Tz. 60

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Das JStG 2008 vollzieht einen Schritt nach, der bereits im SEStEG fällig gewesen wäre. Es geht um die Abschaffung des Teilbetrags EK02 und der damit zusammenhängenden ausschüttungsabhängigen KSt-Erhöhung. Für die große Masse der Unternehmen, soweit sie nicht ohnehin unter die Kleinbetragsregelung (s Tz 67) fallen, ist dieser Schritt jetzt zwingend vorgeschrieben. Auf Grund politischer Vorgaben sieht das JStG 2008 jedoch insbes für ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen, die sich im Besitz der öff Hände, gemeinnütziger stbefreiter Kö oder von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften befinden, Ausnahmen vor. Diese in § 34 Abs 16 KStG idF des JStG 2008 näher bezeichneten Unternehmen dürfen die bisherige ausschüttungsabhängige KSt-Erhöhung unverändert weiterführen (dazu s Tz 85ff).

Das frühere System der ausschüttungsabhängigen KSt-Minderung ist bereits durch das SEStEG zugunsten des neuen Systems der ratierlichen Auszahlung des restlichen zum 31.12.2006 noch vorhandenen KSt-Guthabens aufgegeben worden. Begründet wurde das (s Begründung des Reg-Entw des SEStEG, BT-Drs 16/2710, 33) insbes damit, dass das frühere System bei einer EU-konformen Ausgestaltung nach dem "Wegzug" einer dt Kö ins EU-/EWR-Ausl kaum mehr zu praktizieren wäre.

Diese Praktikabilitätsbedenken hatte der Gesetzgeber des SEStEG unbegreiflicher Weise jedoch nur bei der KSt-Minderung, nicht bei der KSt-Erhöhung. Letztere hielt er nicht nur für den Inl-Fall unverändert bei, sondern dehnte sie durch die neuen Abs 5 und 6 des § 40 KStG sogar ausdrücklich auf die sog Wegzugsfälle aus (s § 40 KStG Tz 54ff).

Im JStG 2008 holt der Gesetzgeber das nach, was er im SEStEG versäumt hatte. Er schafft, wenn man von den von der Politik geschaffenen "EK02-Reservaten" (dazu s Tz 84ff) absieht, auch den Teilbetrag EK02 und damit die ausschüttungsabhängige KSt-Erhöhung ab. Die betroffenen Kö müssen das auf den Beständen des Teilbetrags EK02 zum 31.12.2006 lastende KSt-Erhöhungspotenzial in zehn gleichen Jahresraten an das FA entrichten, allerdings zu einem sehr moderaten Ablösungstarif. Statt der in § 38 Abs 2 KStG vorgesehenen KSt-Erhöhung von 3/7 der Leistung "kostet" die Ablösung des EK02 nur 3/100 des Schlussbestands dieses Teilbetrags und bei Ablösung in einer Summe sogar noch weniger. Nach Auff des FG HH (s Urt v 24.09.2012, EFG 2013, 155) sind die in § 36 Abs 5 und 6 KStG enthaltenen Regelungen verfassungsgemäß. GlA s rkr Urt des FG SchlH v 31.01.2013 (EFG 2013, 548) betr gemeinnützige Kö. § 38 Abs 5 und 6 KStG führen nicht zu einer verfassungswidrigen Vermögensbesteuerung oder einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung (s Urt des FG Bln-BB v 27.08.2013, Az: 8 K 8289/10, und s Urt des FG Ddf v 18.03.2014, EFG 2014, 1506, Rev-Az: I R 37/14).

Der BFH (s Urt v 10.12.2014, BStBl II 2015, 237) hat in dem Rev-Verfahren gegen das Urt des FG HH v 24.09.2012 (EFG 2013, 155) die Verfassungsmäßigkeit des § 36 Abs 5 und Abs 6 KStG bestätigt. Nach diesem Urt führen die in diesen Vorschriften getroffenen Regelungen zur ausschüttungsunabhängigen Nachbelastung des EK02 nicht zu einer (unzulässigen) echten Rückwirkung, sondern zu einer zulässigen unechten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung einer Rechtsnorm liegt vor, wenn ihre Rechtsfolgen mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten sollen. Dagegen ist eine unechte Rückwirkung gegeben, wenn die belastenden Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden. So lägen die Verhältnisse auch hinsichtlich der Regelungen zur ausschüttungsunabhängigen Nachbelastung des EK02: diese knüpfe zwar an den nach § 38 Abs 4 S1 KStG zum 31.12.2006 (und damit vor Verkündung der Vorschrift) festgestellten Endbetrag des EK02 an; die KSt-Erhöhung als Rechtsfolge der Vorschrift tritt jedoch erst nach Verkündung der Vorschrift ein. Die belastenden Rechtsfolgen würden daher lediglich unter Rückgriff auf einen in der Vergangenheit bereits verwirklichten Sachverhalt (Vorhandensein von EK02) ausgelöst. Durch die Nachbelastung des EK02, das idR aus zur Zeit der Geltung des AV erzielten stfreien Eink gebildet wurde, werde auch nicht die StFreiheit dieser Eink rückwirkend in unzulässiger Weise rückgängig gemacht; durch die Nachbelastung würden vielmehr allein die stlichen Folgen von noch vorhandenem EK02 abgewickelt. Im Urt v 28.10.2015 (BStBl II 2016, 414) hat der BFH diese Rechts-Auff bestätigt.

Nach dem Urt des BFH v 10.12.2014 (BStBl II 2015, 237) führt die ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK02 auch nicht zu einer verfassungswidrigen Nachbelastung derjenigen Kö, die aufgrund ihrer wirtsch Situation gar keine Ausschüttungen aus dem EK02 hätten vornehmen können, und stellt damit keinen Verstoß gegen den allg Gleichheitssatz (Art 3 GG) dar. Eine Sonderbehandlung von Unternehmen je nach ihrer wirtsch Situation hätte vielmehr wiederum zu Diffe...

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