Zusammenfassung

Führt ein Unternehmer eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung aus, ist regelmäßig die Umsatzsteuer aus dem Betrag herauszurechnen, den der Leistungsempfänger aufwendet. In bestimmten, gesetzlich abschließend beschriebenen Ausnahmefällen kann die Umsatzsteuer aber auch aus der Differenz zwischen dem Verkaufserlös und dem Einkaufspreis herausgerechnet werden. Die Anwendung der Differenzbesteuerung kann für den Unternehmer in bestimmten Situationen vorteilhaft als auch nachteilig sein, sodass den Wahlrechten besondere Bedeutung zukommt.

1 Problematik

Die Differenzbesteuerung umfasst alle Gebrauchtwaren, bei denen beim Ankauf durch den Händler keine Umsatzsteuer entstanden ist (z. B. Erwerb von einem Nichtunternehmer oder steuerfreier Erwerb von einem anderen Unternehmer[1]), Umsatzsteuer nach § 19 UStG nicht erhoben wird (Erwerb von einem Kleinunternehmer) oder Fälle, in denen der Gegenstand selbst im Rahmen der Differenzbesteuerung erworben wurde (differenzbesteuerter Unternehmer erwirbt den Gegenstand von einem differenzbesteuerten Unternehmer[2]). Nicht von dieser Regelung erfasst werden jedoch Edelsteine und Edelmetalle.[3] Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung ist, dass der Gegenstand im Gemeinschaftsgebiet an den Unternehmer geliefert worden ist.

 
Wichtig

Keine Differenzbesteuerung bei Einfuhr

Grundsätzlich scheidet eine Anwendung der Differenzbesteuerung für die Gegenstände aus, die der Unternehmer im Drittlandsgebiet erworben und dann in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat. Es besteht hier jedoch ein gesondertes Optionsrecht.[4]

Die Differenzbesteuerung ist jedoch nur anzuwenden, wenn der Unternehmer gewerbsmäßig (als sog. "Wiederverkäufer") mit Gegenständen handelt und die Gegenstände für sein Unternehmen erworben hat. Darüber hinaus unterliegt die Lieferung nur dann der Differenzbesteuerung, wenn der gelieferte Gegenstand dem erworbenen Gegenstand entspricht. Wird z. B. aus mehreren Gegenständen ein neuer Gegenstand zusammengesetzt, unterliegt dieser neue Gegenstand nicht der Differenzbesteuerung. Reparaturen an dem Gegenstand sind jedoch für die Anwendung der Differenzbesteuerung unschädlich.

 
Wichtig

Autoverwerter unterliegen der Differenzbesteuerung

Nach der Rechtsprechung des EuGH[5] und des BFH[6] unterliegt auch der Verkauf von Einzelteilen der Differenzbesteuerung, die der Unternehmer aus Altautos oder Unfallfahrzeugen gewinnt, die er ohne Umsatzsteuer eingekauft hat. Die Finanzverwaltung wendet die Rechtsprechung an.[7]

Der Begriff des Wiederverkäufers ist ein Kunstbegriff des Umsatzsteuerrechts. Er besagt, dass es sich bei dem Unternehmer um einen Händler handeln muss, der gewerbsmäßig mit diesen Gegenständen handelt. Es muss sich dabei aber nicht um den Hauptzweck des Unternehmens handeln, sondern kann sich auch auf Teilbereiche des Unternehmens beschränken oder auf gelegentliche Umsätze mit aufgekauften Gegenständen.

 
Praxis-Tipp

Differenzbesteuerung nur bei Verkaufsabsicht

Die Differenzbesteuerung kann auch auf Gegenstände angewendet werden, die der Unternehmer – soweit er Wiederverkäufer ist – nicht zum direkten Wiederverkauf angeschafft hatte.[8] Allerdings müssen die Gegenstände nach der Rechtsprechung des BFH in bedingter Verkaufsabsicht erworben worden sein.[9] Die Differenzbesteuerung kann damit nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Unternehmer Gegenstände für sein Anlagevermögen erwirbt, ohne diesbezüglich eine Verkaufsabsicht zu haben.

Die Differenzbesteuerung kann nicht für Gegenstände angewendet werden, die der Unternehmer aus seinem Privatbereich in das Unternehmen eingelegt hat.[10] Die Differenzbesteuerung setzt einen entgeltlichen Eingangsumsatz voraus.

Der Unternehmer kann bis zur Abgabe der ersten Umsatzsteuer-Voranmeldung eines Kalenderjahrs erklären, dass er die Differenzbesteuerung auch auf Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten, die er selbst eingeführt hat, oder für Kunstgegenstände, wenn die Lieferung an ihn steuerpflichtig war und nicht von einem Wiederverkäufer ausgeführt wurde (z. B. bei Erwerb eines Kunstgegenstands von einem lebenden Künstler), anwenden will. Ein Wiederverkäufer kann nach der Rechtsprechung des EuGH[11] auch für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf eine Lieferung von Kunstgegenständen optieren, die er zuvor im Rahmen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolger erworben hat, obwohl diese nicht zu den im Unionsrecht aufgeführten Personengruppen gehören; die beim Erwerber anfallende Erwerbsteuer ist aber dann vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die Option auf die Differenzbesteuerung ist seit dem 1.1.2014 insbesondere für Kunsthändler von Bedeutung, die Kunstwerke von dem Künstler direkt erwerben (z. B. bei Kommissionsgeschäften), da der ermäßigte Steuersatz für Kunsthändler nicht mehr anwendbar ist.

 
Wichtig

Vorteil des Kunsthändlers bei Option auf Differenzbesteuerung

Erwirbt ein Kunsthändler von einem Künstler ein Kunstwerk (mit 7 % USt[12]) ergibt sich regelmäßig für den Kun...

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