Gesetzestext

 

(1) 1Hat dem Schuldenbereinigungsplan mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger zugestimmt und beträgt die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der benannten Gläubiger, so ersetzt das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners die Einwendungen eines Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine Zustimmung. 2Dies gilt nicht, wenn

1. der Gläubiger, der Einwendungen erhoben hat, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird oder
2. dieser Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde; hierbei ist im Zweifel zugrunde zu legen, dass die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Schuldners zum Zeitpunkt des Antrags nach Satz 1 während der gesamten Dauer des Verfahrens maßgeblich bleiben.

(2) 1Vor der Entscheidung ist der Gläubiger zu hören. 2Die Gründe, die gemäß Absatz 1 Satz 2 einer Ersetzung seiner Einwendungen durch eine Zustimmung entgegenstehen, hat er glaubhaft zu machen. 3Gegen den Beschluss steht dem Antragsteller und dem Gläubiger, dessen Zustimmung ersetzt wird, die sofortige Beschwerde zu. 4§ 4a Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Macht ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, ob eine vom Schuldner angegebene Forderung besteht oder sich auf einen höheren oder niedrigeren Betrag richtet als angegeben, und hängt vom Ausgang des Streits ab, ob der Gläubiger im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern angemessen beteiligt wird (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1), so kann die Zustimmung dieses Gläubigers nicht ersetzt werden.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Beim Versuch einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines entsprechenden Vergleichs, der mit seinen Gläubigern zu treffen ist, ist der Schuldner auf die Zustimmung aller Gläubiger angewiesen. Der Versuch scheitert schon bei einer Einwendung eines Gläubigers endgültig. Deshalb bietet das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren in § 309 die Möglichkeit einer Zustimmungsersetzung, d.h. die verweigerte Zustimmung einzelner Gläubiger kann durch eine Zustimmung des Insolvenzgerichts ersetzt werden.

 

Rn 2

Die Vorschrift bezweckt mit der "Ersetzung der Zustimmung" die Förderung gütlicher Einigungen und damit eine Entlastung der Gerichte.[1] Sie will das Blockadepotential einzelner Gläubiger brechen, um zu verhindern, dass sich diese ihre Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan durch die Gewährung von Sondervorteilen abkaufen lassen.[2] Daher sollen obstruktive Verweigerungen der notwendigen Zustimmung einzelner Gläubiger zum gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan durch eine gerichtliche Ersetzung der Zustimmung geändert werden können, wenn die in § 309 geregelten Voraussetzungen und ein Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers vorliegen. Dissentierenden Gläubigern soll aber kein Sonderopfer zum Wohle der Gläubigermehrheit auferlegt werden.[3] Gläubiger, deren Zustimmung ersetzt werden soll, dürfen mithin nicht weniger erhalten als andere, rechtlich gleichgestellte Gläubiger. Ferner dürfen sie nicht schlechter gestellt werden, als sie bei der Entscheidung über die Anträge auf Verfahrenseröffnung und Restschuldbefreiung stünden.[4] Eine Vorläuferregelung enthält § 181 KO zum Zwangsvergleich.

 

Rn 3

Die Zustimmungsersetzung ebnet dem antragstellenden Schuldner bei Erfüllung seines Plans den Weg in die Schuldenfreiheit. Kann die Zustimmung auch nur eines widersprechenden Gläubigers nicht ersetzt werden, wird das Verfahren nach § 311 fortgesetzt.[5]

 

Rn 4

Eine vergleichbare Regelung enthält § 245 für das Insolvenzplanverfahren. Das Schuldenbereinigungsplanverfahren ist aber weniger komplex und erfordert keine Abstimmung nach Gruppen. Dafür erfolgt die Zustimmungsersetzung im Insolvenzplanverfahren über eine gesetzliche Fiktion ("Auch wenn die erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht worden sind, gilt die Zustimmung einer Abstimmungsgruppe als erteilt…", § 245 Abs. 1), die jedoch Voraussetzung der gerichtlichen Planbestätigung gemäß § 248 ist und dort vom Gericht geprüft werden muss.

[1] Begr. Rechtsausschuss zu § 357 f = § 309, BT-Drs. 12/7302, S. 192.
[2] Zur strategischen Obstruktion: Smid, InVo 1996, 314, 315; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl., S. 617 ff.
[3] MünchKomm-Vuia, § 309 Rn. 3; Uhlenbruck-Sternal, § 309 Rn. 1.
[4] Begr. Rechtsausschuss zu § 357 f = § 309, BT-Drs. 12/7302, S. 192.
[5] BayObLG, ZInsO 2001, 170, 171.

2. Entstehungsgeschichte

 

Rn 5

Die Vorschrift hat ihren Ursprung in dem Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages, ein Verbraucherinsolvenzverfahren in die InsO einzufügen (vgl. auch die Kommentierung bei § 304 Rdn. 8).[6] Mit dem Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze (EGInsOÄndG) vom 19. Dezember 1998[7] ist in Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 noch das Wort "voraussichtlic...

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