Leitsatz (amtlich)

1. Nach der subsidiär eingreifenden Regelung des RechnlG § 6 Abs 3 haben bei der Wahl des Abschlußprüfers in einer Personenhandelsgesellschaft alle Gesellschafter – in einer Kommanditgesellschaft auch die Kommanditisten – mitzuwirken.

2. Aus der Funktion der Abschlußprüfung und der Stellung des Abschlußprüfers als Gesellschaftsorgan folgt, daß seine Wahl nach dem Recht der Personenhandelsgesellschaften der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter bedarf, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen sind Kommanditisten, der Beklagte ist der persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft H. & K. in S.. Nach dem Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15. August 1969 (BGBl I S 1189 – nachstehend: PublG) ist die Gesellschaft verpflichtet, ihren Jahresabschluß offenzulegen. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, den Abschlußprüfer allein zu bestimmen, oder ob die Kommanditisten bei der Wahl des Abschlußprüfers ein Mitwirkungsrecht haben.

Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben – unter Abweisung der Klage im übrigen – festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist,

  1. Mit der nach dem Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen erforderlichen Prüfung der Jahresabschlüsse der Kommanditgesellschaft H. & K. nur einen von allen Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft gemeinsam gewählten oder – unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 4 und Abs 5 PublG – einen vom Gericht bestellten Abschlußprüfer zu beauftragen und
  2. als gemäß den Bestimmungen des Publizitätsgesetzes geprüfte Jahresabschlüsse der Kommanditgesellschaft H. & K. nur Jahresabschlüsse zu veröffentlichen, die von einem gemäß lit a gewählten oder bestellten Abschlußprüfer geprüft sind.

Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter. Die Klägerinnen beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag zu Recht als zulässig erachtet. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat er nicht nur die Rechtsfrage zum Gegenstand, welchen Inhalt und Zweck § 6 Abs 3 PublG hat. Es geht vielmehr um die Frage, welche Rechte und Pflichten im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Gesellschaftsverhältnisses aus § 6 PublG erwachsen.

II. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß der Beklagte nur einen von allen Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft gemeinsam gewählten Abschlußprüfer mit der nach dem Publizitätsgesetz erforderlichen Prüfung der Jahresabschlüsse der Firma H. & K. beauftragen und nur derart geprüfte Jahresabschlüsse veröffentlichen darf.

1. Nach § 6 Abs 3 PublG werden die Abschlußprüfer bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bei bergrechtlichen Gewerkschaften und bei Personenhandelsgesellschaften von den Gesellschaftern oder den Gewerken gewählt, soweit nicht das Gesetz, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsehen.

Daraus folgt zunächst, daß (sofern nichts anderes vorgesehen ist) den Gesellschaftern – und nicht etwa dem Geschäftsführer, dem im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Beirat oder einem anderen Organ – das Wahlrecht zuerkannt ist. Mit der Übertragung des Wahlrechts auf die „Gesellschafter” hat der Gesetzgeber darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, daß bei einer Kommanditgesellschaft alle Gesellschafter, dh die persönlich haftenden Gesellschafter und die Kommanditisten gemeinsam den Abschlußprüfer zu wählen haben. Das entspricht sowohl dem allgemeinen Sprachgebrauch und der in handelsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Gesetzen üblichen Begriffsbestimmung als auch dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Das Publizitätsgesetz dehnt die aktienrechtliche Rechnungslegung und Publizität auf alle Großunternehmen aus. Da die Rechnungslegung im allgemeinen nur dann als zuverlässige Darstellung der Vermögenslage und Ertragslage angesehen wird, wenn sie von unabhängigen und sachkundigen Prüfern geprüft worden ist, sieht das Gesetz auch eine Abschlußprüfung nach den Grundsätzen der aktienrechtlichen Abschlußprüfung vor. Es stärkt aber die Stellung der Abschlußprüfer, wenn sie – wie bei der Aktiengesellschaft – von allen Gesellschaftern gewählt werden. Die Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter erscheint schließlich deshalb sinnvoll, weil dadurch vermieden wird, daß die geschäftsführenden Gesellschafter allein den Abschlußprüfer bestimmen, der letztlich auch über ihre Tätigkeit zu urteilen und zu berichten hat.

Diese Auslegung des Begriffs „Gesellschafter” wird auch von der Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann hierfür allerdings nicht allein der Regierungsentwurf herangezogen werden. Dieser bestimmte zwar eindeutig: „Bei Personenhandelsgesellschaften wirken alle Gesellschafter bei der Wahl der Abschlußprüfer mit; wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, genügt für den Beschluß die Mehrheit der Stimmen”. Er wurde in dieser Form jedoch nicht Gesetz. Entscheidend erscheint jedoch, daß der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags, wie sich aus seinem schriftlichen Bericht (nachstehend: Ausschußbericht) ergibt, die Gesetz gewordene Formulierung gewählt hat, um die „nach bisherigem Recht zulässige Gestaltungsfreiheit” zu erhalten (Ausschußbericht zu § 6, und eine weitergehende Znderung des Regierungsentwurfs nicht gewollt war. Daß damit gleichzeitig die von der Regierung beabsichtigte Klarstellung unterblieben ist und nunmehr nicht mehr von „allen”, sondern nur noch von „den” Gesellschaftern die Rede ist, erweist sich demgegenüber als unerheblich und kann schon deshalb nicht als Argument für die Auffassung verwendet werden, der Kommanditist habe kein Mitwirkungsrecht erhalten sollen, weil der Gesetzgeber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, bei der Kommanditgesellschaft allgemein jeweils von „den Gesellschaftern” spricht, wenn sowohl die persönlich haftenden Gesellschafter als auch die Kommanditisten gemeint sind, und in Vorschriften, die nur für einen Teil der Gesellschafter gelten sollen, die betreffende Gesellschaftergruppe konkret bezeichnet.

