Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Anspruch. Ruhen. Beginn. Dauer. Zeitraum. Urlaub. Abgeltung. Urlaubsabgeltung. Beschäftigung. Beschäftigungsverhältnis. Arbeitsverhältnis. Beendigung. Auslegung. Analogie. Doppelleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zahlung einer Urlaubsabgeltung wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses führt auch dann zum Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs, wenn das Arbeitsverhältnis formal fortbesteht.

 

Normenkette

AFG § 117 Abs. 1, 1a, 3a; BUrlG § 7 Abs. 4

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 30.05.1994; Aktenzeichen L 10 Ar 645/93)

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.02.1993; Aktenzeichen S 7 Ar 1559/90)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. Mai 1994 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 4. Januar bis 13. Februar 1990 wegen einer zur Abgeltung von Urlaub geleisteten Zahlung des Arbeitgebers ablehnen durfte.

Die Klägerin war ab August 1982 als Pflegehelferin im St. K…. in Frankfurt/Main beschäftigt. Wegen Arbeitsunfähigkeit bezog sie vom 28. Juli 1988 bis 3. Januar 1990 (sog Aussteuerung) Krankengeld. Im Einvernehmen mit der Klägerin zahlte ihr der Arbeitgeber Anfang 1990 einen Betrag von 3.152,16 DM, mit dem Urlaub für das Jahr 1989 abgegolten werden sollte und dessen Berechnung 36 Urlaubstage à 87,56 DM zugrunde lagen (Abrechnung vom 13. Februar 1990).

Bereits am 27. Dezember 1989 hatte die Klägerin sich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und mit Wirkung zum 4. Januar 1990 Alg beantragt. Eine arbeitsamtsärztliche Untersuchung vom 28. Dezember 1989 ergab, daß die Klägerin in ihrem Beruf als Pflegehelferin wegen verschiedener orthopädischer Befunde nicht mehr arbeiten könne. Dieser Beruf sei ihr gesundheitlich auf Dauer nicht mehr zumutbar; jedoch könne sie leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung noch vollschichtig verrichten.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin Alg ab 14. Februar 1990 für 832 Wochentage. Für die Zeit vom 4. Januar bis 13. Februar 1990 lehnte sie die Zahlung mit der Begründung ab, der Anspruch habe in dieser Zeit wegen Zahlung einer Urlaubsabgeltung geruht (Bescheide vom 22. und 26. Februar 1990, Widerspruchsbescheid vom 19. April 1990).

Während des Klageverfahrens vereinbarte die Klägerin mit dem Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1990. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 4. Januar bis 13. Februar 1990 Alg zu gewähren (Urteil vom 18. Februar 1993 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 14. Juli 1993). Das Landessozialgericht (LSG) hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Mai 1994). Zur Begründung ist ausgeführt worden, daß in den Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses beendet worden sei, § 117 Abs 1a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) analog anzuwenden sei und eine gezahlte Urlaubsabgeltung zum Ruhen des Alg-Anspruchs führe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 117 Abs 1a AFG. Sie macht geltend, ein Ruhen des Alg-Anspruchs sei nicht eingetreten. Aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1990 habe sie keine Urlaubsabgeltung erhalten. Die Abgeltung sei für das Jahr 1989 und im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt worden. Dieser Fall werde nicht von § 117 Abs 1a AFG erfaßt. Eine analoge Anwendung dieser Norm scheide wegen der klaren gesetzlichen Regelung aus. Der Gesetzgeber unterscheide in den verschiedenen Ruhenstatbeständen eindeutig zwischen einem Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis. Es könne nicht unterstellt werden, daß er den Begriff des Arbeitsverhältnisses in § 117 Abs 1a AFG irrtümlich gewählt habe. Auch eine Anwendung des § 117 Abs 1 AFG scheide aus. Wolle man eine Urlaubsabgeltung bedenkenlos als Arbeitsentgelt betrachten, wäre die Unterscheidung von Abs 1 und Abs 1a des § 117 AFG überflüssig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Berufungsurteil entspreche den Intentionen des Gesetzgebers, wie sie in den Begründungen zur Einfügung des Abs 1a und Abs 3a in § 117 AFG zum Ausdruck gekommen seien.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist nicht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 22. und 26. Februar 1990 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1990, mit denen die Beklagte die Zahlung von Alg für die Zeit vom 4. Januar bis 13. Februar 1990 abgelehnt hat. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensverstöße stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend die Klage unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen.

