Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen zum Gewerbeertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Die Hinzurechnung der Hälfte der Mietzinsen für Container, die fortlaufend kurzfristig weitervermietet werden und ständig umlaufen, zum Gewerbeertrag, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
  • Der Grund für die Zurechnung der Mietzinsen oder Pachtzinsen ist darin zu sehen, daß der gemietete oder gepachtete Gegenstand im Betrieb des Mieters oder Pächters eingesetzt und dort letztlich der gesamte aus ihm erzielte Ertrag erwirtschaftet wird.
  • Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, an Stelle eines individuellen Maßstabes für die Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen und sich mit einer Typengerechtigkeit zu begnügen.
  • Die Höhe des Zurechnungsbetrages könnte verfassungsrechtlich nur zu beanstanden sein, wenn sie generell zu einer höheren Gewerbesteuerlast für einen Mieter oder Pächter als für einen vergleichbaren Eigentümer führen würde.
 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 7; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12, 14, 19, 28

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 29.11.1972; Aktenzeichen I R 178/70)

 

Gründe

Die angegriffene Entscheidung des Bundesfinanzhofs, die Container seien – das Eigentum der Beschwerdeführerin daran unterstellt – als Anlagevermögen der Beschwerdeführerin anzusehen, stellt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Auslegung und Anwendung einfachen Rechts dar. Entgegen der von Seiten der Beschwerdeführerin geäußerten Auffassung ist der Bundesfinanzhof nicht von der – ohnedies zu anderen Rechtsfolgen führenden – Meinung ausgegangen, die Beschwerdeführerin sei wirtschaftlich gesehen Eigentümerin der Container.

Auch § 8 Nr. 7 GewStG enthält zumindest für den vorliegenden Fall eine dem Grundgesetz – insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG – nicht widersprechende Regelung.

Eine Zurechnung ist durch das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Objektsteuerprinzip hinreichend gerechtfertigt. Ob noch andere Gründe für die Bestimmung des § 8 Nr. 7 GewStG maßgebend waren, kann dahingestellt bleiben.

Es ist auch sachlich begründet, wegen des Bestrebens, ein doppeltes Erfassen des gleichen Ertrages durch die inländische Gewerbesteuer zu vermeiden, von der Zurechnungspflicht Ausnahmen zu machen. Der Schlechterstellung des von einem nicht gewerbesteuerpflichtigen Eigentümer mietenden oder pachtenden Unternehmers steht zudem als Vorteil gegenüber, daß in die von ihm zu zahlenden Miet- oder Pachtzinsen keine inländische Gewerbesteuer einkalkuliert sein kann.

Das Fehlen einer entsprechenden Zurechnungsbestimmung bei Lohnfertigungen kann ebenfalls nicht zu der Annahme führen, Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt. Der Grund für die Zurechnung der Miet- und Pachtzinsen ist darin zu sehen, daß der gemietete oder gepachtete Gegenstand im Betrieb des Mieters oder Pächters eingesetzt und dort letztlich der gesamte aus ihm erzielte Ertrag erwirtschaftet wird. Vergleichbare Gegebenheiten liegen bei der Lohnfertigung nicht vor.

Gegen den Gleichheitssatz verstößt – zumindest bei kurzfristigen Anmietungen – auch nicht die Regelung über die Höhe der Zurechnung.

Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, an Stelle eines individuellen Maßstabes für die Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen und sich mit einer Typengerechtigkeit zu begnügen (BVerfGE 9, 3 [13]; 14, 76 [101]; 21, 12 [27]; 31, 119 [130 f.]). Er konnte damit die Zurechnung eines pauschalierten Betrages anordnen.

Die Höhe des Zurechnungsbetrages könnte verfassungsrechtlich nur zu beanstanden sein, wenn sie generell zu einer höheren Gewerbesteuerlast für einen Mieter oder Pächter als für einen vergleichbaren Eigentümer führen würde, wenn also der Eigentümer seinen Gewerbeertrag im Hinblick auf den fraglichen Gegenstand allgemein um einen höheren Betrag mindern könnte als der Mieter oder Pächter. Das kann – zumindest bei kurzzeitiger Miete – nicht festgestellt werden.

Der Gesetzgeber war nach dem Objektsteuerprinzip befugt, die Zurechnung der in den Miet- oder Pachtzinsen enthaltenen, bei einem Eigentümer nicht anfallenden oder nicht abzugsfähigen Kosten anzuordnen. Das sind der Gewinn des Vermieters oder Verpächters (einschließlich einer etwaigen Eigenkapitalverzinsung), etwaige Zinsen für eingesetztes Fremdkapital (diese Zinsen wären als Dauerschuldzinsen beim Mieter oder Pächter nicht abzugsfähig) sowie vom Vermieter oder Verpächter zu tragende besondere Verwaltungskosten.

Besonders bei nur jeweils kurzfristiger Vermietung – wie im vorliegenden Fall – können die für eine Überwachung des Gutes und des Mietzinseinganges, für die Zwischenlagerung und für etwaige Transporte beim Vermieter oder Verpächter anfallenden besonderen Verwaltungskosten erheblich sein. Das gilt ebenfalls für die Fremd- oder Eigenkapitalzinsen. Diese müssen auch für die Zeit einkalkuliert werden, in der das Gut zwischen zwei Vermietungen ungenutzt bleibt.

Unter Einberechnung der genannten im Miet- oder Pachtzins einkalkulierten Kosten erscheint die Zurechnung eines pauschalen Satzes von 50 v. H. der Miet- oder Pachtzinsen nicht willkürlich.

Verstöße gegen Art. 1 Abs. 3, 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14, 19 Abs. 3, 20 Abs. 1 und 28 Abs. 1 GG sind nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1677223

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