Entscheidungsstichwort (Thema)

Vererbung von Gesellschaftsanteilen an einer Personengesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

a) Die vererblich gestellte Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft wird im Erbfall nicht gemeinschaftliches Vermögen der mehreren Nachfolger-Erben, sondern gelangt im Wege der Sondererbfolge unmittelbar und geteilt ohne weiteres Dazutun an die einzelnen Nachfolger (Übereinstimmung mit BGHZ 22, 186; 68, 225).

b) Die so aufgeteilten Gesellschaftsanteile der Nachfolger gehören dennoch zum Nachlaß.

 

Normenkette

BGB §§ 1922, 2032; HGB § 139

 

Verfahrensgang

OLG Hamm

LG Hagen

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Oktober 1981 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben.

Von den Kosten des ersten und des zweiten Rechtszuges haben der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien sind die einzigen Kinder der Eheleute Dipl.-Ing. Dr. G… B… und I… B… geb. M… (Erblasserin). Die Eltern und die Parteien waren Gesellschafter zweier Kommanditgesellschaften, nämlich der Firma M… & Co. und der Firma Dr. Ing. B… & Co. Durch privatschriftlichen Verkaufs- und Übertragungsvertrag vom 27. Dezember 1971 übertrug der Vater der Parteien seine Beteiligung an der Firma M… & Co. KG gegen Zahlung einer Leibrente großenteils an den Beklagten und im übrigen an die Erblasserin. Seitdem waren an dieser Gesellschaft beteiligt:

die Erblasserin mit einer Kapitaleinlage von 180.000,– DM (= 30% des Gesellschaftskapitals), der Beklagte mit 330.000,– DM (= 55%) und der Kläger mit 90.000,– DM (= 15%), und zwar der Beklagte als Komplementär und die Mutter und der Kläger als Kommanditisten.

Der Vater der Parteien starb am 24. Februar 1976, die Erblasserin am 12. September 1976; sie hinterließen zwei notarielle gemeinschaftliche Testamente. In dem gemeinschaftlichen Testament vom 29. Januar 1964 hatten beide Eltern die Parteien zu gleichen Anteilen zu ihren Erben eingesetzt; wegen ihrer Beteiligungen an den beiden Kommanditgesellschaften hatten sie umfangreiche Sonderregelungen getroffen. In dem gemeinschaftlichen Testament vom 23. Juli 1974 verfügten die Eltern hierzu mehrere Änderungen und Ergänzungen. Dort heißt es:

„I. Wir setzen uns gegenseitig zum alleinigen Erben ein mit der Maßgabe, daß der Überlebende von uns über unseren Nachlaß frei verfügen kann. Erben des Letztlebenden von uns sind grundsätzlich unsere Söhne … untereinander zu gleichen Teilen. …

II. Hinsichtlich unserer Beteiligungen an den Kommanditgesellschaften unter den Firmen M… & Co. und Dr. Ing. B… & Co. gilt folgendes:

Grundsätzlich sollen nach unserer beider Tod:

  1. unser Sohn … (Beklagter)persönlich haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft unter der Firma M… & Co. mit 70% und unser Sohn … (Kläger)mit einer Kommanditeinlage von 30% beteiligt sein.
  2. unser Sohn … (Kläger)persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter der unter der Firma Dr. Ing. B… & Co. geführten Handelsgesellschaft werden. Die Beteiligung unseres Sohnes … (Kläger)soll 70% betragen, während unser Sohn … (Beklagter)eine Kommanditeinlage in Höhe von 30% erhalten soll.

In Ausführung dieses, unseres letzten Willens, setzen wir folgende Vorausvermächtnisse aus:

1. …

2. von mir, … (der Mutter)bekommen

a) meine Söhne meine Beteiligung an der Firma M… & Co. von jetzt 30% je zur Hälfte, also je 15%,

b) …

Wir machen unseren Söhnen … sowie ihren Rechtsnachfolgern in die Beteiligungen an den Firmen … zur Pflicht, alles zur Durchführung der vorstehenden Anordnungen Erforderliche zu tun. …”

Durch notariellen Vertrag vom 20. August 1976 schenkte die Erblasserin dem Beklagten von ihrer Kommanditeinlage bei der Firma M… & Co. KG einen Teilbetrag von 120.000,– DM (20%). Der Gesellschaftsvertrag läßt derartige Übertragungen auf Abkömmlinge oder andere Gesellschafter ausdrücklich zu. In ihm ist ferner bestimmt, daß die Gesellschaft beim Tode eines Gesellschafters nicht aufgelöst, sondern grundsätzlich mit denjenigen Personen fortgesetzt wird, die dessen Beteiligung an der Gesellschaft als seine Erben oder Vermächtnisnehmer erhalten, sofern sie Abkömmlinge des Vaters der Parteien oder bereits selbst Gesellschafter sind.

