3.4.4.2.1 Begriff und Hintergrund des Merkmals der Probezeit

 

Tz. 616

Stand: EL 78 – ET: 08/2013

Der BFH (s Urt des BFH v 30.09.1992, BFH/NV 1993, 330; s Urt der BFH v 16.12.1992, BStBl II 1993, 455; v 15.10.1997, BStBl II 1999, 316; v 29.10.1997, BStBl II 1999, 318; v 11.02.1998, BFH/NV 1998, 1262; v 04.05.1998, BFH/NV 1998, 1530; v 23.02.2005, BFH/NV 2005, 1203; v 28.04.2010, BStBl II 2013, 41) hat in nunmehr ständiger Rspr entschieden, dass eine von einer GmbH ihrem Ges-GF kurze Zeit nach Gründung der Gesellschaft gegebene Pensionszusage eine vGA darstellt, da sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter zunächst angemessene Zeit nehmen würde, um die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Geschäftsführers beurteilen zu können. Auch würde er dafür Sorge tragen, dass der GmbH ein angemessener Teil des erwirtschafteten Gewinns verbleibt und deshalb mit einer Pensionszusage einige Jahre warten, bis er die Ertragsaussichten der Gesellschaft zuverlässig abschätzen kann.

Probezeit ist die Zeit zwischen Dienstbeginn und Erteilung der Pensionszusage (= zusagefreie Zeit); der Zeitpunkt der erstmaligen Anspruchsberechtigung ist dafür nicht entscheidend. Davon zu unterscheiden ist die Wartezeit; Wartezeit ist die Zeit zwischen der Zusage und der erstmaligen Anspruchsberechtigung (zB bei Invalidität). Nach § 1 Abs 5 BetrAVG ist die Wartezeit jene Zeit, in der trotz Eintritt des Versorgungsfalles Versorgungsleistungen vertraglich durch eine entspr Klausel ausgeschlossen sind. Eine solche Wartezeit betrifft also die Frage, wie lange Leistungen nach der Zusage zunächst noch ausgeschlossen sind (= versorgungsfreie Zeit). Hiervon betroffen ist vor allem eine denkbare Invalidiät kurz nach dem Zeitpunkt der Zusage. Im Übrigen besteht eine gewisse Querverbindung zur "Unverfallbarkeit" (was passiert bei vorzeitigem Ausscheiden des Ges-GF?); dazu s Tz 689. Gosch (s Gosch, in KStG, 3. Aufl, § 8 Rn 1081) hält die Vereinbarung einer Wartezeit im Einzelfall für eine Möglichkeit, um eine ansonsten verlangte Probezeit zu verkürzen oder sogar zu erübrigen; uE ist dies bedenklich. Auch nach Auff der Fin-Verw zählt der Zeitraum zwischen der Erteilung einer Pensionszusage und der erstmaligen Anspruchsberechtigung (versorgungsfreie Zeit) nicht zur Probezeit. Einen Ausgleich einer fehlenden oder zu kurzen Probezeit durch eine Wartezeit will danach auch sie eher nicht zulassen.

Der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung kann die Notwendigkeit der Einhaltung einer Probezeit nicht ausschließen (s Urt des BFH v 15.10.1997, BStBl II 1999, 316; v 29.10.1997, BStBl II 1999, 318; v 11.02.1998, BFH/NV 1998, 1262). Anders ist dies bei der Wartezeit; diese kann man durch den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung eher vermeiden (s Gosch, in KStG, 3. Aufl, § 8 Rn 1081).

 

Tz. 617

Stand: EL 78 – ET: 08/2013

Eine Probezeit ist auch bei nicht beherrschenden Ges-GF einzuhalten; das Probezeiterfordernis ist nämlich nicht in den Prinzipien des Rückwirkungsverbots, sondern im Fremdvergleich begründet.

3.4.4.2.2 Länge der erforderlichen Probezeit

 

Tz. 618

Stand: EL 78 – ET: 08/2013

Die Fin-Verw (s Schr des BMF v 14.12.2012, BStBl I 2013, 58) nimmt die BFH-Rspr auf und verlangt folgende Probezeiten (auch s H 8.7 "Warte-/Probezeit" KStH):

  • Bei einer neu gegründeten Kap-Ges ist eine Probezeit von fünf Jahren einzuhalten. In diesem Fall sind nämlich weder die Leistungsfähigkeit des neuen Ges-GF noch die künftige Ertragslage bekannt.
  • Bei Eintritt eines neuen Ges-GF in eine bereits bestehende Kap-Ges reicht eine Probezeit von zwei bis drei Jahren aus; hier ist nämlich zumindest die Ertragslage des Unternehmens bekannt (und lediglich die Leistungsfähigkeit des neuen Ges-GF noch nicht).
  • Kaufen leitende Angestellte das Unternehmen ihres bisherigen Arbeitgebers auf und führen diese Angestellten den Betrieb in Gestalt einer neu gegründeten Kap-Ges als GF fort (sog. "Management-Buy-Out"), so kann es ausreichen, wenn bis zur Erteilung der Zusagen nur rund ein Jahr abgewartet wird; s Urt des BFH v 24.04.2002 (BStBl II 2002, 670).
  • Wird eine Kap-Ges neu gegründet, ist aber dann keine Probezeit einzuhalten, wenn das Unternehmen mit denselben GF bereits zuvor in anderer Rechtsform betrieben wurde (Umwandlungs- und Betriebsaufspaltungsfälle); s Urt des BFH v 29.10.1997 (BStBl II 1999, 318); v 18.02.1999 (DStRE 1999, 630); v 18.08.1999 (BFH/NV 2000, 225). Bei diesen Sachverhalten sind sowohl die Ertragslage des Unternehmens als auch die Leistungsfähigkeit der Geschäftsleiter bekannt. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot ist hier im Verzicht auf eine Probezeit nicht zu sehen, denn bei der Probezeit geht es nur um die "präsente Einschätzung der Marktmacht" eines neuen Mitarbeiters; es tritt keine rückwirkende Belastung der Kap-Ges ein (s Gosch, DStR 1998, 489). UE kann in diesen Fällen aber nur dann auf eine Probezeit verzichtet werden, wenn das Unternehmen zuvor bereits über eine entspr lange Zeit bestanden hat. Die sofortige Erteilung einer Pensionszusage nach Umwandlung in eine GmbH ist zB dann nicht möglich, wenn die vorherige OHG nur ein halbes Jahr bestanden hat. F...

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