Ob die Klägerin alle Voraussetzungen des § 100 Abs 1 AFG für den Bezug von Alg erfüllt hat, kann dahinstehen. Denn der geltend gemachte Anspruch hat jedenfalls während des hier allein streitigen Zeitraums vom 4. Januar bis 13. Februar 1990 geruht.

Rechtsgrundlage für den Ruhenseintritt ist § 117 AFG, von dessen verschiedenen Tatbeständen hier nur Abs 1 oder Abs 1a in Betracht kommen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG hat die Klägerin Anfang 1990, nachdem sie sich arbeitslos gemeldet hatte, ihr Arbeitsverhältnis aber noch fortbestand, von ihrem Arbeitgeber einen Betrag von 3.152,16 DM erhalten, mit dem dieser Urlaub für das Kalenderjahr 1989 abgegolten und die Zahlung entsprechend berechnet hat. Die Zuwendung ist ausdrücklich als Urlaubsabgeltung erfolgt und als solche von der Klägerin entgegengenommen worden. Es handelt sich daher schon nach der Art der Leistung nicht um eine Abfindung iS des § 117 Abs 2 AFG (vgl hierzu BSG, Urteil vom 29. Juli 1993 – 11 RAr 17/92 –, DBIR Nr 4054 zu § 117 AFG), sondern um eine Leistung, die entweder von § 117 Abs 1a AFG, der Urlaubsabgeltungen betrifft, oder von § 117 Abs 1 AFG, der Arbeitsentgelt betrifft, erfaßt wird. Allerdings führen diese beiden Regelungen nach ihrem jeweiligen Wortlaut – bei isolierter Betrachtung – nicht zu einem Ruhen des Alg-Anspruchs. Gleichwohl muß nach Sinn und Zweck dieser in einem engen Zusammenhang stehenden Vorschriften der Eintritt eines Ruhenstatbestandes bejaht werden, wobei der Senat offenläßt, ob Abs 1a oder Abs 1 des § 117 AFG erweiternd auszulegen oder entsprechend anzuwenden sind.

Nach § 117 Abs 1a AFG ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat (Satz 1). Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses (Satz 2). Der Anwendung dieser Regelung steht vorliegend nicht bereits entgegen, daß die Klägerin nach urlaubsrechtlichen Vorschriften, jedenfalls nach den Maßstäben des hier einschlägigen § 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hatte, solange ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet war. Denn ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht nach § 7 Abs 4 BUrlG erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl hierzu BAGE 44, 75, 79; BAG AP Nrn 2 und 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; zu zulässigen tariflichen Abweichungen vgl BAG AP Nr 12 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAGE 53, 322, 325; 77, 291, 294 ff). Nach der 1. Alternative des § 117 Abs 1a Satz 1 AFG reicht es jedoch für den Eintritt des Ruhenstatbestandes aus, wenn der Arbeitnehmer, obwohl er keinen Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung hatte, dennoch eine Urlaubsabgeltung erhalten hat. Dafür, daß auch Leistungen, auf die der Arbeitnehmer nach urlaubsrechtlichen Vorschriften keinen Rechtsanspruch hat, Urlaubsabgeltungen sein können, spricht schon der Wortlaut des § 117 Abs 1a Satz 1 AFG. Das Tatbestandsmerkmal “erhalten hat” wäre neben dem Tatbestandsmerkmal “zu beanspruchen hat” überflüssig, wenn damit nicht eigenständige Sachverhalte erfaßt werden sollten, bei denen gerade kein urlaubsrechtlicher Anspruch besteht. Dem entsprechen Gesetzessystematik und Zweck des gesamten § 117 AFG, wie der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 1993, aaO).

Die unmittelbare Anwendung des § 117 Abs 1a AFG scheitert vielmehr daran, daß dessen Wortlaut sowohl in Satz 1 als auch in Satz 2 auf die Beendigung bzw das Ende des Arbeitsverhältnisses, nicht aber des Beschäftigungsverhältnisses abstellt. Anfang 1990 war aber das Arbeitsverhältnis der Klägerin noch nicht beendet. Die Abgeltung erfolgte vielmehr – wie noch darzulegen – allein wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (zum 3. Januar 1990). Diese ist weder mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zum 31. Dezember 1990) identisch noch kann sie nach dem Wortlaut der Bestimmung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichgestellt werden. Auch die zum 27. Juni 1993 in das Gesetz eingefügte Regelung des § 117 Abs 3a AFG (vgl Art 11 Nr 11 Buchst a, Art 43 Abs 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993, BGBl I 944) erlaubt im Rahmen des § 117 Abs 1a AFG keine derartige Gleichsetzung der beiden Rechtsverhältnisse. Denn die neue Regelung bezieht sich ausschließlich auf die Absätze 2 und 3 des § 117 AFG.

