Tz. 457

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Ein Verlustvortrag muss dann zwingend tantiememindernd abgezogen werden, wenn sich die vereinbarte Bemessungsgrundlage der Tantieme auf eine Größe bezieht, die den Verlustvortrag berücksichtigt; s Urt des BFH v 25.04.1990 (BFH/NV 1991, 269).

 

Tz. 458

Stand: EL 92 – ET: 03/2018

Nach Auff des BFH muss ein bestehender Verlustvortrag aber idR auch dann (mindernd) in die Tantiemeberechnung einbezogen werden, wenn der Jahresüberschuss als Bemessungsgrundlage vereinbart ist; s Urt des BFH v 17.12.2003, BStBl II 2004, 524; s H 8.8 "Verlustvorträge" KStH 2015. Dies gilt zumindest dann, wenn der tantiemeberechtigte GF für den Verlust verantwortlich oder mitverantwortlich ist. Ansonsten liegt iHd Differenzbetrags zwischen der tats zu zahlenden Tantieme und derjenigen, die sich bei Berücksichtigung des Verlustvortrags ergeben hätte, eine vGA vor.

 

Tz. 459

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Maßgeblich für die Reduzierung der Bemessungsgrundlage der Gewinntantieme ist der (handels-)bilanzielle und nicht der stliche Verlustvortrag. Allerdings geht der BFH in seiner Folge-Rspr über den Begriff des (bilanziellen) Verlustvortrags hinaus und verlangt im Ergebnis, dass sich sämtliche Jahresfehlbeträge, die in der Anstellungszeit des Ges-GF entstanden sind, mindernd auf die Tantiemebemessungsgrundlage auswirken müssen (s Urt des BFH v 18.09.2007, BStBl II 2008, 31); dazu auch Nacke (s GStB 2008, 78). Er lässt es also nicht zu, dass ein erwirtschafteter Jahresfehlbetrag zunächst durch einen in der H-Bil enthaltenen Gewinnvortrag kompensiert wird, der auf in der Vergangenheit erzielte, nicht ausgekehrte Jahresüberschüsse zurückgeht.

Wurden Gewinne der Vergangenheit nicht ausgekehrt, können diese nach Auff des BFH nicht zur Saldierung mit späteren Verlusten verwendet werden. Ein bilanzieller Verlustvortrag ist dann in Folgejahren mit positiven Jahresüberschüssen nicht mehr vorhanden. Dennoch verlangt der BFH eine Reduzierung der Tantiemebemessungsgrundlage. Er begründet dies damit, dass

  • ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter idR eine langfristige Betrachtung vornehmen und den GF deshalb sowohl an den positiven als auch an den negativen Folgen seiner Tätigkeit beteiligen würde, und
  • er sich dabei auf eine Verrechnung mit einem etwa bestehenden Gewinnvortrag lt H-Bil nicht einlassen würde,
  • ein erwirtschafteter Verlust sich ansonsten überhaupt nicht auf die Tantieme auswirken würde,
  • es nicht darauf ankommen könne, ob in der Vergangenheit erwirtschaftete Gewinne ausgeschüttet wurden (dann stünden sie nicht mehr für eine Verrechnung mit einem späteren Jahresfehlbetrag zur Verfügung) oder nicht,
  • § 86 Abs 2 AktG aF mit seiner bilanziellen Betrachtung von Verlustvorträgen für die Ermittlung eines "Jahresgewinns" eine andere Intention habe und deshalb nicht für die Beurteilung von Tantiemevereinbarungen mit dem Ges-GF einer GmbH übertragen werden könne.

Die Argumente des BFH sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Zwingend erscheinen sie uns jedoch nicht. Dies gilt insbes vor dem Hintergrund, dass die BFH-Rspr uU die Notwendigkeit einer umfangreichen, komplizierten und langfristigen Nebenrechnung (s Janssen, BB 2004, 1776) mit sich bringt. Ebenso krit s Pezzer (FR 2008, 468) und s Ortmann-Babel (BB 2008, 877); zust zur BFH-Rspr s Hoffmann (GmbHR 2008, 268). Wie Jansen (aaO) zu Recht anmerkt, stellt dies nicht unbedingt einen Beitrag zur Steuervereinfachung dar. Trotzdem wird es notwendig sein, die Vorgaben des BFH in der Gestaltungspraxis zu beachten. Immerhin entspricht die Sichtweise des BFH der Entwicklung bei Vorstandsvergütungen von Großunternehmen, die sich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 bis 2010 stärker am mittel- bis langfristigen Unternehmenserfolg orientieren sollen; dazu zB s Portner (DStR 2010, 577); s Kocher/Bednarz (DK 2011, 77).

 

Beispiel 1:

 
Bilanz zum 31.12.04:
Gewinnvortrag 0 EUR
./. Jahresfehlbetrag 04  300 000 EUR
Bil-Verlust 04 ./. 300 000 EUR
(vorläufige) Bil zum 31.12.05 (vor Tantiemeberechnung):
Verlustvortrag ./. 300 000 EUR
+ Jahresüberschuss 05  300 000 EUR
Bil-Verlust 05 0 EUR

Trotz des Jahresüberschusses 05 darf für das Jahr 05 keine Tantieme gezahlt werden, da der Jahresfehlbetrag des Jahres 04 die Bemessungsgrundlage für die Tantieme mindern muss (300 000 EUR ./. 300 000 EUR). In diesem Fall drückt sich dies auch bereits in dem Bilanzverlust zum 31.12.04 iHv ./. 300 000 EUR aus. Eine für 05 dennoch gezahlte Tantieme wäre ein vGA.

 

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1; die GmbH hat jedoch bis zum Jahr 03 Gewinne von insgesamt 300 000 EUR erzielt, die nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet wurden (Gewinnvortrag im Jahr 04 aus den Vorjahren bis 03 also 300 000 EUR). Die Gewinne bis 03 gingen in die Berechnung der damaligen Gewinntantiemen des Ges-GF ein.

Der Jahresüberschuss 05 iHv 300 000 EUR darf nach Auff des BFH auch in diesem Fall trotz des Jahresfehlbetrags in 04 in voller Höhe nicht in die Berechnung der Gewinntantieme eingehen. Aufgrund des Gewinnvortrags ...

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