Tz. 45

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Ist die KGaA an einer Tochter-Kap-Ges beteiligt, die in einem anderen DBA-Staat ansässig ist, so stellt sich die Frage, ob die KGaA ein DBA-Schachtelprivileg auch für den auf den phG entfallenden Teil der Dividende der TG in Anspruch nehmen kann. Das Schachtelprivileg beinhaltet eine sachliche St-Befreiung, die nur bestimmte Stpfl begünstigen soll. Dies könnte zunächst gegen die St-Befreiung auch des auf den phG entfallenden Teils der Dividende sprechen. Wassermeyer (in IStR 1999, 481, 484 – mit Rechenbsp und in FS Herzig, 2010, 897, 906) weist jedoch darauf hin, dass die Schachtelprivilegien in den deutschen DBA häufig so ungenau formuliert seien, dass sich die St-Befreiung bei wörtlicher Auslegung auch auf den Gewinnanteil des phG erstrecke. Gegen eine Anwendung des DBA-Schachtelprivilegs beim phG s Schütz/Bürgers/Riotte (aaO, 474).

 

Tz. 46

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Der BFH (s Urt des BFH v 19.05.2010, BFH/NV 2010, 1919) hat zu der vorstehenden Rechtsfrage entschieden, dass eine in Deutschland ansässige KGaA als unbeschr stpfl Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 KStG – bei Erfüllen der übrigen Voraussetzungen – vollumfänglich abkommensberechtigt iSd Schachtelprivilegs im DBA-Frankreich sei. Soweit diskutiert werde, ob bzw in welchem Umfang die KGaA Wesensmerkmale einer Pers-Ges aufweise (hierzu s Tz 42ff), betreffe dies lediglich die Einkommenszuordnung zwischen der KGaA und dem phG, nicht jedoch die (Subjekt-)Eigenschaft der KGaA als Kap-Ges und damit auch nicht ihre abkommensrechtliche Behandlung in Zusammenhang mit der Gewährung des DBA-Schachtelprivilegs. Art 20 Abs 1 Buchst b Doppelbuchst aa Satz 1 DBA-Frankreich in der für das Streitjahr (1996) geltenden Fassung begünstige die KGaA als solche, und zwar auch dann, wenn die zu gewährende Freistellung aufgr der innerstaatlichen Zurechnung – wie im Streitfall dem phG in der Rechtsform einer Pers-Ges – (auch) einer Pers zugute komme, der die Freistellung an sich nicht zustehe. Die (Teil-)Transparenz der KGaA wirke sich (insoweit) nicht aus.

Nach dem DBA-Frankreich sei allein die "Zahlung" der Dividende an eine in D ansässige Kap-Ges maßgeblich. Es könne daher dahinstehen, ob der Fall anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn das DBA sich enger an das OECD-MA anlehne und wie dort den Begriff des "Nutzungsberechtigten" als desjenigen verwende, welcher die betreffenden Eink beziehe (der BFH greift hier die Kritik von Wassermeyer – s Tz 45 – auf, dass die DBA häufig "ungenau formuliert" seien). Nach Hageböke (s IStR 2010, 59) ist allein wegen der aus Sicht des Fiskus "ungenauen" Formulierung im DBA-Frankreich eine generelle Aufgabe der "Wurzeltheorie" bzw der transparenten Besteuerung (s Tz 42ff) nicht geboten.

Ausführlich zu diesem Urt – bzw zu der im Ergebnis gleichlautenden Vorentsch des Hess FG v 23.06.2009 (IStR 2009, 658) – s Kramer (IStR 2010, 57 und 63); s Hageböke (IStR 2010, 59); und s Wassermeyer (FR 2010, 812 und Ubg 2011, 47).

 

Tz. 46a

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Im Urt v 01.06.2022 (Az: I R 44/18) hat der BFH eine vergleichbare Entsch getroffen hinsichtlich ausl Beteiligungserträge der KGaA, auf die die Schachtelprivilegien des Art 24 Abs 1 Nr 1 Buchst b DBA-Schweiz 1971/2002 bzw Art 20 Abs 2 Satz 3 DBA-Luxemburg 1958/1973 anzuwenden waren.

 

Tz. 47

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Nach Kollruss (s DStZ 2012, 650 und s StBp 2012, 273) stellt das "Durchschlagen" der DBA-Freistellung auf nicht begünstigte Pers keine spezifische Schwachstelle der KGaA-Wurzeltheorie (s Tz 20) dar, sondern ist eine Folge des Auseinanderfallens von Eink-Erzielungssubjekt (KGaA) und dem St-Subjekt (phG), welches die nämlichen Eink letztlich besteuert (s hierzu auch Tz 44). Für die Eink, die die KGaA beziehe, würden ausschl und in vollem Umfang die für die KGaA geltenden DBA-Freistellungen eingreifen (und nicht anteilig auch diejenigen für den phG geltenden); anderenfalls hätte die für die KGaA geltende DBA-Freistellung für Schachteldividenden niemals auf den phG durchschlagen können.

 

Tz. 48

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Rechtsfolge des Urt des BFH v 19.05.2010 (BFH/NV 2010, 1919) war, dass die von der KGaA nach dem DBA-Frankreich stfrei vereinnahmten Schachteldividenden von den Gesellschaftern der phG-oHG stfrei – ohne Anwendung der Teileink-Besteuerung – entnommen werden könnten. Vergleichbare Formulierungen wie die dem BFH-Urt v 19.05.2010 zugrunde liegende Fassung des DBA-Frankreich enthalten mehrere andere DBA, zB diejenigen mit Großbritannien, Japan, Luxemburg (hierzu s Tz 46a), Indien, den USA oder den Niederlanden. Von der FinVerw wurden insoweit St-Gestaltungsmodelle mit Auswirkungen im dreistelligen Millionenbereich befürchtet. Durch das "Ges zur Änderung des Gemeindefinanzreformges und von stlichen Vorschriften" vom 08.05.2012 (BGBl. I 2012, 1030) wurde daher – mit erstmaliger Geltung für ab dem 01.01.2012 erfolgte Zahlungen – an § 50d EStG ein neuer Abs 11 angefügt, der dieses Durchschlagen der DBA-Freistellung für Schachteldividenden verhindern soll. Satz...

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