Obwohl die Zahlung der Urlaubsabgeltung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt ist, führt die in diesem Fall an sich einschlägige Regelung des § 117 Abs 1 AFG nach ihrem Wortlaut ebenfalls nicht zu einem Ruhen des Alg-Anspruchs. Danach ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhalten oder zu beanspruchen hat. Der Anwendung dieser Norm, die Entgeltzahlungen während der faktischen Beschäftigungslosigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses betrifft (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 11) steht nicht bereits entgegen, daß es sich bei der geleisteten Zahlung um eine Urlaubsabgeltung gehandelt hat. Auch bei dieser handelt es sich – wie beim Urlaubsentgelt – um Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – ≪SGB IV≫ (BSG, Urteil vom 29. Juli 1993, aaO, mwN) und damit auch um Arbeitsentgelt iS von § 117 Abs 1 AFG, jedenfalls soweit es für Zeiten vor beendetem Arbeitsverhältnis gezahlt wird. Auch ist es unerheblich, daß die Klägerin Anfang 1990 arbeitsrechtlich, jedenfalls nach § 7 Abs 4 BUrlG, keinen Anspruch auf die Zahlung einer Urlaubsabgeltung hatte, weil ihr Arbeitsverhältnis fortbestand. Auch im Rahmen des § 117 Abs 1 AFG führt bereits die tatsächliche Zahlung von Arbeitsentgelt – unabhängig von dem Bestehen eines Rechtsanspruchs – zum Ruhen des Alg. Allerdings bezieht sich die Ruhenswirkung des § 117 Abs 1 AFG auf einen Zeitraum, “für” den Arbeitsentgelt gezahlt oder geschuldet wird. Eine Zahlung, mit der Urlaub abgegolten werden soll, erfolgt aber nicht ohne weiteres “für einen bestimmten Zeitraum”. Die Urlaubsabgeltung ist Surrogat des Urlaubsanspruchs und tritt als Entschädigung für nicht realisierten Urlaub an die Stelle der Freizeitgewährung, wenn diese wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist. Als Entschädigungsleistung ist die Urlaubsabgeltung daher nur dann einem bestimmten Zeitraum zuzuordnen, wenn die Beteiligten Entsprechendes vereinbart haben oder – mangels einer entsprechenden Vereinbarung – auf eine gesetzliche Regelung zurückgegriffen werden kann, wie sie in § 117 Abs 1a AFG für Beginn und Dauer des durch die Urlaubsabgeltung bewirkten Ruhenszeitraums vorgesehen ist.

Obwohl mithin weder Abs 1 noch Abs 1a des § 117 AFG nach ihrem Wortlaut zu einem Ruhen führen, muß nach Sinn und Zweck dieser beiden Regelungen, die in einem engen inneren und systematischen Zusammenhang stehen, der Eintritt eines Ruhenstatbestandes auch dann bejaht werden, wenn – wie hier – wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses eine Zahlung erfolgt ist, die der Arbeitgeber zur Abgeltung von Urlaub erbracht und der Arbeitnehmer entgegengenommen hat. Beiden Vorschriften liegt der Gedanke zugrunde, daß ein Arbeitsloser noch keiner Leistungen der Arbeitslosenversicherung bedarf, solange er Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat. Dieser Regelungszweck wird durch die Entstehungsgeschichte verdeutlicht.