2. Danach könnten die Angriffe der Revision gegen das angefochtene Urteil nur dann Erfolg haben, wenn „das Gesetz … oder der Gesellschaftsvertrag” im Sinne der Regelung des § 6 Abs 3 PublG „etwas anderes” vorsähen.

Das vom Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten bejaht dies mit der Begründung, das Publizitätsgesetz wolle hinter jeder anderweitigen gesetzlichen (oder gesellschaftsvertraglichen) Zuständigkeitsverteilung im Rahmen der jeweiligen Gesellschaftsform zurücktreten; nach der Zuständigkeitsverteilung in der Kommanditgesellschaft sei aber die Wahl der Abschlußprüfer den einfachen Geschäftsführungsmaßnahmen zuzurechnen und damit allein Sache der persönlich haftenden Gesellschafter. Dem kann nicht gefolgt werden.

a) Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Revisionserwiderung meint – im Sinne dieser Vorschrift nur „ausdrückliche” anderweitige gesetzliche (oder gesellschaftsvertragliche) Zuständigkeitsregelungen zur Wahl der Abschlußprüfer den Bestimmungen des Publizitätsgesetzes vorgehen. Dieser Auffassung könnte entgegenstehen, daß nach dem Wortlaut der Bestimmung und dem Ausschußbericht (zu § 6) die Regelung über die Wahl der Abschlußprüfer nur subsidiär gelten sollte; die nach bisherigem Recht zulässige Gestaltungsfreiheit sollte erhalten bleiben. Dem Gutachter könnte auch dann nicht gefolgt werden, wenn man annähme, das Publizitätsgesetz wolle die allgemeine gesellschaftsrechtliche Zuständigkeitsordnung voll anerkennen. Denn bei der Wahl des Abschlußprüfers handelt es sich nicht um eine – gewöhnliche oder ungewöhnliche – Geschäftsführungsmaßnahme, sondern um ein „Grundlagengeschäft” (im Sinne der Darstellung des Gutachters), an dem nach den §§ 119, 161 Abs 2 HGB alle Gesellschafter mitzuwirken haben.

Es ist zwar richtig, daß die Aufstellung der Bilanz zu den Geschäftsführungshandlungen gehört. Das gilt jedoch nicht für die Feststellung (Billigung) der Bilanz, die diesen Akt vorbereitende Abschlußprüfung und die hier infrage stehende Wahl der Abschlußprüfer. Wie schon im Urteil des erkennenden Senats vom 15. Dezember 1954 (BGHZ 16, 17, 24ff) näher ausgeführt worden ist, hat der Abschlußprüfer in der Aktiengesellschaft eine Stellung wie ein Gesellschaftsorgan. Er ist in die Organisation der Gesellschaft eingegliedert und übt seine Tätigkeit unabhängig vom Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung aus. Dies gilt auch für den Abschlußprüfer, der nach dem Aktiengesetz 1965 und nach dem Publizitätsgesetz tätig wird. Das Aktiengesetz 1965, auf das insoweit das Publizitätsgesetz verweist (vgl vor allem § 6 Abs 1 und 3), hat an die Prüfung des Jahresabschlusses im wesentlichen gleiche Anforderungen gestellt sowie die Rechte und Pflichten des Abschlußprüfers im Sinne des vorstehend zitierten Urteils des Senats festgeschrieben. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf § 166 AktG hinzuweisen, wonach die Abschlußprüfer nicht nur die Aufgabe haben festzustellen, ob die Buchführung, der Jahresabschluß und der Geschäftsbericht Gesetz und Satzung entsprechen, sondern auch verpflichtet sind, über Tatsachen zu berichten, die den Bestand des Unternehmens gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder die schwerwiegende Verstöße des Vorstandes gegen Gesetz und Satzung erkennen lassen.

Aus der Funktion der Abschlußprüfung und aus der Rechtsstellung des Abschlußprüfers ergibt sich, daß seine Wahl nicht als Geschäftsführungsmaßnahme angesehen werden kann. Diese bezieht sich vielmehr auf die Grundlagen – die Organisation – der Gesellschaft und bedarf deshalb, soweit der Gesellschaftsvertrag hierfür keine Ausnahme vorsieht, der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter.

b) Die danach verbleibende Frage, ob der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft H. & K. dahin auszulegen ist, daß die Kommanditisten von der Wahl der Abschlußprüfer ausgeschlossen sind, ist ebenfalls zu verneinen. Aus ihm kann nichts dafür entnommen werden, daß Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft, insbesondere ihre Organisation berühren, in Abweichung von § 119 HGB der Zustimmung der Kommanditisten nicht bedürfen.

III. Nach alledem ist das angefochtene Urteil im Kern zu bestätigen. Da der gerichtlich bestellte Abschlußprüfer seine Rechtsstellung schon durch die Annahme der gerichtlichen Bestellung erlangt und demgemäß ein besonderer Prüfungsauftrag nicht erforderlich ist, kann der Beklagte allerdings nicht verpflichtet werden, auch insoweit einen Prüfungsauftrag zu erteilen. Das vom Berufungsgericht bestätigte Urteil des Landgerichts ist deshalb in dieser Hinsicht klarzustellen und abzuändern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 650034

BGHZ, 338

NJW 1980, 1689

ZIP 1980, 447

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