Tz. 203

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Trotz Fehlens eines allg Rechtsgrundsatzes für eine St-Entstrickung hatte der BFH in Einzelfällen dennoch das Vorliegen einer Entnahme "für betriebsfremde Zwecke" (s § 4 Abs 1 S 2 EStG) oder einer Betriebsaufgabe (s § 16 Abs 3 EStG) bejaht und die sog finale Entnahmetheorie entwickelt.

 

Tz. 204

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Mit Hilfe der finalen Entnahmetheorie hatte der BFH eine Gewinnrealisation in den folgenden Fällen bejaht, wobei die für das Vorliegen einer Entnahme notwendige Entnahmehandlung nicht nur in einem schlüssigen Verhalten des Stpfl (zB Überführung von WG), sondern auch in einem Rechtsvorgang (zB Vererbung von WG des BV) bestehen kann:

  • Entstrickung durch Überführung von WG vom gew zum landwirtsch Betrieb:

    s Urt des BFH v 16.03.1967 (BStBl III 1967, 318); v 14.04.1967 (BStBl III 1967, 391); und v 21.12.1977 (BStBl II 1978, 305). Durch die Einbeziehung des Grund und Bodens in die Gewinnermittlung der bilanzierenden Land- und Forstwirte (s Beschl des BVerfG v 11.05.1970, BGBl I 1970, 1145) wurde diese Rspr obsolet, s Urt des BFH v 14.06.1988 (BStBl II 1989, 187);

  • Entstrickung durch Überführung von WG vom forstwirtsch Betriebsteil in einen VOL-Landwirtschaftsteil (VOL – Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus L + F):

    s Urt des BFH v 22.05.1969 (BStBl II 1969, 584);

  • Entstrickung infolge Todes-/Erbfall oder Ausscheiden aus einer MU-Schaft:

    s Urt des BFH v 13.07.1967 (BStBl III 1967, 751) und v 19.02.1998 (BStBl II 1998, 509);

  • Entstrickung durch Überführung von einzelnen WG in eine ausl BetrSt, die in einem DBA-Land mit Freistellungsmethode belegen ist:

    s Urt des BFH 16.07.1969 (BStBl II 1970, 175); v 30.05.1972 (BStBl II 1972, 780) und v 24.11.1982 (BStBl II 1983, 113); zur Änderung der Rspr s Tz 226ff;

  • Entstrickung durch Betriebsverlegung anlässlich des Wegzugs des Betriebsinhabers:

    s Urt des BFH v 28.04.1971 (BStBl II 1971, 630) und v 13.10.1976 (BStBl II 1977, 76); zur Änderung der Rspr s Tz 639.

 

Tz. 205

Stand: EL 76 – ET: 12/2012

In folgenden Fällen wurde vom BFH eine Gewinnrealisation infolge der finalen Entnahmetheorie verneint:

Strukturwandel eines Betriebs:

s Urt des I. Senats des BFH v 10.02.1972 (BStBl II 1972, 455), sowie Vorlage-Beschl des IV. Senats des BFH v 21.02.1973 (BStBl II 1973, 313) und hierzu Beschl des GrS des BFH v 07.10.1974 (BStBl II 1975, 168). Der Strukturwandel eines Betriebs ist kein die Entnahmehandlung substituierender Rechtsvorgang. In Abweichung vom Urt des I. Senats war nach Auff des GrS jedoch die Besteuerung der stillen Reserven künftig sichergestellt, denn das Ansatzverbot nach § 4 Abs 1 S 5 EStG aF – wonach der Grund und Boden bei einem landwirtsch Betrieb nicht in den BV-Vergleich einzubeziehen sei – erfasse nicht die während der Zugehörigkeit des Grund und Bodens zu einem Betrieb mit Gewinnermittlung nach § 5 EStG angewachsenen stillen Reserven. § 4 Abs 1 S 5 EStG aF wurde durch das Zweite StÄndG 1971 (BGBl I 1971, 1266; BStBl I 1971, 373) aufgehoben;

Wechsel der Gewinnermittlungsart:

s Urt des BFH v 21.11.1973 (BStBl II 1974, 314) und v 11.12.1973 (BStBl II 1974, 315). Der Wechsel der Gewinnermittlungsart stellt keinen die Entnahmehandlung substituierenden Rechtsvorgang dar. Die Gewinnermittlungen nach § 5 EStG und § 4 Abs 3 EStG unterschieden sich in der in den Streitjahren maßgebenden Fassung darin, dass bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung infolge § 4 Abs 1 S 5 EStG aF der zum AV gehörende Wert des Grund und Bodens außer Ansatz blieb. Mit dem Beschl des GrS des BFH v 07.10.1974 (BStBl II 1975, 168) wurde in diesen Fällen uE ebenfalls klargestellt, dass die Besteuerung der während der Gewinnermittlung nach § 5 EStG im Grund und Boden angewachsenen stillen Reserven nicht vom Ansatzverbot des § 4 Abs 1 S 5 EStG aF erfasst waren;

Überführung von WG aus einem freiberuflichen in ein gew BV:

zB s Urt des BFH v 17.08.1972 (BStBl II 1972, 903). Die Überführung eines WG aus dem BV eines Stpfl in ein anderes BV desselben Stpfl stellt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist, keine Entnahme dar;

Abschluss eines DBA bei Zuweisung des Besteuerungsrechts an den anderen Vertragsstaat:

s Urt des BFH v 16.12.1975 (BStBl II 1976, 246). In Abgrenzung zur Entstrickung mittels eines Rechtsvorgangs in den Fällen der Vererbung von BV, s Tz 109, hatte der BFH das Vorliegen einer Entnahmehandlung verneint, da der Abschluss eines DBA nicht durch eine Handlung des Stpfl beeinflusst werden kann; sog passive St-Entstrickung;

Übergang von einer als strelevant zu beurteilenden Tätigkeit zur Liebhaberei:

s Urt des BFH v 29.10.1981 (BStBl II 1982, 381). Der BFH stellt klar, dass es sich bei einem die Entnahmehandlung substituierenden Rechtsvorgang nicht um das Wirksamwerden von Wertungen stlicher Art infolge Eingreifens einer anderen als bis dahin anzuwendenden Besteuerungsvorschrift oder einer geänderten stlichen Beurteilung handelt, sondern um das Einwirken außerstlicher Normen auf den stlic...

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