Der durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) eingefügte Abs 1a sollte das bis daher geltende Recht ergänzen; die Rechtsfolge des § 117 Abs 1 AFG soll künftig auch dann eintreten, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhält oder zu beanspruchen hat. Damit sollte ausgeschlossen werden, daß der Arbeitslose neben dem in Form der Urlaubsabgeltung gezahlten Arbeitsentgelt Alg erhält. In Ergänzung des Abs 1 sollte die gleiche Ruhensfolge im Anschluß an das Arbeitsverhältnis für die Dauer des abgegoltenen Urlaubs eintreten, weil es im Interesse der Versichertengemeinschaft nicht gerechtfertigt sei, daß der Arbeitslose neben dem Arbeitsentgelt zusätzlich eine Lohnersatzleistung beziehe (vgl die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks 9/846, zu Nr 35 Buchst a, Seite 44). Dieser Zweck trifft nicht nur für den Fall zu, daß der Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält, sondern gleichermaßen auch auf den Fall, daß der Arbeitgeber eine derartige Leistung bereits vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses – wie möglicherweise hier – ohne Rechtsgrund bzw freiwillig erbringt und der Arbeitnehmer diese Leistung annimmt. Denn in beiden Fallgruppen steht dem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt zur Verfügung, mit dem er etwa auch den früher entgangenen Urlaub nachholen kann (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 4). Was insoweit für eine nach beendetem Arbeitsverhältnis gezahlte Urlaubsabgeltung gilt, muß auch für eine solche vor dessen Beendigung gelten, weil ansonsten der Zweck der Gesamtregelung, Doppelleistungen umfassend zu vermeiden, verfehlt würde.

Der Senat läßt offen, ob im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes in Fällen der vorliegenden Art die Sonderregelung für die Urlaubsabgeltung in § 117 Abs 1a AFG oder die Grundregelung in Abs 1 erweiternd auszulegen oder entsprechend anzuwenden ist. Denn in jedem Fall ruht das Alg für die Dauer des abgegoltenen Urlaubs, beginnend mit dem Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Dabei mag in Fällen, in denen der Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung in der irrtümlichen Annahme der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt hat, eine Anwendung des Abs 1a näherliegen. Hingegen mag in Fällen, in denen der Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung in Kenntnis des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses gezahlt hat, etwa weil er sich zu dieser Zahlung verpflichtet glaubte oder die Urlaubsabgeltung auch ohne Rechtsgrund erbringen wollte, eine Anwendung des § 117 Abs 1 AFG eher in Betracht kommen, wobei sich die erweiternde Auslegung in diesem Fall auf die Regelung des Abs 1a bezieht, soweit dort Beginn und Dauer des durch die Urlaubsabgeltung bewirkten Ruhenszeitraums bestimmt sind. Welche der aufgezeigten Sachverhaltsvarianten im vorliegenden Fall gegeben ist, läßt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Insoweit bedarf es jedoch keiner Zurückverweisung an das LSG, weil – wie ausgeführt – in jedem Fall der Alg-Anspruch für die Dauer des abgegoltenen Urlaubs, beginnend mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses, geruht hat.

Die Annahme des LSG, das Beschäftigungsverhältnis sei zum 3. Januar 1993 beendet worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit kommt es auf eine Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse an (BSG SozR 3-4100 § 101 Nrn 4 und 5). Das LSG hat zutreffend darauf abgestellt, daß mit Ablauf des 3. Januar 1990 nicht nur die Krankengeldzahlung aufgrund sogenannter Aussteuerung geendet hat, sondern die Klägerin sich zum 4. Januar 1990 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat, nachdem arbeitsamtsärztlich festgestellt war, daß sie ihre bisherige Arbeit nicht mehr verrichten könne. Als weiteres Indiz dafür, daß der Arbeitgeber von diesem Zeitpunkt an auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet hat und beide Beteiligten von einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen sind, konnte ferner der Umstand gewertet werden, daß der Arbeitgeber (nur noch) eine Urlaubsabgeltung gezahlt hat und keine weiteren Entgeltansprüche mehr erfüllt oder gefordert worden sind.

Ist das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 3. Januar 1990 beendet worden, hat der Ruhenszeitraum entsprechend § 117 Abs 1a Satz 2 AFG am 4 Januar 1990 begonnen. Seine Dauer richtet sich entsprechend § 117 Abs 1a Satz 1 AFG nach der Dauer des abgegoltenen Urlaubs. Da nach den Feststellungen des LSG 36 Urlaubstage (6 mal 6 Werktage) abgegolten worden sind. hat der Ruhenszeitraum jedenfalls bis zum 13. Februar 1990 gedauert. Dabei kann der Senat offenlassen, wie im einzelnen der Ruhenszeitraum bei einer Urlaubsabgeltung zu berechnen wäre, die sich nicht – wie offensichtlich im vorliegenden Fall – nach Werktagen, sondern nach Arbeitstagen bemißt. Denn die vorliegende Berechnung ist insoweit für die Klägerin die günstigere.

Nach allem konnte die Revision keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 955693

DStR 1998, 386

NWB 1997, 674

AuA 1998, 254

SozSi 1998, 76

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