. Lebensjahr. Außerdem wird er in 2021für 25 Jahre Vereinszugehörigkeit geehrt. Am Vereinsausflug, der HV und der Weihnachtsfeier nimmt er ebenfalls teil.

Lösung:

Dem Vereinsmitglied können vom Verein in 2021 aus Anlass seiner pers Ereignisse Sachzuwendungen bis zu einem Wert von grds insges 120 EUR

(2 × 60 EUR) und für seine Teilnahme an den besonderen Vereinsanlässen zusätzlich eine unentgeltliche Bewirtung im Wert von insges höchstens 60 EUR gemeinnützigkeitsunschädlich zugewendet werden.

 

Hinweis: Abgrenzung Vereinsausflug zur Zielveranstaltung

Bei Vereinsausflügen gilt diese finanzielle Begrenzung von 60 EUR jedoch dann nicht, wenn iVm dem Vereinsausflug am Zielort eine mit den eigentlichen st-begünstigten satzungsmäßigen Zwecken in Zusammenhang stehende Tätigkeit ausgeübt wird (Zielveranstalt...

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