Leitsatz

Der notwendige Inhalt eines Grundsteuermessbescheids – der Grundsteuermessbetrag, der Einheitswert und die Steuermesszahl – bindet auch den Rechtsnachfolger (sog. dingliche Wirkung des Grundsteuermessbescheids). Wird eine Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach einer Zurechnungsfortschreibung des Einheitswerts durchgeführt, beschränkt sich die Neuveranlagung auf die Bestimmung des neuen Steuerschuldners. Eine geänderte Steuermesszahl wird nicht berücksichtigt. Eine solche kann im Rahmen einer Neuveranlagung zur Fehlerbeseitigung Berücksichtigung finden.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 und 3 GrStG, § 182 Abs. 2, § 184 Abs. 1 Satz 4 AO, § 19 Abs. 3 Nr. 2, § 22 Abs. 2 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb im Jahr 2014 ein bebautes Grundstück. Daraufhin erließ das FA gegenüber der Klägerin im April 2015 einen Einheitswertbescheid – Zurechnungsfortschreibung – auf den 1.1.2015. In dem Bescheid wurde aufgeführt, der Einheitswert betrage wie bisher 40.596 EUR. Zugleich erließ das FA einen Grundsteuermessbescheid – Neuveranlagung – auf den 1.1.2015, in dem der Grundsteuermessbetrag wie bisher mit 405,97 EUR gegenüber der Klägerin festgesetzt wurde.

Nach erfolglosem Einspruch, den die Klägerin mit Leerstand der Gebäude und Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung begründete, erhob sie im Jahr 2016 Klage vor dem FG. Im Klageverfahren machte sie erstmals geltend, anstatt einer Steuermesszahl von 10 v.T. sei eine Messzahl von 8 v.T. anzusetzen.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags sei die zutreffende Steuermesszahl anzuwenden, auch wenn es sich bei der die Neuveranlagung auslösenden Fortschreibung des Einheitswerts um eine reine Zurechnungsfortschreibung handle (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.1.2017, 3 K 3179/16, Haufe-Index 10458532, EFG 2017, 555).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Der Grundsteuermessbetrag sei gegenüber der Klägerin im Zuge der Zurechnungsfortschreibung des Einheitswerts auf den 1.1.2015 aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen mit dem Wert festzusetzen, mit dem er gegenüber der vorherigen Eigentümerin des Grundstücks festgesetzt worden war. Eine geänderte Steuermesszahl im Rahmen einer Neuveranlagung zur Fehlerbeseitigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 GrStG könne erst auf den 1.1.2016 berücksichtigt werden.

 

Hinweis

1. Ist nach § 22 Abs. 2 i.V.m. § 19 Abs. 3 Nr. 2 BewG in der im Streitfall und auch noch derzeit geltenden Fassung (zur Neuregelung ab 1.1.2022 siehe Art. 1, 2 und 18 GrStRefG vom 26.11.2019, BGBl I 2019, 1794) wegen einer Änderung der Eigentumsverhältnisse am Grundbesitz eine Zurechnungsfortschreibung des Einheitswerts vorzunehmen, wirkt nach § 182 Abs. 2 Satz 1 AO der gegenüber dem Rechtsvorgänger ergangene Feststellungsbescheid über einen Einheitswert nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergeht.

Ist der festgestellte Einheitswert fehlerhaft, rechtfertigt die Zurechnungsfortschreibung als solche keine Fehlerberichtigung. Vielmehr kommt nur eine Fortschreibung zur Fehlerbeseitigung nach § 22 Abs. 3 BewG in Betracht. Der Fortschreibungszeitpunkt ergibt sich dabei aus § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG. Bei einer Korrektur zugunsten des Steuerpflichtigen ist dies der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Fehler dem FA bekannt wird.

2. Wird eine Zurechnungsfortschreibung durchgeführt, so wird der Grundsteuermessbetrag auf den Fortschreibungszeitpunkt neu festgesetzt (Neuveranlagung; § 17 GrStG in der im Streitfall und auch noch derzeit geltenden Fassung; zu der ab dem Kalenderjahr 2025 anwendbaren Neufassung des GrStG siehe Art. 3 und 18 GrStRefG).

a) Neuveranlagungszeitpunkt ist der Beginn des Kalenderjahrs, auf den die Fortschreibung durchgeführt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 GrStG), und somit mit dem Fortschreibungszeitpunkt nach § 22 Abs. 4 BewG identisch.

b) Der Grundsteuermessbescheid setzt den Grundsteuermessbetrag fest (§ 184 Abs. 1 Satz 1 AO). Nach § 184 Abs. 1 Satz 2 AO wird mit der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags auch über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden. Der Grundsteuermessbescheid muss den Grundsteuermessbetrag der Höhe nach angeben (§ 184 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). In dem Bescheid sind zudem nach § 184 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 121 Abs. 1 AO die wesentlichen Berechnungsgrundlagen anzuführen. Mitzuteilen sind daher der Einheitswert und die Steuermesszahl; aus diesen beiden Komponenten berechnet sich der Grundsteuermessbetrag (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GrStG). Schließlich muss im Grundsteuermessbescheid angegeben werden, für wen er ergeht, d.h. wer Steuerschuldner der Grundsteuer ist. Nach § 10 Abs. 1 GrStG ist Schuldner der Grundsteuer derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Ein...

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