Tz. 207

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Nach Verw-Auff muss die beherrschende Stellung im Zeitpunkt der Vereinbarung oder des Vollzugs der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensminderung vorliegen; s R 8.5 Abs 2 S 2 KStR 2015. Der erste Zeitpunkt dürfte unstreitig sein. Das Rückwirkungsverbot gilt also auch dann, wenn der Gesellschafter zwar im Zeitpunkt der Vereinbarung, aber nicht mehr bei Auszahlung der Vergütung als beherrschend anzusehen ist; dazu s Urt des BFH v 10.11.1993 (BFH/NV 1997, 827) und s Kohlhepp (in Schn/F, § 8 KStG Rn 378). Ein Gesellschafter, der die Kap-Ges bei Vereinbarung beherrscht, kann den Inhalt der Vereinbarung bestimmen.

 

Tz. 208

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Auch wenn (rückwirkend) eine Leistung für eine Zeit vereinbart wird, in der der Gesellschafter noch nicht beherrschend beteiligt war, greift das Rückwirkungsverbot ein, wenn der Gesellschafter dann im Zeitpunkt der Vereinbarung als beherrschend anzusehen ist; s Urt des BFH v 03.04.1974, BStBl II 1974, 497). Ebenso ist unerheblich, zu welchem Zeitpunkt sich die vGA auswirkt; s Urt des BFH v 22.10.1998, BFH/NV 1999, 972. Geht die beherrschende Stellung durch eine Kap-Erhöhung verloren, an der der von der Prüfung des Rückwirkungsverbots betroffene Gesellschafter nicht teilnimmt, sind die Sonderregeln für beherrschende Gesellschafter ab dem Zeitpunkt nicht mehr anwendbar, in dem die Kap-Erhöhung in das H-Reg eingetragen wird; s Urt des BFH v 05.07.1966, BStBl III 1966, 605.

 

Tz. 209

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Fraglich ist demgegenüber, ob auch eine Beteiligung bei Vollzug der Vereinbarung ausreicht, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht beherrschend beteiligt war. Nach dem Wortlaut der og Verw-Auff soll dies wohl der Fall sein. UE ist diese Aussage aber so gemeint, dass es auf den Zeitpunkt des Vollzugs der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensminderung (nur) dann ankommt, wenn diese ohne vorherige Vereinbarung erfolgt, ihr also überhaupt keine vertragliche Vereinbarung zugrunde liegt; in diesem Sinne wohl auch s Lang, E & Y, § 8 KStG Rn 659. Ohne diese ergänzende Formulierung könnte eine Kap-Ges ansonsten argumentieren, dass ohne Vereinbarung auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vorliegen könne, weil es eine Vereinbarung nicht gebe. Demgegenüber ist die Annahme einer beherrschenden Stellung uE nicht begründbar, wenn eine Vereinbarung vorliegt und bei deren Abschluss noch keine beherrschende Stellung vorlag, diese dann aber bis zur Auszahlung der Vergütung eingetreten ist. In diesem Fall konnte nämlich der Gesellschafter den Inhalt der Vereinbarung nicht bestimmen.

 

Beispiel:

L war bis Juni 02 mit 40 % an der LM-GmbH beteiligt und deren alleiniger GF. Ende Dezember 01 wurde L der Anstellungsvertrag des L geändert und ihm mit Wirkung bereits für das Jahr 01 erstmals eine Tantieme (in angemessener Höhe) zugesagt. Ende Juni 02 erwarb L weitere 30 % der Anteile vom bisherigen Mehrheitsgesellschafter M (keine nahe stehende Person) hinzu. Die Tantieme für das Jahr 01 wird dem L dann nach Feststellung des Jahresabschlusses 01 im September 02 ausgezahlt.

Lösung:

L war zwar bei Auszahlung der Tantieme für 01 als beherrschender Gesellschafter anzusehen (70 % der Stimmrechte). Für die Tantieme 01 sind die Sonderregelungen des Rückwirkungsverbots uE nicht anwendbar, da L im Zeitpunkt der Tantiemevereinbarungen die LM-GmbH nicht beherrschte. Da die Tantieme der Höhe nach angemessen ist, führt sie trotz der rückwirkenden Vereinbarung nicht zu einer vGA. Die Verw-Auff (s R 8.5 Abs 2 S 2 KStR 2015) ist insoweit einschränkend auszulegen.

 

Tz. 210

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Dieser Aspekt ist uE auch bei der Prüfung der tats Durchführung eines Vertrags zu beachten. Hat ein Gesellschafter eine beherrschende Stellung erst nach Abschluss eines Vertrages erlangt, ist er ab dem Zeitpunkt der Beherrschung dennoch verpflichtet, für eine tats Durchführung dieses Vertrages zu sorgen. Auch dies ist ein Fall, in dem für die Prüfung der Beherrschung nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern auf den Vollzugszeitpunkt der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung abzustellen ist.

 

Tz. 211

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Bei der Änderung eines bestehenden Vertrages kann das Rückwirkungsverbot nur für die von der Änderung betroffenen Vergütungsteile eingreifen (zB eine Gehaltserhöhung), wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des ursprünglichen Vertrages eine beherrschende Stellung noch nicht vorlag. Bei Vertragsänderungen ist allerdings ergänzend zu berücksichtigen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine für die Kap-Ges günstige unentziehbare Rechtsposition nicht unentgeltlich aufgeben würde (zB s Urt des BFH v 29.03.2000, BFH/NV 2000, 1247, zu einer Tantiemeerhöhung vor Ablauf eines für drei Jahre fest abgeschlossenen Anstellungsvertrags). Dies gilt dann aber uE auch für nicht beherrschende Gesellschafter, da es sich hierbei um die Ausprägung des allgemeinen (materiellen) Fremdvergleichs h...

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