Entscheidungsstichwort (Thema)

Herausgabepflicht des Steuerberaters bei Konkurs des Auftraggebers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Vertrag geschuldete Arbeitsergebnisse des Steuerberaters (hier: Hauptabschlußübersicht nebst Umbuchungslisten) sind nicht „erlangt” im Sinne des § 667 BGB.

2. Zur Frage der Behandlung des vertraglichen Herausgabeanspruchs im Konkurs des Auftraggebers.

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn man davon ausgehen wollte, daß dem Konkursverwalter das Wahlrecht nach § 17 KO zustand, hat er dieses Recht durch das Herausgabeverlangen unter Verweigerung der Honorarzahlung im negativen Sinne ausgeübt und kann deshalb jedenfalls nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KO nicht auf Erfüllung bestehen.

 

Normenkette

StBerG § 33; BGB §§ 667, 675; KO § 17 Abs. 2 S. 2, § 23

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 04.08.1987; Aktenzeichen 25 U 173/86)

LG Arnsberg (Urteil vom 05.06.1986; Aktenzeichen 4 O 507/85)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der B. GmbH & Co. KG in S.. Der Beklagte war als Steuerberater für die Gemeinschuldnerin tätig. Der Kläger hat von dem Beklagten die Herausgabe der Hauptabschlußübersicht und der Umbuchungslisten verlangt, die dieser zur Erstellung der Jahresbilanz 1984 der Gemeinschuldnerin angefertigt hat. Der Beklagte hat die Herausgabe dieser Unterlagen verweigert, weil seine Honorarforderung nicht bezahlt worden ist. Der Kläger hat daraufhin eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Unterlagen erwirkt. Diese sind ihm im Wege der Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher am 28. November 1985 ausgehändigt worden. Der Kläger hat mit der am 20. Dezember 1985 erhobenen Klage im landgerichtlichen Verfahren beantragt, den Beklagten zur Herausgabe der Hauptabschlußübersicht und der Umbuchungslisten 1984 zu verurteilen, hilfsweise festzustellen, daß der Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses und der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung verpflichtet war, diese Unterlagen herauszugeben.

Das Landgericht hat den Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (StB 1988, 235). Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

I. Das Berufungsgericht hat allerdings die Feststellungsklage im Ergebnis zutreffend für zulässig erachtet. Der Kläger kann den Streit über das Bestehen des bereits vor Klageerhebung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzten Herausgabeanspruchs nur durch eine Feststellungsklage zur Entscheidung stellen (vgl. BGH Urteil vom 1. Juli 1987 – VIII ZR 194/86, WM 1987, 1313, 1314f.).

Die Feststellungsklage bezweckt auch nicht, wie die Revision meint, nur die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage. Der Beklagte hält das Herausgabeverlangen des Klägers nach wie vor für unrechtmäßig und hat weder auf sein Recht zum Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung (§§ 936, 924 ZPO) noch auf sein Recht, die Anordnung der Klageerhebung zu beantragen (§§ 936, 926 ZPO), verzichtet.

II. 1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus §§ 675, 667 BGB bejaht. Es hat u.a. ausgeführt:

Nach § 675 BGB sei der durch § 667 BGB begründete Herausgabeanspruch auch bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag gegeben. Dabei sei es unerheblich, ob die Geschäftsbesorgung in Form eines Dienst- oder eines Werkvertrages erfolge.

Bei den vom Kläger herausverlangten Unterlagen handele es sich um Gegenstände, die aus der Geschäftsbesorgung erlangt seien. Darunter falle alles, was in innerem Zusammenhang mit der Geschäftsbesorgung stehe. Dies gelte auch für Arbeitsunterlagen, die der Geschäftsbesorger selbst erstelle, um dadurch die von ihm geschuldete Leistung vorzubereiten.

2. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der zwischen dem Beklagten und der Gemeinschuldnerin geschlossene Vertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Dabei durfte es offen lassen, ob es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienst- oder Werkvertragscharakter handelt. Auch dann, wenn der Beklagte als Steuerberater – wie er behauptet – nicht allgemein mit der Wahrnehmung aller steuerlichen Interessen der Gemeinschuldnerin, sondern nur mit bestimmten Einzelaufgaben, wie der Erstellung eines Jahresabschlusses und der Verschmelzung der drei B.-Unternehmen betraut gewesen sein sollte, wäre ein Geschäftsbesorgungsvertrag anzunehmen. Unter Geschäftsbesorgung ist eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zu verstehen, für die ursprünglich der Geschäftsherr selbst zu sorgen hatte, die ihm aber durch einen anderen (den Geschäftsführer) abgenommen wird (BGHZ 45, 223, 228f. m.Nachw.). Die Erstellung einer Jahresabschlußbilanz stellt eine solche Tätigkeit dar.

b) Der Senat kann dem Berufungsgericht aber nicht folgen, soweit es einen Anspruch des Klägers nach §§ 675, 667 BGB bejaht.

Bei der Hauptabschlußübersicht 1984 mit den dazugehörenden Umbuchungslisten handelt es sich nicht um Unterlagen, die der Beklagte aus der Geschäftsbesorgung im Sinne von § 667 BGB „erlangt” hat. Sie stellen vielmehr ein (vertragliches) Arbeitsergebnis des Beklagten dar, das die Gemeinschuldnerin zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten benötigte und das der Beklagte ihr aufgrund des bestehenden Vertragsverhältnisses schuldete (vgl. BGH Urteil vom 17. Februar 1988 – IVa ZR 262/86, WM 1988, 627 = ZIP 1988, 442). Für diese rechtliche Beurteilung ist es ohne Belang, ob der Beklagte die Gemeinschuldnerin allgemein steuerlich beraten hat oder ob die Erstellung des Jahresabschlusses nur eine der ihm übertragenen konkreten Aufgaben darstellte.

Der danach ursprünglich gegebene vertragliche Herausgabeanspruch steht dem klagenden Konkursverwalter nicht zu. Es kann offen bleiben, ob der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten durch die Konkurseröffnung nach § 23 Abs. 2 KO erloschen ist oder ob diese Vorschrift – wie die Revision meint – nach ihrem Sinn und Zweck hier ausnahmsweise keine Anwendung findet, weil weitere Tätigkeiten des Beklagten für die Konkursmasse ohnehin nicht in Betracht kommen. Auch wenn man davon ausgehen wollte, daß die Konkurseröffnung keinen Einfluß auf das Fortbestehen des Vertrages hatte und dem Konkursverwalter das Wahlrecht nach § 17 KO zustand, hat er dieses Recht durch das Herausgabeverlangen unter Verweigerung der Honorarzahlung im negativen Sinne ausgeübt und kann deshalb jedenfalls nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KO nicht auf Erfüllung bestehen.

III. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, konnte der Senat die Klage unter Änderung der Urteile der Vorinstanzen abweisen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

 

Fundstellen

NJW 1989, 1216

NWB 2007, 3069

ZIP 1988, 1474

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