Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Schankerlaubnissteuer für Zweitbetriebe

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Verfassungsmäßigkeit der Verdoppelung der Schankerlaubnissteuer für Zweitbetriebe.

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Bei der Erschließung von Steuerquellen hat der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sie endet dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Tatbestände, an die verschiedene Steuersätze geknüpft werden, nicht mit der am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist.
  • Es ist noch mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG sich ergebenden Gebot der Steuergerechtigkeit vereinbar, daß der Satzunggeber die Verdoppelung der Steuer an den Betrieb von zwei oder mehreren Gaststätten anknüpft, so daß der Inhaber von zwei kleineren Betrieben unter Umständen höher besteuert wird als der Inhaber eines größeren Betriebs.
 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 Nr. 1; GAG BY Art. 6 Abs. 1; GemO BY Art. 23

 

Verfahrensgang

BVerwG (Beschluss vom 08.12.1967; Aktenzeichen VII B 103.64)

Bayerischer VGH (Urteil vom 30.04.1964; Aktenzeichen 66 IV 61)

 

Tatbestand

A.-I.

Nach der Satzung über die Erhebung einer Schankerlaubnissteuer in der Landeshauptstadt München (Schankerlaubnissteuersatzung) von 12. August 1959 (ABl. der Landeshauptstadt München 1959 S. 149) unterliegt die Erlangung der Erlaubnis zum Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft einer Steuer (Schankerlaubnissteuer). Die Steuer wird nach dem Betrag, der bei Verpachtung des Betriebs als Jahrespachteinnahme erzielt werden kann (nachhaltig erzielbarer Pachtertrag), errechnet.

§ 5 der Satzung lautet:

Höhe der Steuer

Die Steuer beträgt

von den ersten 1000 DM des erzielbaren Pachtertrages 5 vom Hundert,

von den weiteren 2000 DM des erzielbaren Pachtertrages 7,5 vom Hundert,

von den weiteren 2000 DM des erzielbaren Pachtertrages 12,5 vom Hundert,

von den weiteren 5000 DM des erzielbaren Pachtertrages 20 vom Hundert,

von den weiteren 10 000 DM des erzielbaren Pachtertrages 25 vom Hundert,

von dem darüber hinausgehenden Teil des erzielbaren Pachtertrages 30 vom Hundert.

§ 6 bestimmt:

Steuererhöhungen

(1) …

(2) Die Steuer nach den §§ 5 und 6 Abs. 1 erhöht sich ferner auf das Doppelte, wenn der Steuerpflichtige bereits eine andere Gast- oder Schankwirtschaft im Bundesgebiet betreibt oder betreiben läßt. Die Erhöhung tritt nur bis zu dem Betrag ein, der für die bisherigen Betriebe zusammen im Zeitpunkt des Entstehens der neuen Steuerschuld nach den §§ 5 und 6 festzusetzen wäre. Sie unterbleibt, wenn zwei Unternehmen weniger als zwölf Monate nebeneinander betrieben werden.

II.

Der Beschwerdeführer erhielt – nachdem er zunächst für seine Person auf eine an ihn und seine Ehefrau zum Betrieb der Gaststätte … im Jahre 1957 erteilte Erlaubnis verzichtet hatte – erneut am 23. September 1959 die Schankerlaubnis für die Fortführung und Ausdehnung der Großgaststätte … in München. Hierfür zog ihn das Stadtsteueramt mit Bescheid vom 3. Mai 1960 zu einer Schankerlaubnissteuer von noch … DM heran. Die aus einem nachhaltig erzielbaren Jahrespachtertrag von … DM errechnete Steuerschuld von … DM wurde gemäß § 6 Abs. 2 der Satzung auf das Doppelte erhöht, weil der Beschwerdeführer weitere Gaststätten in Kassel, Köln und Hannover betrieb. Auf diesen Betrag rechnete das Stadtsteueramt die von der Ehefrau des Beschwerdeführers auf Grund eines früheren unanfechtbaren Bescheides gezahlte Schankerlaubnissteuer von … DM an.