Mit der Klage beansprucht der Kläger die Hälfte der Kapitaleinlage, die die Erblasserin durch Vertrag vom 20. August 1976 auf den Beklagten übertragen hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Erblasserin über ihr Vermögen frei habe verfügen können.

Mit der Berufung hat der Kläger seinen Klageantrag weiterverfolgt und außerdem hilfsweise Übertragung einer Kapitaleinlage von 30.000,– DM (5%) verlangt, die der Beklagte aus dem Nachlaß der Mutter der Parteien erlangt habe. Das Berufungsgericht hat das Hauptbegehren des Klägers für unbegründet erklärt und hat dem Kläger auf sein Hilfsbegehren eine Kapitaleinlage an der Firma M… & Co. KG in Höhe von 30.000,– DM Zug um Zug gegen Mitwirkung des Klägers bei der Durchführung und Anmeldung der am 20. August 1976 vereinbarten Rechtsänderung zugebilligt. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge aus der Vorinstanz in vollem Umfang weiter; er bekämpft auch die Kostenentscheidung, durch die das Oberlandesgericht die gesamten Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 Abs. 2 ZPO dem Kläger auferlegt hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers führt nur zu einer Änderung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts; das angefochtene Urteil ist im Ergebnis aufrechtzuerhalten. Unbegründet ist die Revision, soweit der Kläger mit ihr eine Entscheidung anstrebt, durch die der Beklagte zur Übertragung weiterer Kapitalanteile an der M… & Co. KG an den Kläger verurteilt werden soll. Ob dem Kläger ein Anspruch auf eine derartige Übertragung zusteht, ist vorrangig danach zu beurteilen, ob das gemeinschaftliche Testament der Eltern von 1974 hierfür eine Grundlage bietet. Das Berufungsgericht hält die Anordnung der Erblasserin in dem gemeinschaftlichen Testament von 1974, nach der die Parteien ihre Beteiligung an der M… & Co. KG von damals 30% je zur Hälfte, also je 15%, bekommen sollten, offenbar für eine Teilungsanordnung. Von einer Teilungsanordnung könnten aber nur solche Vermögensteile erfaßt werden, die sich beim Tode im Nachlaß befänden. Nur die der Erblasserin (nach dem 20. August 1976) noch verbliebene Kommanditbeteiligung von 60.000,– DM (10%) unterliege dieser Teilungsanordnung. Das Berufungsgericht nimmt an, von ihr habe der Kläger die Hälfte, nämlich 30.000,– DM Kommanditeinlage zu beanspruchen.

Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft.

1. Die genannte Anordnung der Erblasserin, wonach der Kläger ihre Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zu einem bestimmten Anteil erhalten sollte, ist keine bloße Teilungsanordnung im Sinne von § 2048 BGB, sondern ein Vorausvermächtnis gemäß § 2150 BGB. Das ergibt sich aus dem Wortlaut und dem Sinn des Testaments; das hat das Berufungsgericht unter Verletzung von § 133 BGB verkannt. Tatsachen, die eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut des Testaments rechtfertigen könnten, sind nicht festgestellt oder sonst ersichtlich.

2. Nicht zu beanstanden ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Erblasserin sei nach dem 20 August 1976 nur noch ein Kommanditanteil an der Kommanditgesellschaft M… & Co. in Höhe von 60.000,– DM (10%) verblieben. Zu Unrecht hält der Kläger die Übertragung des Teilkommanditanteils der Erblasserin auf den Beklagten durch den Vertrag vom 20. August 1976 für nichtig.

Dafür, daß der Beklagte die Erblasserin zum Abschluß dieses Vertrages genötigt hätte, oder daß die Übertragung sonst einen Verstoß gegen die guten Sitten bilden könnte, hat das Berufungsgericht einen Anhaltspunkt nicht feststellen können. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aussage des Zeugen Dr. S… liefert insoweit keinerlei Hinweis.

