Tz. 213

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Ein Gesellschafter beherrscht eine Kap-Ges, wenn er den Abschluss des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts erzwingen kann. Im Regelfall setzt die Beherrschung einer Kap-Ges deshalb eine Beteiligung am Stamm- oder Grund-Kap von mehr als 50 % voraus. Üblicherweise ist mit einer solchen Mehrheitsbeteiligung auch die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung verbunden. In diesem Fall kann der Gesellschafter auf die Gesellschaft beherrschenden Einfluss ausüben; s Urt des BFH v 13.12.1989, BStBl II 1990, 454, und s Urt des BFH v 05.10.2004, BFH/NV 2005, 526, s H 8.5 III (Beherrschender Gesellschafter – Begriff) KStH 2015. Weichen Kap-Beteiligung und Stimmrechte voneinander ab, sind die Stimmrechte maßgebend. Eigene Anteile der Kap-Ges verleihen kein Stimmrecht. Bei ausl Kap-Ges ist bei der Prüfung der Beherrschung auf die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften des ausl Staates abzustellen.

 

Beispiel:

X hält 50 % der Anteile an der XY-GmbH. 30 % der Anteile werden von Y gehalten. Die übrigen 20 % hält die XY-GmbH als eigene Anteile.

Lösung:

X ist beherrschender Gesellschafter der XY-GmbH. Die eigenen Anteile vermitteln nämlich kein Stimmrecht. Die Stimmrechte verteilen sich somit auf 80 % der Anteile. Davon hält X 50/80 = 62,5 %.

Beteiligungen von 50 % oder 49 2/3 % reichen für die Annahme der Mehrheit der Stimmrechte nicht aus; s Urt des BFH v 26.07.1978, BStBl II 1978, 659 und s Urt des BFH v 05.07.1966, BStBl III 1966, 605. Allein die Möglichkeit der Verhinderung von Mehrheitsbeschlüssen reicht also zur Annahme einer beherrschenden Stellung nicht aus; aA s Urt des Hess FG v 12.08.1981, EFG 1982, 203. Nach Auff des BFH muss der Abschluss des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts (aktiv) erzwungen werden können; s Urt des BFH v 13.12.1989, BFH/NV 1990, 455. Eine (passive) Verhinderungsmöglichkeit genügt nicht.

 

Tz. 214

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Für die Frage, ob ein Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte innehat, kommt der Vorschrift des § 47 Abs 4 GmbHG über einen Stimmrechtsausschluss des Gesellschafters bei Rechtsgeschäften zwischen ihm und der Gesellschaft keine Bedeutung zu; s Urt des BFH v 26.01.1989, BStBl II 1989, 455; s Urt des BFH v 21.08.1996, BStBl II 1997, 44.

 

Tz. 215

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Die Mehrheit der Stimmrechte kann auch mittelbar gehalten werden. Hierzu ist aber Voraussetzung, dass auch die vermittelnde(n) Gesellschaft(en) beherrscht wird/werden; s Urt des BFH v 13.12.1989, BFH/NV 1990, 455, und s Urt des BFH v 29.10.1997, BStBl II 1998, 573. Die Mehrheit kann also nicht dem sog Prinzip der durchgerechneten Beteiligung ermittelt werden (wie dies zB bei der Anwendung von § 8c KStG der Fall ist; dazu s Schr des BMF v 04.07.2008, BStBl I 2008, 736, Rn 12).

 

Beispiel:

D hält 40 % der Anteile an der DE-GmbH. Die übrigen 60 % hält die E-GmbH, an der D ebenfalls 40 % der Anteile hält.

Lösung:

D beherrscht weder die DE-GmbH unmittelbar (40 % der Stimmrechte) noch durch eine Zusammenrechnung mit den Anteilen an der E-GmbH. Er beherrscht nämlich die E-GmbH nicht und kann deren Stimmrecht in der DE-GmbH somit nicht entscheidend beeinflussen. Die Vorgehensweise ist vergleichbar mit der ges Regelung zur Prüfung der finanziellen Eingliederung bei der Organschaft bei mittelbarer Beteiligung; s § 14 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2 KStG, und s § 14 KStG Tz 126ff.

Nach dem Prinzip der durchgerechneten Beteiligung würde sich demgegenüber eine Beteiligungshöhe von 56 % ergeben (mittelbar 40 % von 40 % = 16 % + 40 % unmittelbar). Die Beherrschungsfrage kann jedoch nicht nach diesem Prinzip beurteilt werden.

Werden Anteile (auch) treuhänderisch gehalten, kommt es darauf an, wer die Stimmrechte im Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Rechtsgeschäft ausüben kann; dazu s Kohlhepp (in Schn/F, § 8 KStG Rn 373).

 

Tz. 216

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Ein Stimmrechtsanteil von mehr als 50 % reicht aber dann nicht für eine Beherrschung aus, wenn die Beschlüsse der Kap-Ges mit einer qualifizierten Mehrheit (zB einer ¾-Mehrheit) zu fassen sind. Das gilt auch dann, wenn der andere Gesellschafter eine GmbH ist, an welcher der Gesellschafter, für den die Beherrschung geprüft wird, aber nur zu 50 % beteiligt ist; s Urt des BFH v 13.12.1989, BFH/NV 1990, 455. Es kann hier uE auch nicht auf die Herrschaft über die Geschäfte des täglichen Lebens abgestellt werden, wie dies bei Abgrenzung einer Betriebsaufspaltung der Fall ist; dazu s H 15.7 (Mehrheit der Stimmrechte) EStH und s Urt des BFH v 30.11.2005, BStBl II 2006, 415. Dies gilt zumindest für solche vertraglichen Vereinbarungen, für deren Abschluss oder Änderung die Gesellschafterversammlung zuständig ist.

 

Tz. 217

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Die dargestellten Grundsätze gelten natürlich vorrangig für Kap-Ges. Sie sind aber auch auf alle anderen Kö anwendbar, bei denen Gesellschafter, Mitglieder oder ähnliche Personen eine beherrschende Stellung einnehmen können.

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