Tz. 104

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Maßstab für den anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gem § 43 Abs 1 GmbHG die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet; s Urt des BFH v 06.04.2005, BFH/NV 2005, 2058. Aufgabe eines solchen GF ist es, unmittelbar im unternehmerischen Interesse der Kö und damit nur mittelbar im Interesse einzelner Gesellschafter zu handeln; s Urt des BFH v 23.02.2005, BStBl II 2005, 882.

Bei dem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter handelt es sich nicht um eine speziell durch das St-Recht entwickelte Denkfigur, sondern um einen bei Handelsgewerbetreibenden iSd AktG (s § 93 AktG), des GmbHG (s § 43 GmbHG) und des GenG (s § 34 GenG) bekannten und bei vergleichbaren Betrachtungen bemühten Parameter. Der Begriff ist also aus dem Gesellschaftsrecht entlehnt. Allerdings wird er vom BFH dennoch rein stlich interpretiert (also losgelöst von der Rspr des BGH; s Gosch, § 8 KStG Rn 300).

 

Tz. 105

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter muss das Unternehmen nach (wirtsch und kaufmännisch) vernünftigen Prinzipien führen. Er muss verantwortungsvoll handeln, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Betriebswirtschaftliche Grundsätze hat er zu beachten. Er muss allerdings nicht "perfekt" sein; Fehler sind erlaubt (und halten auch dem Fremdvergleich stand). So hat der BFH in Fehlspekulationen einer GmbH nicht notwendigerweise eine im Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung gesehen; s Urt des BFH v 31.03.2004, DB 2004, 1968 zu Risikogeschäften. Dem Geschäftsleiter steht also ein unternehmerischer Ermessensspielraum zu. Rein unternehmerische Fehler sind im Übrigen idR auch nicht geeignet, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug auszulösen; dazu s Tz 153ff. Anders kann dies allerdings bei einer Kombination von Währungsspekulationsgeschäften sein, die nur dann zu einem Gesamtgewinn führen können, wenn die Kap-Ges einen Verlust erleidet (= Indiz für Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis; s Urt des FG München v 17.12.2013, EFG 2014, 579). Subjektive Eigenschaften (persönliches Wissen, individuelle Fähigkeiten usw) können bei der Prüfung durchaus einbezogen werden, müssen sich aber an einem "normgerechten" Verhalten messen lassen (s Gosch, § 8 KStG Rn 301 unter Hinw auf das Urt des BFH v 31.05.1995, BStBl II 1996, 246; s Urt des BFH v 22.11.1995, BFH/NV 1996, 644). Die Einbeziehung eines Dritten kann die Verantwortlichkeit des Geschäftsleiters nicht ausschließen; s Urt des BFH 17.12.1997, BStBl II 1998, 545 zu einem Fall, in dem Kap-Ges und Ges-GF die Ermittlung der "angemessenen" Vergütung dem gemeinsamen Steuerberater überlassen hatten. Subjektive Vorstellungen sind eher nicht maßgeblich (s Urt des BFH v 18.05.1999, BFH/NV 1999, 1516); andererseits muss der Fremdvergleich auf die konkrete (individuelle) Situation der Kap-Ges bezogen werden (s Urt des BFH v 29.08.1984, BStBl II 1985, 120). Auch Zahlungen in der irrtümlichen Annahme einer vertraglichen Leistungspflicht an einen vormaligen Gesellschafter können zur Annahme einer vGA führen; s Urt des BFH v 29.04.2008, BStBl II 2011, 55. Andererseits begründet aber auch nicht jede irrtümliche Vermögensverschiebung eine vGA; dazu s Urt des BFH v 30.07.1997, BStBl II 1998, 402. So kann eine vGA wegen Fehlen des subjektiven Elements zu verneinen sein, wenn der GF von einer formell (dh dem Verpflichtungsgrunde nach) und materiell (dh dem Verpflichtungsinhalt nach) drittüblichen Leistungsverpflichtung ausging; dazu auch s Kohlhepp (in Schn/F, § 8 KStG Rn 249) und s Gosch (in Gosch, KStG, 3. Aufl, § 8 Rn 277). Zu "Irrtumsfällen" auch s Paus (GmbHR 1999, 1278) und s Schmitz (GmbHR 2009, 910). Von einer reinen Fehlbuchung iSe Irrtums kann allerdings nicht bei einem außerbetrieblichen Bilanzierungsfehler ausgegangen werden, der durch den Gesellschafter oder das Organ bewusst veranlasst wurde; s Beschl des BFH v 18.03.2014 (BFH/NV 2014, 907).

 

Tz. 106

Stand: EL 88 – ET: 01/2017

Der Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bildet nach Auff des BFH "einen Unterfall des Fremdvergleichs" (s Beschl des BFH v 27.12.1995, GmbHR 1996, 708 und s Urt des BFH v 06.12.1995, BStBl II 1996, 383). Diese Linie des BFH ist zunächst auf Kritik in der Lit gestoßen, in der zB Becker (s DB 1996, 1439) unter Hinw auf weitere Stimmen fragt, ob der Fremdvergleich das mutmaßliche Handeln des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verdrängen solle und dessen Grab schon geschaufelt sei (kritisch zu dieser Entsch auch s Wichmann, Stbg 1997, 64 sowie Hoffmann, DStR 1996, 729). Wassermeyer (Stbg 1996, 481) sieht dagegen in dem Fremdvergleichsmaßstab lediglich eine Anwendungsform des allgemeinen "Dealing at arm’s length"-Grundsatzes, wie er im Abkommensrecht international üblich ist (ebenso hierzu s Wassermeyer in DB 2001, 2465, 2466, s Pezzer, DStZ 2002, 850; s Schneider, DB 2003, 53, sowie in GmbHR 2002, 1, 5 und s Tz 49)....

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