Tz. 576

Stand: EL 99 – ET: 06/2020

Beim Merkmal der "Überversorgung" iSd § 6a EStG stellt sich die Frage der Abgrenzung zur "Unangemessenheit" iSd § 8Abs 3 KStG.

Dem Begriff der Überversorgung liegt zunächst der Gedanke eines Fremdvergleichs zugrunde. Danach sind die Altersbezüge eines Arbeitnehmers regelmäßig niedriger als die in der aktiven Beschäftigungszeit bezogenen Löhne und Gehälter. Eine Begrenzung findet dabei aber auf verschiedenen Ebenen und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten statt:

  • St-bilanziell erfolgt eine Beschränkung (nur) bei endgehaltsunabhängigen Zusagen (= Zusagen mit einem festen Euro-Betrag) auch bei Fremdarbeitnehmern. § 6a EStG geht dabei nicht davon aus, dass dem Arbeitnehmer überhöhte Altersbezüge zukommen sollen. Mit den Überversorgungsregeln soll aber verhindert werden, dass stlicher Aufwand bilanziell (und missbräuchlich) vorgezogen wird. Der Begriff "Überversorgung" ist im Zusammenhang mit § 6a EStG also missverständlich; es geht hier nämlich nicht darum, überhöhte Pensionszusagen, sondern stliche Vorzieheffekte zu verhindern.

     

    Beispiel:

    Die Z-GmbH hat ihrem 45-jährigen Gf Z, der ein lfd (angemessenes) Gehalt iHv 5000 EUR bezieht, eine Pension iHv 5000 EUR zugesagt (Pensionsbeginn mit dem 67. Lebensjahr).

    Es ist davon auszugehen, dass die Aktivbezüge des Z aufgrund der bis zum Beginn der Pensionszahlungen zu erwartenden Gehaltssteigerungen weit höher sind als im Zeitpunkt der Zusage bzw der aktuellen Bil-Stichtage. Beträgt das Aktivgehalt dann zB 8000 EUR, ist die Relation der zugesagten Pension zu den Aktivbezügen wieder erfüllt (5000 EUR = 62,5 % von 8000 EUR). Es besteht die Vermutung, dass die Pension anfänglich nur deshalb so hoch zugesagt wurde, um einen Aufwand, der wirtschaftlich späteren Jahren zuzuordnen ist, in frühere Jahre vorgezogen wird ("Vorwegnahme einer künftigen Einkommensentwicklung"). Dies will die Überversorgungs-Rspr des BFH verhindern.

    Eine vGA kann in einem solchen Fall nicht vorliegen, da die spätere Pension (im Verhältnis zu den Aktivbezügen vor Pensionsbeginn) angemessen ist.

  • Die vGA-Grundsätze beschäftigen sich demgegenüber mit der Prüfung der Angemessenheit der zugesagten Altersversorgung und nicht mit bilanziellen "Vorzieheffekten". Der Begriff "Überversorgung" ist hier deshalb eher angebracht. Eine vGA iSv § 8 Abs 3 S 2 KStG kann aber nur angesetzt werden, wenn und soweit st-bilanziell ein Aufwand entstanden ist.
 

Tz. 577

Stand: EL 99 – ET: 06/2020

Die Prüfung der Voraussetzungen des § 6a EStG ist also systematisch vorrangig gegenüber der Prüfung einer vGA (s R 8.7 S 1–4 KStR). Für die kstlichen Auswirkungen einer Nur-Pensionszusage an einen Ges-GF ist daher zunächst zu klären, auf welche Rechtsgrundlage das Verbot der stlichen Berücksichtigung einer Pensionsrückstellung im Fall der Überversorgung gestützt wird.

Die Rspr des BFH war in der Frage der Abgrenzung zwischen der Anwendung von § 6a EStG und der vGA-Grundsätze nicht immer frei von Widersprüchen:

  • Tw wurde die Auff vertreten, eine Überversorgung bei einem Ges-GF stelle eine vGA dar (zB s Urt des BFH v 17.05.1995, BStBl II 1996, 204; v 22.11.1995, BFH/NV 1996, 596; s Beschl v 05.06.1996, BFH/NV 1996, 932).
  • In anderen Fällen wurde auch bei Ges-GF die Höhe der Rückstellungen nach § 6a EStG begrenzt (zB s Urt des BFH v 17.05.1995, BStBl II 1996, 420).
 

Tz. 578

Stand: EL 99 – ET: 06/2020

Die neuere Rspr des BFH geht nun aber zwischenzeitlich zutr von einem Vorrang des § 6a EStG vor den vGA-Grundsätzen aus (zB s Urt des BFH v 31.03.2004, BStBl II 2005, 940; v 31.03.2004, BStBl 2005, 937; v 09.11.2005, BFH/NV 2006, 456). Abl zu dieser BFH-Rspr s Briese (DStR 2005, 272).

Unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist auch nicht erkennbar, warum bei Pensionszusagen an nicht beteiligte Arbeitnehmer bzw an nicht beherrschende Ges-GF eine Überversorgung nach § 6a EStG zu korrigieren wäre und bei beherrschenden Ges-GF eine Korrektur als vGA erfolgen sollte.

 

Tz. 579

Stand: EL 99 – ET: 06/2020

Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist zu beachten, dass keine Gleichrangigkeit der Korrektur nach § 6a EStG und der Korrektur als vGA iSd § 8 Abs 3 S 2 KStG besteht. Dies ist insbes deshalb von Bedeutung, weil eine Korrektur noch § 6a EStG nach den Grundsätzen über die Bil-Berichtigung den gesamten falschen Ansatz betrifft (und damit auch unzutr Passivierungen in bestandskräftigen Vorjahren korrigiert werden können; s R 4.4 EStR, s H 4.4 "Bilanzberichtigung" EStH), wohingegen eine Korrektur nach § 8 Abs 3 S 2 KStG immer nur die unzutr Zuführungen des noch "offenen" VZ betrifft.

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