Tz. 53

Stand: EL 65 – ET: 03/2009

Was unter dem Vorgang der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile zu verstehen ist, wird in § 21 UmwStG nicht erläutert. Aus dem Sinnzusammenhang ergibt sich jedoch, dass dem Begriff der Veräußerung eine eigene stliche – und somit vom Zivilrecht abweichende – Bedeutung zukommt, die mit dem gleichlautenden Begriff der §§ 16 und 17 EStG übereinstimmt. Daher kann auf die Bestimmung des Begriffs der Veräußerung zu den §§ 17 und 16 EStG in der Rspr zurückgegriffen werden. Der Tatbestand des § 21 Abs 1 S 1 UmwStG entspr nämlich in seinem Aufbau und seiner systematischen Stellung innerhalb der Besteuerungstatbestände des EStG demjenigen der Betriebsveräußerung des § 16 EStG. Dementsprechend sollen auch die Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile an Kap-Ges in gleicher Weise versteuert werden, wie die Gewinne aus einer Betriebsveräußerung iSd § 16 EStG (s § 21 Abs 1 S 1 UmwStG). Dies ist auch insofern gerechtfertigt, weil die Sacheinlagegegenstände des § 20 Abs 1 S 1 UmwStG mit den Veräußerungsgegenständen des § 16 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1, Nr 2 und Nr 3 EStG übereinstimmen und die nach allgemeinen Grundsätzen vorzunehmende Aufdeckung der stillen Reserven bei Einbringung in Gestalt der einbringungsgeborenen Anteile bei Veräußerung nachgeholt wird (zur Systematik allgemein s Vor §§ 20 UmwStG [vor SEStEG] Tz 7ff). Gleiches gilt im Fall der Einbringung von Anteilen an Kap-Ges iSd § 17 EStG unter den Voraussetzungen des § 20 Abs 1 S 2 EStG. In diesem Fall treten die einbringungsgeborenen Anteile an die Stelle der nach § 17 EStG stverstrickten Anteile. Der BFH hat nach der systematischen Stellung, dem Zweck und dem Aufbau des Besteuerungstatbestandes sowie aus der Entstehungsgeschichte gefolgert, dass die in § 17 EStG verwendeten Begriffe der Veräußerung, der Veräußerungskosten und der AK ebenso wie in § 16 EStG inhaltlich übereinstimmend auszulegen sind (s Urt des BFH v 17.04.1997, BStBl II 1998, 102).

"Veräußerung" iSd § 21 Abs S 1 UmwStG ist nach höchstrichterlicher Rspr die entgeltliche Übertragung des wirtsch Eigentums auf einen anderen Rechtsträger (zB s Urt des BFH v 27.07.1988, BStBl II 1989, 271 unter II. 4; v 08.04.1992, BStBl II 1992, 761, 763 und 764; v 28.02.1990, BStBl II 1990, 615 zu § 17 EStG und s Schmidt, EStG, 27. Aufl, § 16 Rn 20ff mwNachw zur Betriebsveräußerung nach § 16 EStG; s W/M, § 21 UmwStG [Anh 15] Rn164). Erwerbender Rechtsträger kann auch eine Pers-Ges sein (s Tz 51 aE). Fallen zivilrechtliches und wirtsch Eigentum auseinander, ist als Veräußerung iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG die entgeltliche Übertragung des wirtsch Eigentums an den Anteilen anzusehen (s Urt des BFH v 21.10.1999, BStBl II 2000, 424 unter II. 2. a) dd) aaa) mwNachw und v 17.02.2004, BStBl II 2004, 651 unter II.2.a zu § 17 EStG).

Für die Frage der "Veräußerung" unerheblich ist, ob die entgeltliche Übertragung freiwillig oder unfreiwillig (zB Zwangsversteigerung) erfolgt und ob ihr ein Rechtsgeschäft oder zB ein hoheitlicher Eingriff zugrunde liegt (s Urt des BFH v 21.10.1999, BStBl II 2000, 424 unter II. 2. a) dd) aaa). Dies gilt auch für die "Übertragung" von Anteilen an einer AG kraft Gesetzes nach den §§ 327aff AktG ab 01.01.2002 (sog Squeeze Out). Danach kann der Mehrheitsgesellschafter einer AG, der über mindestens 95 % des Grund-Kap verfügt, einen Minderheitsgesellschafter durch Beschluss der Hauptversammlung zwingen, seinen Anteil gegen Abfindung ihm zu übertragen (s Krieger, BB 2002, 53; Schumacher, DB 2002, 1626). Die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums von einbringungsgeborenen Aktien mit Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses in das H-Reg kraft Gesetzes nach den Regeln des squeeze out gegen angemessene Entschädigung ist folglich eine (vollentgeltliche) Veräußerung iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG.

 

Tz. 54

Stand: EL 65 – ET: 03/2009

Der Tatbestand der Veräußerung iSd § 21 Abs 1 S 1 UmwStG setzt sich aus dem Kausal-(Verpflichtungsgeschäft) und Erfüllungsgeschäft zusammen (s Schmidt, EStG, 27. Aufl, § 16 EStG Rn 24: "zweigliedriges Tatbestandselement"). Eine Veräußerung liegt somit erst dann vor, wenn ein Veräußerungs-, Tausch-, Einbringungsvertrag, etc durch Erfüllung, dh Übertragung des zivilrechtlichen oder wirtsch Eigentums, realisiert wird. Wird das Eigentum an einer Beteiligung unter einer auflösenden Bedingung übertragen, ist die Veräußerung mit der Übertragung des (wirtsch oder zivilrechtlichen) Eigentums erfolgt (s §§ 1 Abs 1 iVm 5 Abs 1 S 1 BewG). Bei einem Erwerb unter einer aufschiebenden Bedingung (zB Genehmigung des Vertrags durch die inl oder EU-Kartellbehörde) wird die Veräußerung grds erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist (s §§ 1 Abs 1 iVm 4 BewG). Etwas anderes gilt nur, wenn die Vertragsparteien durch entspr Vereinbarungen sicherstellen, dass schon vor Eintritt der Bedingung das wirtsch Eigentum übergehen soll.

Gem § 15 Abs 3 GmbHG bedarf es zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch den Gesellschafter eines in notarieller Form abgeschlossen...

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