Das Berufungsgericht hat auch nicht feststellen können, daß die Erblasserin am 20. August 1976 geschäftsunfähig gewesen wäre. Nach dem Gutachten des vom Tatrichter hinzugezogenen Sachverständigen bestünden zwar gewisse Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin, diese Zweifel reichten aber nicht aus, die Geschäftsfähigkeit für den 20. August 1976 auszuschließen. Diese Ausführungen enthalten keinen Rechtsfehler. Die von der Revision beanstandete Äußerung des Sachverständigen bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens, die Geschäftsfähigkeit sei nicht teilbar, ist freilich, worauf die Revision zutreffend hinweist, für sich alleine betrachtet, mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. z.B. Urteil vom 19. Juni 19 70 – IV ZR 83/69 = LM BGB § 104 Nr. 7) nicht ohne weiteres vereinbar und erscheint deshalb anfechtbar. Indessen zielte die dem Sachverständigen in diesem Zusammenhang gestellte Frage auf die besondere „Komplexität” des Vertrages vom 20. August 1976 ab. Die von der Revision beanstandete Erklärung des Sachverständigen sollte dementsprechend, wie der nachfolgende Satz belegt, die Frage nach der Möglichkeit einer Geschäftsunfähigkeit „für schwierige Geschäfte” verneinen und ist daher unbedenklich.

3. Mit Recht geht das Berufungsgericht demgemäß davon aus, daß der Erblasserin nach dem 20. August 1976 nur noch ein Kommanditanteil von 60.000,– DM zustand. Dem Anschein nach nimmt das Berufungsgericht an, diese Beteiligung sei mit dem Tode der Erblasserin in deren ungeteilten Nachlaß gefallen. Diese Auffassung ist rechtlich nicht zu billigen.

Der der Erblasserin verbliebene Kommanditanteil gelangte nicht gemäß § 2032 BGB mit dem Erbfall in das gemeinschaftliche Vermögen (Gesamthandsvermögen) ihrer Erben, der Parteien, vielmehr ging er beim Tode der Erblasserin gesondert je zur Hälfte auf den Kläger und auf den Beklagten über, ohne daß es dafür noch einer darauf gerichteten Auseinandersetzung bedurft hätte.

Da die Erblasserin ihren restlichen Kommanditanteil nicht schon durch den Gesellschaftsvertrag oder sonst durch Geschäft unter Lebenden übertragen hat, richtet sich dessen Verbleib nach dem Erbfall nach Erbrecht. Indessen kann das Erbrecht die Rechte des Erblassers nur so auf dessen Rechtsnachfolger weiterleiten, wie es sie beim Erbfall vorfindet. Das Erbrecht muß es daher selbstverständlich hinnehmen, wenn ein Recht des Erblassers unvererblich ist, wie z.B. grundsätzlich der Anteil eines Gesellschafters an einer offenen Handelsgesellschaft (BGHZ 22, 186, 191). Nicht anders ist es, wenn das Recht des Erblassers nur beschränkt vererblich ist und – wie z.B. die Mitgliedschaft in einer offenen Handelsgesellschaft bei einer in den Gesellschaftsvertrag aufgenommenen „qualifizierten Nachfolgeklausel” (vgl. BGHZ 68, 225, 237) – kraft Erbrechts nur an einen begrenzten Kreis von Nachfolgern gelangen kann. Eine ähnliche Beschränkung der Vererbbarkeit kommt auch hier zum Zuge.

Nach der Rechtsprechung des für Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGHZ 22, 186, 192; 68, 225, 237; Urteil vom 24.11.1980 – II ZR 194/79 = LM BGB § 730 Nr. 8 Bl. 2 R) kann eine Erbengemeinschaft nicht Mitglied einer Personengesellschaft sein. Das beruht im wesentlichen darauf, daß es sich hier meist um persönlichkeitsbezogene Arbeits- und Haftungsgemeinschaften handelt, in denen Rechte und Pflichten in der Regel sachgerecht nur von voll verantwortlichen und selbst handlungsfähigen Personen wahrgenommen werden können. Diese Auffassung, die bereits auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (DR 1943, 1224) zurückgeht und die in § 139 HGB vorausgesetzt ist („jeder Erbe”), wird im Schrifttum weitgehend gebilligt (vgl. z.B. auch Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Die Personengesellschaft § 18 II 1 S. 379; MK-Ulmer, § 705 BGB Rdn. 59). Sie ist auch nach der Ansicht des erkennenden, für Erbrecht zuständigen Senats sachgerecht und auch im Hinblick auf die notwendige Kontinuität der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr in Frage zu stellen (BGHZ 85, 64, 66).