Widerspruch, Klage, Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und Nichtzulassungsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht blieben ohne Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht führt aus: Die Stadt München sei zur Erhebung der Schankerlaubnissteuer zuständig. Die Verdoppelung der Steuer nach § 6 Abs. 2 der Satzung sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. § 6 Abs. 2 der Satzung berücksichtige sachgerecht die erhöhte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, die sich in dem Betrieb mehrerer Gast- oder Schankwirtschaften ausdrücke. Es sei zulässig, die Allgemeinheit durch eine besondere einmalige Steuer an dem Nutzen zu beteiligen, den Wirte aus dem Alkoholkonsum der Bevölkerung ziehen könnten, weil dem entsprechenden Interesse des Wirts nicht unerhebliche gesundheitspolitische, sozialpolitische und volkswirtschaftliche Interessen der Allgemeinheit entgegenstünden. Diese Gesichtspunkte ließen es zu, die Steuer für die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer zweiten Gaststätte danach zu bemessen, in welchem Umfang der Steuerpflichtige insgesamt Nutzen aus dem Alkoholverbrauch ziehen könne, und so die größere Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Diese Motivation habe der Gesetzgeber auch folgerichtig durchgeführt.

§ 6 Abs. 2 der Satzung verletze auch nicht Art. 12 Abs. 1 GG und den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

III.

Mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 105 Abs. 2 Nr. 1 GG (a. F.).

Die angefochtenen Entscheidungen rechtfertigten § 6 Abs. 2 der Satzung damit, daß die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen durch die Führung eines zweiten oder mehrerer Betriebe gestärkt werde. Dabei werde die Leistungskraft des Steuerpflichtigen ausschließlich davon abhängig gemacht, ob er neben dem neu zugelassenen Betrieb noch einen oder mehrere gleichartige Betriebe unterhalte. Daß der Inhaber eines solchen Betriebs ein leistungsfähiger Großunternehmer in einer anderen Branche sein könne, scheide bei der Beurteilung der verstärkten Leistungskraft zu Unrecht aus. Diese Auslegung des Begriffs Leistungskraft führe zu einer ungleichmäßigen, sachfremden und willkürlichen Besteuerung.

Durch die Verdoppelung der Steuer werde die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, da es den Berufsbewerbern dadurch in aller Regel wirtschaftlich unmöglich gemacht werde, den gewählten Beruf zur Grundlage der Lebensführung zu machen.

Auch Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG (a. F.) sei verletzt. Es sei mit dem Begriff “Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis” unvereinbar, daß ein außerhalb der Gemeinde gelegenes Objekt, das schon einmal der gleichen Steuer zugrunde gelegen habe, noch einmal als Bemessungsgrundlage herangezogen werde. Nicht nur der Steuergrund, sondern auch die Steuerhöhe müßten auf Vorgänge, Gegebenheiten und Belegenheiten innerhalb der Gemeinde beschränkt sein; auf die Existenz von Betrieben, die außerhalb der steuererhebenden Gemeinde lägen, dürfe deshalb nicht abgestellt werden.

IV.

Nach Ansicht des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt München ist die Verfassungsbeschwerde nicht begründet. Nach statistischen Erhebungen des Stadtsteueramts sei die Verdoppelung der Steuer insbesondere nicht geeignet, die Berufswahl entscheidend zu beeinflussen.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet.

I.

Die Schankerlaubnissteuer ist in der Schankerlaubnissteuersatzung der Landeshauptstadt München vom 12. August 1959 als Verkehrsteuer ausgestaltet. Sie knüpft nach § 1 der Satzung an einen Verkehrsvorgang, an die Erlangung der Erlaubnis zum Betrieb einer Gast- oder einer Schankwirtschaft an. Gegenstand der Besteuerung ist die mit der Erlaubnis verbundene wirtschaftlich relevante Erwerbsposition, die es dem Betroffenen gestattet, das Bedürfnis der Bevölkerung nach Geselligkeit, Entspannung und Genuß alkoholischer Getränke zur Erwerbsquelle zu machen (BVerfGE 13, 181 [193]).

