Tz. 472

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Die vom BFH aufgestellte 75-/25-%-Relation ist keine starre Grenze. Der BFH geht selbst davon aus, dass es Fälle gibt, in denen von diesem Tantiemeverhältnis in begründeten Fällen abgewichen werden kann. Will man vom Regelaufteilungsverhältnis abweichen, kann von den Beteiligten eine Erläuterung verlangt werden, aus der sich die Veranlassung außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses ergeben muss.

 

Tz. 473

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Nach Auff der Fin-Verw kann in folgenden Fällen ein Abweichen von dem Regelaufteilungsmaßstab gerechtfertigt sein (zu entscheiden nach den besonderen Umständen des Einzelfalles); s Schr des BMF v 01.02.2002 (BStBl I 2002, 219):

  • in der Gründungsphase der Gesellschaft (uE ca drei Jahre),
  • bei vorübergehenden wirtsch Schwierigkeiten der GmbH und
  • bei stark risikobehafteten Geschäftszweigen (uE zB Mode- und EDV-Branche).
 

Tz. 474

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Im Schr des BMF v 05.01.1998 (BStBl I 1998), war noch ein weiterer Ausnahmetatbestand, nämlich die ausgeprägte Personenbezogenheit der Kap-Ges enthalten. Da eine ausgeprägte Personenbezogenheit gerade bei kleineren GmbH in aller Regel vorliegt, konnte damit sehr oft ein Abweichen von der 75-/25-%-Grenze begründet werden. Dem ist nun durch das Schr des BMF der Boden entzogen; das Schr des BMF v 01.02.2002 (BStBl I 2002, 219) führte damit zunächst – uE zu Unrecht – zwangsläufig zu einer Verschärfung der Verw-Praxis.

Hintergrund dieser Verschärfung ist offensichtlich, dass man in dem BMF-Schr (Tz 3) die Ausnahmetatbestände zunächst am Extremfall, nämlich der Vereinbarung einer Nur-Tantieme festmacht. Anschließend werden die Ausnahmetatbestände dann auf andere Fälle der Abweichung von der 75-/25-%-Grenze übertragen. Dieser Ansatz ist uE verfehlt. Es wäre für die Praxis sinnvoller gewesen, zunächst den "Normalfall" des Abweichens von der 75-/25-%-Grenze zu regeln und dann – ggf mit weiteren Einschränkungen – die Ausnahmetatbestände für die Vereinbarung von Nur-Tantiemen zu regeln.

 

Tz. 475

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Wir halten es für zwingend, bei einer Nur-Tantieme weit höhere Anforderungen an die Darlegung einer Veranlassung außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses zu verlangen als wenn zB die Gesamtbezüge zu 65 % aus einem Festgehalt und zu 35 % aus einer Gewinntantieme bestehen. Gerade für solche Fälle wäre es in der Praxis hilfreich, die ausgeprägte Personenbezogenheit als weiteren Ausnahmetatbestand zu haben. Dass die ausgeprägte Personenbezogenheit kein Grund für die Anerkennung einer Nur-Tantieme sein kann, halten wir demgegenüber für zutreffend.

Eine Nur-Tantieme in der Aufbauphase einer Kap-Ges muss nicht zwingend betragsmäßig begrenzt werden. Dies gilt vor allem, wenn in der Branche keine starken Ergebnisschwankungen zu erwarten sind und die Nur-Gewinntantieme nicht zu einer Gewinnabsaugung führt; s Urt des BFH v 18.03.2002 (GmbHR 2002, 793).

Zur Anerkennung von Nur-Tantiemen auch s Steinkamp (Stbg 2001, 397); Peetz (GmbHR 2001, 1108), sowie Hoffmann (GmbH-StB 2001, 333).

 

Tz. 476

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Das Schr des BMF v 01.02.2002, (BStBl I 2002, 219), lässt auch ausdrücklich offen, inwieweit in den genannten Ausnahmefällen eine Abweichung vom Regelaufteilungsmaßstab zulässig ist. Aus der Verknüpfung mit dem Extremfall der Nur-Tantieme muss uE geschlossen werden, dass in diesen Fällen auch der völlige Verzicht auf ein gewinnunabhängiges Gehalt zulässig wäre.

Die Interpretation der OFD Hannover (s Vfg der OFD Hannover v 23.04.2002, GmbHR 2002, 759), wonach eine dem Grunde nach anzuerkennende Nur-Tantieme idR zu 25 % angemessen und zu 75 % unangemessen ist, halten wir nicht für zutreffend. Nach der Intention des Schr des BMF v 01.02.2002, aaO, muss davon ausgegangen werden, dass eine Nur-Tantieme in voller Höhe anerkannt werden kann, wenn einer der og Ausnahmetatbestände erfüllt ist.

 

Tz. 477

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Verzichtet der alleinige Ges-GF einer GmbH wegen verschlechterter Gewinnsituation der Ges auf das vereinbarte GF-Gehalt, nicht jedoch auf die ihm zugesagte Gewinntantieme, so führt die "stehen gelassene" Tantieme jedenfalls dann zur Annahme einer vGA, wenn sie weder zeitlich noch betragsmäßig begrenzt wird; s Urt des BFH v 27.03.2001 (BStBl II 2002, 111). Der BFH hat damit in diesem Fall eine entstandene Nur-Tantieme nicht anerkannt. Nach seiner Auff ist die Aufrechterhaltung einer Tantiemezusage bei gleichzeitigem Verzicht auf das Festgehalt bereits dem Grunde nach unüblich; sie führt damit in vollem Umfang zur vGA. Dies gilt unabhängig davon, dass die Gesamtbezüge angemessen sind.

 

Tz. 478

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Eine weitere Verschärfung gegenüber der früheren Verw-Auff hat sich durch das Schr des BMF v 01.02.2002 (BStBl I 2002, 219), dadurch ergeben, dass für die Anerkennung eines Ausnahmefalles zur Abweichung von der 75-/25-%-Grenze nunmehr ausdrücklich eine zeitliche Begrenzung der Abweichung verlangt wird. Bei Wegfall der Ausnahmesituation wird zwingend ein Ersetzen der bisherigen Vereinba...

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