Tz. 76

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

In seinem Urt v 08.08.2001 (s Urt des BFH v 08.08.2001, BStBl II 2002, 392; Nichtanwendung gem Schr des BMF v 17.06.2002, BStBl II 2002, 629) hat der BFH seine Rspr bestätigt, wonach BV iSd § 8 Abs 4 KStG nur das Vermögen lt Aktivseite der Bil darstellt. Für Verwirrung sorgt jedoch eine Passage in der Urt-Begr, in der es ohne nähere Erl heißt "solches Aktivvermögen (des Anlagevermögens)". Lt "sch" sieht der BFH als BV iSd § 8 Abs 4 KStG nur das Anlage- und nicht das Umlaufvermögen an (so bereits s Herzberg, DStR 2001, 553, 556 und DStR 2002, 1290).

UE ist nicht ersichtlich, warum das Umlaufvermögen kein BV sein soll. Auch der Gesetzeszweck des § 8 Abs 4 KStG gibt eine solche Einschränkung des BV-Begriffs nicht her. Frotscher (DStR 2002, 10, weiter in F/M, § 8 KStG Rn 188a) hält eine Beschränkung auf das Anlagevermögen für nicht mit dem in § 8 Abs 4 KStG genannten Begriff "BV" vereinbar. Ähnlich s Frey/Weißgerber (GmbHR 2002, 135); Neyer (BB 2002, 754) s Biermann/Rau (GmbHR 2002, 509). Danach bleibt es dabei, dass BV iSd § 8 Abs 4 KStG das gesamte Aktivvermögen (Anlage- und Umlaufvermögen sowie aktive Rechungsabgrenzungsposten; ohne aktivistischen Verlustausweis und ohne Bilanzierungsgehilfen) ist. So inzwischen auch s Urt des BFH v 01.07.2009 (BFH/NV 2009, 1838) und s Urt des BFH v 23.01.2013 (BHF/NV 2013, 987).

Inzwischen hat der BFH (s Urt des BFH v 05.06.2007, BStBl II 2008, 988; ebenso s rkr Urt des FG HH v 22.04.2010, EFG 2010, 1727) zugestanden, dass auch die Zuführung von Umlaufvermögen zu neuem BV iSd § 8 Abs 4 KStG führen kann, wobei jedoch die Einschränkung "wenn sie mit einem Branchenwechsel verbunden ist" nicht überzeugt (ähnlich s Tz 85). Das FG Berlin-BB (s rkr Urt des FG Berlin-BB v 16.01.2008, EFG 2008, 723; ebenso s Urt des FG Berlin-BB v 15.10.2008, EFG 2009, 216 und rkr Urt des FG Berlin-BB v 14.01.2009, EFG 2009, 683 und s rkr Urt des FG Berlin-BB v 06.05.2009, DStRE 2009, 1384) verneint, dem folgend, für den Fall, dass ein Branchenwechsel nicht eingetreten ist, die Einbeziehung des Umlaufvermögens in das BV iSd § 8 Abs 4 KStG und begründet dies damit, dass das Umlaufvermögen ohne einen Branchenwechsel das BV der Verlust-Kö nicht präge. Nach Auff des FG Berlin-BB (s rkr Urt des FG Berlin-BB v 06.05.2009, DStRE 2009, 1450) kommt es für die Frage, ob ein Branchenwechsel vorliegt, nur auf die Struktur der Tätigkeit, nicht auf deren Umfang an.

In einem weiteren Urt (s Urt des BFH v 01.07.2009, GmbHR 2009, 1115) wird der BFH hinsichtlich der Kriterien für die Einbeziehung des Umlaufvermögens deutlicher. Danach sind Mehrungen des Umlaufvermögens auszuklammern, die sich als Ergebnis des fortlaufenden Wirtschaftens darstellen (im Urt-Fall = Pos "unfertige Leistungen"). Auszuklammern ist danach auch "ein nicht die wirtsch Identität des Unternehmens prägendes Umlaufvermögen" (im Urt-Fall = Pos "Rückdeckung Lebensversicherung"). IdS bereits s Dötsch (in FS Wassermeyer, 2005, 113, 126ff). Bei dieser Sichtweise sind Mehrungen insbes bei den Geld- und Forderungsbeständen keine BV-Mehrungen iSd § 8 Abs 4 S 2 KStG, weil solche Bil-Positionen idR ein Unternehmen nicht prägen und ihm nicht die wirtsch Identität verleihen. So bereits s Urt des BFH v 26.05.2004 (BStBl II 2004, 1085) zur Umschichtung von Finanzanlagen (s Tz 81); ebenso s rkr Urt des FG München v 22.10.2010 (EFG 2011, 565) zur Zuführung von Bargeld (dazu auch s Tz. 65). Bei einer solchen Auslegung wären allerdings, darin ist Frotscher (DStR 2002, 10) zuzustimmen, Kap-Ges, die nur über Umlaufvermögen verfügen, von § 8 Abs 4 KStG grds nicht tangiert, es sei denn, man wertet in speziellen Fällen (Bauträger-GmbH, Obsthandel) auch das Umlaufvermögen als prägendes BV.

In weiteren Urt (s Urt des BFH v 12.10.2010, DB 2011, 333 sowie Urt des BFH v 23.02.2011, GmbHR 2011, 658) führt der BFH aus, das Umlaufvermögen sei in den BV-Vergleich iSd § 8 Abs 4 S 2 KStG einzubeziehen, wenn entweder die Branche gewechselt oder der bisherige Geschäftsbereich der Verlust-Kö erheblich erweitert worden sei.

 

Tz. 77

Stand: EL 66 – ET: 06/2009

Der Grundsatz, wonach für die Anwendung des § 8 Abs 4 S 2 KStG auf das "prägende BV" abzustellen ist, durch das die wirtsch Identität eines Unternehmens verändert werden kann, gilt auch für das Anlagevermögen. Wie sich aus der Begründung des oa BFH-Urt (s Urt des BFH v 01.07.2009, GmbHR 2009, 1115) ergibt, geht der BFH davon aus, dass Zuführungen zum Anlagevermögen in aller Regel die wirtsch Identität der Verlust-Kö berühren und deshalb bei der Prüfung des § 8 Abs 4 KStG einzubeziehen sind.

Heßler/Mosebach (DStR 2001, 813) wollen offensichtlich bei sog Start-up-Unternehmen, die im Vorfeld des Börsengangs ihr Kap erhöhen, die Aufstockung der Aktivseite nicht als BV-Mehrung iSd § 8 Abs 4 KStG behandelt wissen, weil das zugeführte Kap nur Risiko-Kap sei. UE gibt der Gesetzeswortlaut eine solche Ausnahmeregelung nicht her.

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