Auch die Verdoppelung der Steuer führt nicht dazu, daß sie ihren Charakter als Steuer verliert. Sie widerspricht nicht dem ihr begrifflich zukommenden Zweck, Steuereinnahmen zu erzielen, geht also nicht ersichtlich darauf aus, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine erdrosselnde Wirkung praktisch unmöglich zu machen (BVerfGE 16, 147 [161]).

Einmal werden Steuerpflichtige, die bereits eine Schankwirtschaft betreiben, nicht ausnahmslos mit der doppelten Steuer belastet. Die Verdoppelung tritt vielmehr nur bis zu dem Betrag ein, der für die Betriebe zusammen bei normaler einfacher Besteuerung im Zeitpunkt des Entstehens der neuen Steuerschuld festzusetzen wäre. Die Verdoppelung unterbleibt auch, wenn zwei Unternehmen weniger als zwölf Monate nebeneinander betrieben werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Satzung). Die Steuer ermäßigt sich ferner auf die Hälfte (§ 7 Abs. 4), wenn der Steuerpflichtige innerhalb des letzten Jahres für eine andere Gast- oder Schankwirtschaft bereits eine Steuer nach der Schankerlaubnissatzung der Stadt München entrichtet hat. Es wird somit auf die Größe der Betriebe, auf das zeitliche Nebeneinanderbestehen und auf den zeitlichen Zusammenhang der Errichtung mehrerer Betriebe innerhalb der Landeshauptstadt Rücksicht genommen.

Die Verdoppelung der Steuer bewirkt zwar, daß sich die Rentabilitätsgrenze für die Betriebe erhöht. Selbst wenn im Einzelfall die Schankerlaubnissteuer zu einem negativen Ergebnis des Betriebs im ersten Geschäftsjahr führen sollte, so ist doch zu berücksichtigen, daß es sich um eine einmalige Steuer handelt, so daß die Ergebnisse der nächsten Geschäftsjahre diesen Anlaufverlust mittragen (vgl. BVerfGE 13, 181 [189 f.]; BayVGH (n. F.), 8. Band, 1955, S. 89). Der Steuerpflichtige kann auch bilanzmäßig die steuerliche Belastung auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilen (RFH, Bd. 30, S. 142).

Nach den von der Stadt München vorgelegten statistischen Erhebungen tritt im allgemeinen durch die Verdoppelung keine unangemessene wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen ein. Die finanzamtlichen Richtsätze zeigen, daß die Reingewinne für Gaststättenbetriebe in Bayern zwischen 7 und 15 vom Hundert des Umsatzes, im Durchschnitt bei 10 vom Hundert liegen, während die Schankerlaubnissteuer auch bei voller Verdoppelung in keinem der herangezogenen vergleichbaren Fälle 4 vom Hundert erreicht hat oder erreicht hätte. Es kann deshalb nicht davon gesprochen werden, daß die Schankerlaubnissteuer die Eröffnung eines zweiten Betriebs in aller Regel wirtschaftlich unmöglich macht (vgl. BVerfGE 17, 135 [137]).

II.

Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluß vom 30. Oktober 1961 (BVerfGE 13, 181 ff.) entschieden, daß die Erhebung von Schankerlaubnissteuer durch einen Landkreis auf Grund einer landesgesetzlichen Ermächtigung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die in dieser Entscheidung angestellten verfassungsrechtlichen Erwägungen reichen auch aus, um die Verdoppelung der Schankerlaubnissteuer nach § 6 Abs. 2 der Schankerlaubnissteuersatzung in den Fällen zu rechtfertigen, in denen der Steuerpflichtige bereits eine andere Gast- oder Schankwirtschaft im Bundesgebiet betreibt oder betreiben läßt.

