Tz. 688

Stand: EL 112 – ET: 12/2023

Im Hinblick auf die faktische Unternehmerstellung eines beherrschenden Ges-GF gibt es häufig Fälle, in denen Ges-GF trotz Erreichens der vertraglich vereinbarten Altersgrenze weiterhin für die GmbH tätig sein wollen oder müssen (zB weil ein geeigneter Nachfolger in der Geschäftsführung noch nicht vorhanden ist, bisher kein Käufer für die GmbH-Anteile gefunden werden konnte, weil sie sich nicht mit einem Rentnerdasein abfinden wollen und/oder – in eigener Anschauung – sowieso unersetzlich sind).

Die weitere Tätigkeit des Ges-GF kann dabei vertraglich

a) weiterhin iRd bisherigen Anstellungsvertrags,
b) aufgr eines Beratervertrags oder
c) iRe neu abgeschlossenen Anstellungsvertrags

erfolgen.

 

Tz. 688a

Stand: EL 112 – ET: 12/2023

Im Fall a) ist zunächst zu prüfen, ob die Zahlung der Pension nach den vertraglichen Regelungen nicht nur vom Erreichen eines bestimmten Pensionsalters, sondern auch vom Ausscheiden aus dem Betrieb abhängig ist. Ist dies der Fall, führt eine Pensionszahlung neben dem weiterhin lfd Aktivgehalt bereits deshalb zur Annahme einer vGA, weil sie ohne zivilrechtliche Grundlage erfolgt (eine zivilrechtliche Bedingung für die Fälligkeit der Pensionszahlungen ist in diesem Fall nämlich nicht erfüllt; dazu s Urt des BFH v 02.12.1992 (BStBl II 1993, 311) und v 23.10.2013 (GmbHR 2014, 495); dies gilt wohl auch bei einem diesbezüglichen Wahlrecht, dazu s Centrale-Gutachtendienst (GmbHR 2003, 833, 1350). Fraglich ist allerdings, ob eine solche Bedingung durch eine Vertragsänderung kurz vor dem Erreichen des Pensionsalters aus der Zusage herausgenommen werden kann. Iim Grundsatz ist es nicht zu beanstanden, wenn die Pensionszahlungen vertraglich nicht vom Ausscheiden abhängig gemacht werden; s Urt des BFH v 05.03.2008 (BStBl II 2015, 409); v 23.10.2013 (BStBl II 2015, 413); und v 15.03.2023 (DStR 2023, 1307). Der BFH hat mit dieser Rspr der früheren Verw-Auff in H 6a [1] "Abgrenzung bei Arbeitsfreistellung" EStH 2012 widersprochen. Zwischenzeitlich folgt die FinVerw insoweit dem BFH. Allerdings wird in diesen Fällen krit zu prüfen sein, ob eine solche Vertragsänderung einem Fremdvergleich standhalten kann. Dafür spricht uE aber der Umstand, dass die Kap-Ges oftmals selbst ein erhebliches Interesse daran hat, ihren bisherigen berufs- und branchenerfahrenen GF behalten zu können. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch eine entspr (ggf auch kurzfristige) Änderungsvereinbarung mit einem Fremd-GF durchaus vorstellbar.

Aber auch wenn die Zusage keine "Ausscheidensvoraussetzung" enthält, lag in den Fällen des Buchst a) bei einer Doppelzahlung nach bisheriger Auff des BFH generell eine vGA vor; s Urt des BFH v 05.03.2008 (BStBl II 2015, 409) und v 23.10.2013 (BStBl II 2015, 413). Der BFH bemühte hier vor allem die Kunstfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der davon ausgehe, dass die Altersrente zwar Teil des Entgelts für die geleistete Arbeit ist, sie aber doch in erster Linie zur Deckung des Versorgungsbedarfs beitragen und damit idR erst beim Wegfall der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis einsetzen solle. Nach Auff des BFH musste eine Anrechnung des Aktivgehalts auf die Pension auch dann erfolgen, wenn die Aktivtätigkeit nur noch in vermindertem Umfang (also iRe Teilzeitbeschäftigung) ausgeübt wird.

Zwischenzeitlich hat der BFH seine Rspr allerdings etwas gelockert, was nicht zuletzt auf die s nachfolgend in Tz 688b dargestellte Kritik an seiner Auff zurückzuführen sein dürfte. Nach dem Urt des BFH v 15.03.2023 (DStR 2023, 1307) wird zwar an dem og Grundsatz festgehalten, dass sich Pensionszahlungen und Aktivgehalt ausschließen. In Fortentwicklung der bisherigen Rspr soll es aber nicht mehr zu einer vGA führen, wenn nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als GF für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt wird. Dann liege nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet. Anders ausgedrückt: Es ist keine vGA, wenn die Summe von Pensionszahlungen und lfd Gehalt das frühere Aktivgehalt nicht übersteigt. Im Urt-Fall war der Ges-GF aus dem aktiven Dienst ausgeschieden und hatte die vereinbarten Pensionszahlungen erhalten. Wegen wirtsch Schwierigkeiten der GmbH (insbes, da die neue GF wohl die Kunden und Lieferanten "vergrault" hatte), übernahm er wieder die Geschäftsführung für ein reduziertes monatliches Gehalt von 1 000 EUR. Zusammen mit den weiterhin bezogenen Pensionszahlungen iHv 2 300 EUR lagen seine Bezüge damit aber noch weit unter seinem früheren Aktivgehalt von 8 000 EUR. Somit lag nach Auff des BFH keine vGA vor. Auf die Begr der Vorinstanz (s Urt des FG Münster v 25.07.2019, DStRE 2019, 1382) mit den Besonderheiten des Sachverhalts (Rückkehr zur wirtsch Rettung der Gesellschaft und damit in deren vorrangigem In...

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