Die Regelung der Verantwortlichkeiten in einem Workflow ist ureigene Aufgabe der Geschäftsleitung. Sie ist nicht dafür zuständig, die Details auszuarbeiten, aber sie muss dafür sorgen, dass ein solcher Workflow implementiert wird. Im beschriebenen Beispiel hätte die Besonderheit der Abwasserumleitung auch eines besonderen Ablaufs bedurft:

  • Es muss eine Anweisung geben, das alte Rohrnetz vor Inbetriebnahme zu überprüfen.
  • Eine beteiligte Führungskraft muss dafür sorgen, dass der Gewässerschutzbeauftragte involviert ist und vorab um Stellungnahme gebeten wird.
  • Die Umleitung der Abwasserströme muss kontrolliert werden.

Generell können die Anforderungen an ein CMS somit um die entsprechenden Verantwortlichkeiten ergänzt werden:

 
Nr. Anforderung aus der Definition Umsetzung durch Verantwortungsbereich
1 Bereitschaft aller Mitarbeiter Kenntnisse über die Anweisungen und ihre Inhalte = Schulung aller Mitarbeiter

GF und Führungskräfte

Mitarbeiter
2 Verständnis für das Thema Kenntnisse über die Anweisungen und ihre Inhalte = Schulung + ständige und regelmäßige Kommunikation darüber Mitarbeiter
3 Zuverlässigkeit von allen, dass die Anweisungen/Maßnahmen befolgt werden

Kontrolle durch die Vorgesetzten,

Überprüfung durch Audits
GF und Führungskräfte
4 Kontrolldruck durch die Vorgesetzten

Kontrollfunktion der Führungskräfte auf allen Ebenen,

ausreichend personelle Umsetzung sicherstellen (auch mithilfe externer Experten)
GF und Führungskräfte
5 Verhältnis Vorgesetzter – Mitarbeiter Teamorientierter Führungs- und Kommunikationsansatz GF und Führungskräfte
6 Anzahl, Komplexität und Verständlichkeit der Anweisungen Klarheit und Übersichtlichkeit der Anweisungen und der Pflichten

GF und Führungskräfte

Managementbeauftragte
7 Erforderliche Verhaltensänderungen

Motivation aller Mitarbeiter

Regelmäßige Kommunikation

GF und Führungskräfte

Mitarbeiter

Tab. 3: Zuordnung der Verantwortungen zu den Elementen eines CMS

Im beschriebenen Beispiel griffen mindestens die Nummern 2, 4 und 6 der CMS-Elemente nach Tab. 3 nicht und führten zu einem Complianceverstoß.

 
Achtung

Stabsstellen einbinden

Die fehlende Einbindung des Gewässerschutzbeauftragten ist leider beispielhaft für viele vergleichbare Vorfälle. Mit den Umweltschutzbeauftragten und den Fachkräften für Arbeitssicherheit haben viele Unternehmen schon grundlegende, strukturelle Elemente von Compliance im Haus, die nicht nur kontrollieren, sondern darüber hinaus vor allem fachlich einen enormen Beitrag zur Rechtssicherheit leisten können.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2: Tankunfall

Firma A lässt ihre Tanks, in denen Produkte auf Wasserbasis gelagert werden, regelmäßig von einer externen Fachfirma B reinigen. Mit dieser Fachfirma besteht eine langjährige Zusammenarbeit. Die Firma hat ein eigenes, lösemittelfreies Reinigungsmittel entwickelt und im Einsatz.[1]

So sollten Sie es nicht machen

Eine eigene Gefährdungsbeurteilung für die Tankreinigung nach Betriebssicherheitsverordnung ist von Firma A nicht erstellt worden. Außerdem findet diesmal keine gesonderte Einweisung der Fremdfirmenmitarbeiter statt, obwohl Firma A über ein Arbeitserlaubnissystem verfügt. Nach der Arbeitseinteilung verteilt sich das Reinigungspersonal der Firma B auf die unterschiedlichen Tanks.

Ein Mitarbeiter von Firma B hat in seinem Arbeitsbereich Schwierigkeiten mit besonders hartnäckigen Verschmutzungen; er steigt aus dem Tank und bittet einen Angestellten der Firma A, den er in der Halle zufällig antrifft, ihm ein "schärferes" (lösemittelhaltiges) Reinigungsmittel zur Verfügung zu stellen. Dieser Bitte kommt der Beschäftigte mit dem ausdrücklichen Hinweis nach, dass der Eimer nicht in den Tank mitgenommen werden dürfe. Wenig später kommt es zu einer Verpuffung im Tank, bei der der Mitarbeiter der Reinigungsfirma erhebliche Verbrennungen erleidet.

Ergebnis

Die zuständige Behörde für den Arbeitsschutz und die Staatsanwaltschaft ermitteln gegen die Geschäftsführung und leitende Mitarbeiter der Firma A sowie gegen den Beschäftigten, der das lösemittelhaltige Reinigungsmittel zur Verfügung gestellt hat, im Hinblick auf fahrlässige Körperverletzung und Nichteinhaltung von Arbeitsschutzvorschriften. In diesem Rahmen wird der Firma insbesondere vorgeworfen, keine Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung für diese Tankreinigungsarbeiten erstellt zu haben.

Bewertung des Falles: Verantwortungen und Folgen

 
Nr.

Straftat/

Funktion
§ 226 (schwere Körperverletzung) § 229 (fahrlässige Körperverletzung) Verletzung von Aufsichts- und Kontrollpflichten
1 Geschäftsführer Firma A Nein Nein Ja
2 Werkleiter Firma A Nein Nein Ja
3 Angestellter Firma A Nein Ja Nein
4 Fachkraft für Arbeitssicherheit Firma A Nein Nein Ja
5 Mitarbeiter Firma B Nein Nein Nein

Tab. 4: Übersicht möglicher Verantwortungen beim Tankunfall

Woraus ergibt sich diese Einordnung?

Geschäftsführer (GF) Firma A: Da es einen geregelten Prozess für das Fremdfirmenmanagement gibt, in dem sowohl die Auswahl von Fremdfirmen als auch deren Unterweisung vor Arbeitsaufnahme geregelt...

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