1. Art. 12 Abs. 1 GG, der als Maßstabsnorm für die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Regelung in Betracht kommt (BVerfGE 13, 181 [184 ff.]), ist durch die Heranziehung des Beschwerdeführers zu der verdoppelten Schankerlaubnissteuer nicht verletzt.

a) Auch die Vorschriften über eine Verdoppelung der Schankerlaubnissteuer in der hier vorliegenden Art sind durch die Kompetenz der Länder gedeckt und bilden daher eine gesetzliche Grundlage für Eingriffe in das Grundrecht nach Art. 12 Abs. 1 GG. Die Ermächtigung zum Erlaß einer Schankerlaubnissteuersatzung ist in Art. 6 Abs. 1 des bayerischen Gemeindeabgabengesetzes vom 20. Juli 1938 (BayBS I S. 553) – GAG – und in Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern vom 25. Januar 1952 (BayBS I S. 461) – BayGemO – enthalten. Nach § 6 Abs. 1 GAG können u. a. die kreisfreien Gemeinden eine Steuer “auf die Erlangung der Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft, Schankwirtschaft, … erheben (Schankerlaubnissteuer)”, und zwar gemäß Art. 23 BayGemO durch Satzung. Wie das Bundesverfassungsgericht in der erwähnten Entscheidung ausgeführt hat (S. 190 ff.), waren die Länder im Zeitpunkt des Erlasses des bayerischen Gemeindeabgabengesetzes nach der in der Weimarer Reichsverfassung getroffenen Kompetenzverteilung befugt, gesetzliche Ermächtigungen zum Erlaß von Schankerlaubnissteuerordnungen zu erlassen. Dies trifft auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes zu. Ob es sich bei der Schankerlaubnissteuer, insbesondere auch bei ihrer Anknüpfung an außerhalb Bayerns gelegene Bemessungsgrundlagen um eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis handelt, kann auch hier dahingestellt bleiben, da der Bund von einer etwaigen konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht hat (BVerfGE 13, 181 [195 f.]).

b) Wie bereits dargelegt, macht die (erhöhte) Steuer ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach den von dem Betroffenen gewählten Beruf nicht in aller Regel wirtschaftlich unmöglich (vgl. BVerfGE 13, 181 [186]). Den an eine reine Berufsausübungsregelung zu stellenden Anforderungen genügt die Verdoppelung der Steuer.

Sie wird durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls ausreichend gerechtfertigt. Die Einnahmen aus dem Ausschank alkoholischer Getränke stellen bei Gast- und Schankwirtschaften erfahrungsgemäß den größeren Teil des Umsatzes an Getränken dar. Es kann davon ausgegangen werden, daß sich durch das organisatorische Zusammenwirken gleichartiger Betriebe und die einheitliche Unternehmensführung wirtschaftliche Vorteile (Kostendegression, Einkaufs- und Werbevorteile, Erfahrungs- und Warenaustausch, Nutzung örtlicher Vorteile u. a.) ergeben. Unter dem Blickpunkt der Berufsausübungsregelung ist es deshalb gerechtfertigt, die Allgemeinheit durch eine den Normalsatz übersteigende Steuer an dem aus einem vermehrten Alkoholkonsum gezogenen gesteigerten Nutzen zu beteiligen.

Bei Berücksichtigung der oben dargestellten Beschränkungen und Ermäßigungen der Steuer verstößt diese auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der steuerliche Eingriff ist weder der Art noch der Höhe nach unangemessen. Bei der Regelung nach § 5 der Satzung wird die Steuerschuld nur nach der Größe eines Betriebs beurteilt. Mit steigender Betriebsgröße kommt der Betroffene in eine höhere Progressionsstufe. Diese Tarifgestaltung beruht auf der Annahme, daß mit der Größe des Betriebs der aus dem Alkoholkonsum zu ziehende Nutzen steigt. Bei Eröffnung eines weiteren Betriebs wird für die steuerliche Erfassung dieser Betrieb nicht dem ersten Betrieb zugerechnet mit der Folge, daß sich die Berechnungsgrundlage erhöht und die aus der Progression sich ergebende erhöhte Steuer erhoben wird. Mit der oben beschriebenen Ausgestaltung der Verdoppelung wird vielmehr lediglich die Progression über die Progressionsspitze des § 5 der Satzung hinausgeführt, das System also nicht verlassen.

