Rn 7

Lediglich die Abberufung und Neubestellung der Mitglieder der Geschäftsleitung soll weiterhin durch die gesellschaftsrechtlich zuständigen Organe durchgeführt werden. Der Gesetzgeber hielt weder das Insolvenzgericht noch den Sachwalter für geeignet, bezüglich dieser Entscheidung an die Stelle der Gesellschaftsorgane zu treten.[6] Die Wortwahl "Abberufung und Neubestellung" weisen darauf hin, dass sich die Befugnis auf die Begründung oder Aufhebung der Organstellung beschränkt, nicht jedoch auf den Abschluss des daneben üblicherweise bestehenden Dienstvertrages.[7] Für diese enge Auslegung spricht auch, dass sonst das Überwachungsorgan Verbindlichkeiten des Schuldners begründen könnte, die als Masseverbindlichkeit zu bedienen wären. Für den Abschluss des Dienstvertrages kommt lediglich der Sachwalter in Betracht, der hierzu die Gläubigerversammlung abstimmen lassen kann.

 

Rn 8

Die Abberufung oder Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung bedarf darüber hinaus nach Satz 2 zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Sachwalters. Die – annahmebedürftige – Bestellung einer Person zum Organ der Gesellschaft ist ein körperschaftlicher Akt.[8] § 182 BGB, der für die Zustimmung zu Verträgen oder einseitigen Rechtsgeschäften gilt, ist dafür nicht unmittelbar anwendbar. Es fehlt daher eine Regelung, wem gegenüber die Zustimmungserklärung vom Sachwalter abzugeben ist. In Betracht kommt eine Abgabe gegenüber dem beschließenden Gesellschaftsorgan, dem zu bestellenden Geschäftsführer, einem anderen Geschäftsführer oder auch gegenüber dem Gericht. Sinnvollerweise wird das beschließende Organ die Zustimmung des Sachwalters bereits vor ihrem Beschluss einholen und diesem zugrunde legen. Dann ist dem Kontrollbedürfnis, das im Eigenverwaltungsverfahren gegeben ist, jedenfalls genügt. Aber auch eine Erklärung gegenüber der zu bestellenden Person ist ausreichend. Maßgeblich ist, dass das Registergericht, das wegen der Mitteilung gemäß § 31 vom Insolvenzverfahren Kenntnis hat, vor der Eintragung im Handelsregister auch von der zu bestellenden Person über die Zustimmung in Kenntnis gesetzt werden kann. Die Eintragung der Veränderung im Handelsregister ist allerdings keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Veränderung.[9] Auch eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) der Abberufung oder Neubestellung ist möglich. Insbesondere kann die Bestellung durch das Organ auch unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung erfolgen, weil die Bestellung nicht bedingungsfeindlich ist.[10]

 

Rn 9

Der Sachwalter hat nach Abs. 3 die Zustimmung zu erteilen, wenn sie nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt. Nachteile können aber schon dann entstehen, wenn mit einer neu zu bestellenden Person keine Einigung über die zu bezahlende Vergütung herbeigeführt werden kann, weil in diesem Fall eine nachfolgende streitige Auseinandersetzung droht. Zwar setzt Abs. 3 keine besonders erheblichen Nachteile voraus, damit der Sachwalter die Zustimmung verweigern kann. Es ist aber der Zweck der Vorschrift zu beachten, der in der Missbrauchskontrolle liegt. Dieser rechtfertigt es, geringfügige Nachteile für die Zustimmungsentscheidung zu vernachlässigen. Unterlässt der Sachwalter die gebotene Zustimmung, kann sie vor den Zivilgerichten eingeklagt werden. Aktivlegitimiert ist dann der Schuldner, für den der amtierende Geschäftsführer auftreten kann.

 

Rn 10

Ein gesellschaftsrechtlicher Beschluss über die Neubesetzung der Geschäftsleitung kann auch in den Insolvenzplan aufgenommen werden,[11] vgl. § 225a Abs. 3. Eine Zustimmung des Sachwalters ist dann nicht erforderlich, weil der Beschluss nicht durch das gesellschaftsrechtlich zuständige Überwachungsorgan gefasst wurde und die Missbrauchskontrolle im Rahmen der Abstimmung über den Insolvenzplan erfolgt.

[6] Begr. RegE BT-Drs. 17/5712, S. 42.
[7] A.A. zum alten Recht AG Duisburg Beschluss vom 4.10.2005, 60 IN 136/02, NZI 2006, 112, [AG Duisburg 04.10.2005 - 60 IN 136/02] wonach jedenfalls auch keine Kompetenz des Insolvenzgerichts zur Entscheidung über die Vergütung der Geschäftsleitung des Schuldners gegeben ist.
[8] Goette, DStR 1998, 938; Henssler/Strohn-Oetker, Gesellschaftsrecht, 1. Aufl. 2011, § 6 GmbHG Rn. 36.
[9] Henssler/Strohn-Oetker, Gesellschaftsrecht, 1. Aufl. 2011, § 6 GmbHG Rn. 36.
[10] Henssler/Strohn-Oetker, Gesellschaftsrecht, 1. Aufl. 2011, § 6 GmbHG Rn. 36 mit Verweis auf BGH Urteil vom 24. 10. 2005, II ZR 55/04, ZIP 2005, 435.
[11] RegE BT-Drs. 17/5712, S. 42.

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