Tz. 48

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

  • In dem "Rettungsdienst-Urt" des BFH v 27.11.2013 (BStBl II 2016, 68) bestätigt der I. BFH-Senat die erstinstanzliche Entsch des FG B-Bbg, dass eine Eigengesellschaft einer jur Pers d öff Rechts auch in dem Fall selbstlos iSd § 55 AO wirken und folglich wegen Gemeinnützigkeit stbegünstigt sein könne, wenn sie auf Grundlage eines Dienstleistungsvertrags eine der Gesellschafterin originär obliegende hoheitliche Pflichtaufgabe – im Streitfall ua den Notrettungsdienst – übernimmt. Aus dem Urt lässt sich allg folgern, dass dann, wenn die delegierte Aufgabe von ihrer Art und ihrem Nutzen für die Allgemeinheit st-begünstigt ist, die Aufgabenübertragung der Selbstlosigkeit auf Ebene der übernehmenden Kö nicht entgegensteht. Dies gilt auch bei Ausgründung gemeinnütziger Tätigkeiten von einer gemeinnützigen auf eine andere gemeinnützige Kö.
  • Nach Auffassung der Fin-Verw im AEAO Nr 2 zu § 55 Abs 1 Nr 1 gilt Folgendes:

    • Eine zur Erfüllung von Pflichtaufgaben einer jur Pers d öff Rechts eingesetzte Eigengesellschaft verfolgt keine vordergründig eigennützigen Interessen ihres Gesellschafters. Eine St-Begünstigung der Eigengesellschaft kommt grds nur in Betracht, wenn die von ihr erbrachten Leistungen angemessen vergütet werden. Maßstab ist die Höhe des Entgelts, das von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter auch mit einem Nichtgesellschafter als Auftraggeber vereinbart worden wäre. Dazu muss das Entgelt regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag beinhalten (BFH-Urt v 27.11.2013, BStBl II 2016, 68). Bei st-begünstigten Einrichtungen ist aber aufgr der fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags idR nicht marktüblich.
    • Zwar ist bei einer Weiterleitung von Mitteln (auch in Form einer verhinderten Vermögensmehrung, zB bei verbilligter Grundstücksüberlassung) an eine jur Pers d öff Rechts das Tatbestandsmerkmal "zur Verwendung zu st-begünstigten Zwecken" nicht erfüllt, wenn die Mittel dem Gesamthaushalt der jur Pers d öff Rechts zugutekommen und die jur Pers d öff Rechts auch noch andere Zwecke verfolgt (vgl BFH-Urt v 27.11.2013 – I R 17/12, aaO). Aber: Dies ist jedoch unschädlich, wenn die Mittel nachweislich für st-begünstigte Zwecke verwendet werden (vgl AEAO Nr 2 S 8 zu § 58 Nr 2). Hierzu s auch Kirchhain (DB 2014, 1831 und DStR 2016, 505) und s Leichinger (NWB 2016, 928).
  • Die Verw-Regelungen im AEAO Nr 2 zu § 55 Abs 1 Nr 1 und im AEAO Nr 2 zu § 58 Nr 2 AO beziehen sich ausdrücklich nur auf den vom BFH entschiedenen Fall einer Eigengesellschaft in Trägerschaft der öff Hand.

Die Fin-Verw hat mit BMF-Schr vom 06.12.2017 (DStR 2017, 2811) Nr 2 des AEAO zu § 66 AO ihre Auff geändert und folgende Aussagen getroffen:

  • Die Wohlfahrtspflege darf nicht des Erwerbs wegen ausgeübt werden. Eine Einrichtung wird dann "des Erwerbs wegen" betrieben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wG übersteigen, die Wohlfahrtspflege mithin in erster Linie auf Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – zB zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der St-Begünstigung zu stehen (BFH, Urt v 27.11.2013, BStBl II 2016, 68).
  • Werden in drei aufeinanderfolgenden VZ – dh erstmals für den Zeitraum 2017–2019 – jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Kö übersteigen, ist widerlegbar (zB unbeabsichtigte Gewinne aufgr von Marktschwankungen) von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Kö auszugehen, den ZwB des Erwerbs wegen auszuüben. Gewinne aufgr staatlich regulierter Preise (zB auf Grundlage einer Gebührenordnung nach Maßgabe des § 90 SGB XI) sind kein Indiz dafür, dass der Zweckbetrieb des Erwerbs wegen ausgeübt wird.
  • Der konkrete Finanzierungsbedarf iSd S 4 umfasst die Erträge, die für den Betrieb und die Fortführung der Einrichtung(en) der Wohlfahrtspflege notwendig sind und beinhaltet auch die zulässige Rücklagenbildung nach § 62 Abs 1 Nr 1 und 2 AO. (Hinw: nicht die freie Rücklage nach § 62 Abs 1 Nr 3 AO). Zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre iSd S 4 gehören

    • Wohlfahrtspflegeeinrichtungen iSd § 66 AO,
    • ZwB iSd § 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen,
    • ZwB iSd § 67 AO sowie
    • ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden.
  • Hinweise:

    • Nur bis einschl VZ 2016 kommt eine Quersubventionierung mit Gewinnen aus der Wohlfahrtspflege wie folgt in Betracht:
    • ZwB nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO
    • ideelle Tätigkeiten
    • Seit dem VZ 2017 dürfen nur noch Gewinne erwirtschaftet werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre nicht übersteigen. Hierzu gehören:
    • alte Einrichtungen iSd § 66 AO
    • Krankenhäuser iSd § 67 AO
    • ZwB iSd § 68 AO, soweit § 66 AO erfüllt
    • ideelle Täti...

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