2. Die Heranziehung des Beschwerdeführers zu erhöhten Steuern nach § 6 Abs. 2 der Satzung verletzt auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Der Gesetzgeber durfte die Verdoppelung der Schankerlaubnissteuer auf den Fall beschränken, daß der Steuerpflichtige innerhalb des Bundesgebietes gleichartige Betriebe bewirtschaftete. Gesundheitspolitische, sozialpolitische und volkswirtschaftliche Interessen rechtfertigen es, gerade die Eröffnung einer Gast- oder Schankwirtschaft im Gegensatz zu der Eröffnung anderer Gewerbe zu besteuern. Aus den gleichen Erwägungen war es auch sachgerecht, wenn die Steuererhöhung nur in den Fällen Platz greift, in denen durch Eröffnung einer weiteren Gast- oder Schankwirtschaft der Nutzen gerade aus dem Alkoholkonsum vergrößert wird.

b) Es ist auch noch mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG sich ergebenden Gebot der Steuergerechtigkeit vereinbar, daß der Satzunggeber die Verdoppelung der Steuer an den Betrieb von zwei oder mehreren Gaststätten anknüpft, so daß der Inhaber von zwei kleineren Betrieben unter Umständen höher besteuert wird als der Inhaber eines größeren Betriebs.

Bei der Erschließung von Steuerquellen hat der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sie endet dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Tatbestände, an die verschiedene Steuersätze geknüpft werden, nicht mit der am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist (BVerfGE 19, 354 [367 f.]). Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (Willkürverbot) kann das Bundesverfassungsgericht nachprüfen. Sie sind in der Satzung eingehalten, da die verschiedene Behandlung jedenfalls nicht willkürlich ist. Der Steuerpflichtige, der bereits eine Gast- oder Schankwirtschaft im Bundesgebiet betreibt, erlangt durch die Erlaubnis zum Betrieb einer weiteren Gast- oder Schankwirtschaft eine Erwerbsposition, die gegenüber der Erlaubnis zum Betrieb einer ersten Gast- oder Schankwirtschaft Besonderheiten aufweist.

Der Unternehmer, der sich bereits auf dem Markt befindet, besitzt gegenüber einem potentiellen Berufsbewerber einen wirtschaftlichen Vorsprung. Er kann Nutzen aus seinen Kenntnissen und Erfahrungen als Wirt ziehen und bestehende Geschäftsverbindungen intensivieren. Die Eröffnung eines weiteren gleichartigen Betriebs durch denselben Unternehmer führt in der Regel im Hinblick auf die Kostendegression und den wirtschaftlichen Hintergrund, den die bereits bestehenden gleichartigen Betriebe bilden, zu Kostenvorteilen. Unternehmer dieser Art besitzen dadurch günstigere Startbedingungen. Sie können auch das Eröffnungsrisiko und die Anlaufkosten in der Regel geringer halten, da der neue Betrieb Teil eines einheitlichen Unternehmens wird und da ihnen die Marktverhältnisse und die betrieblichen Erfordernisse besser bekannt sind. Der Satzunggeber konnte auch annehmen, daß jeder weitere Betrieb in einer Hand die Konkurrenz vermindert und damit die Erfolgschancen erhöht. Ein solcher Wirt kann in der Lage sein, insgesamt einen höheren Nutzen aus dem Alkoholkonsum zu ziehen, da die Intensivierung des Wirtschaftsbetriebs durch das Zusammenwirken mehrerer gleichartiger Betriebe unter einheitlicher Unternehmensführung (Werbemaßnahmen, Ausnutzung räumlicher Vorteile, Eingehen auf die Ansprüche verschiedener Verbraucherkreise, einheitlicher Service usw.) auch auf die Dauer gesehen zu einer vorteilhafteren Position gegenüber Einzelbetriebsunternehmen führt.

Diese Gründe reichen aus, um die verschiedene Behandlung von Einzel- und Mehrbetriebsunternehmen zu rechtfertigen.

 

Fundstellen

BVerfGE, 327

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