Aus dieser gesellschaftsrechtlich zwingenden Begrenzung der Gestaltungsmöglichkeiten folgt zwangsläufig, daß die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag ihre Vererbung ausdrücklich eröffnet, im Wege der Erbfolge nicht gemeinschaftliches Vermögen mehrerer Erben im Sinne von §§ 2032ff. BGB werden kann und daher trotz § 1922 Abs. 1 BGB („als Ganzes”) nicht der Gesamtnachfolge (Universalsukzession) unterliegt. Daran kann aber, wie der II. Zivilsenat bereits BGHZ 22, 186, 192 zutreffend erkannt hat, die Vererblichkeit eines Gesellschaftsanteils nicht scheitern. Das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches stellt zwar für die Weiterleitung des Nachlasses an mehrere Miterben, abgesehen von dem Sonderfall der §§ 569 a, b BGB, ausschließlich und an sich zwingend die Rechtsfigur der Erbengemeinschaft als einer Gesamthandsgemeinschaft zur Verfügung. Damit ist aber nicht entschieden, daß Rechte und sonstige Rechtsgüter, die zum Vermögen des Erblassers gehört haben, die aber infolge ihrer immanenten Besonderheiten nicht an jeden Erben oder nicht an mehrere Erben „als Ganzes” vererbt werden können, wegen dieser Besonderheiten nicht von Todes wegen weitergegeben werden könnten und beim Ableben ihres Inhabers womöglich untergehen müßten. Die für das Erbrecht im Vordergrund stehenden Interessen des Erblassers, der Nachlaßgläubiger, der Erben, der Pflichtteilsberechtigten und der sonstigen Beteiligten legen eine derartige Folgerung nicht nur nicht nahe, sondern sie gebieten sogar umgekehrt unabweislich, nach Wegen zu suchen, auf denen die aufgetretenen Schwierigkeiten, die hier im Gesellschaftsrecht wurzeln, vermieden werden können. Daß derartige Lösungen sich finden lassen, hat die weithin gebilligte Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes bewiesen. Wenn die Rechtsprechung dabei nicht ohne die Annahme einer Sondererbfolge (Singularsukzession) in Gesellschaftsanteile auskommt, obwohl die Sondererbfolge im deutschen Recht sonst nur ausnahmsweise vorkommt, dann kann und muß das hingenommen werden.

Hiernach ist der restliche, der Erblasserin noch verbliebene Gesellschaftsanteil an der M… & Co. KG mit dem Erbfall entsprechend der Miterbenstellung der Parteien und ihrer Beteiligung am sonstigen Nachlaß (vgl. BGH LM BGB § 730 Nr. 8 Bl. 2 R) zu je 1/2 automatisch und ohne weiteres Dazutun je zur Hälfte auf den Kläger und auf den Beklagten kraft Sondererbfolge übergegangen, so daß der Kläger damit eine Kapitaleinlage von 120.000,– DM (= 20% des Gesellschaftskapitals) und der Beklagte eine solche von 480.000,– DM (= 80%) hatten.

Wenn das Berufungsgericht den Beklagten bei dieser Ausgangslage dazu verurteilt hat, an der Übertragung einer weiteren „Kommanditeinlage” in Höhe von 30.000,– DM mitzuwirken, dann erlangt der Kläger damit insgesamt eine Beteiligung in Höhe von 25%, während dem Beklagten nur noch 75% verbleiben. Der Beklagte hat diese Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht angefochten.

4. Die gemeinschaftlichen Testamente der Eltern der Parteien geben dem Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Übertragung weiterer Kapitalanteile. In dem Testament vom 23. Juli 1974 sind Vorausvermächtnisse zugunsten der Parteien ausgeworfen, wonach diese die Beteiligung der Erblasserin von damals 30% „je zur Hälfte, also je 15%”, bekommen sollten. Da der Beklagte am 20. August 1976 bereits mehr als den für ihn ausgeworfenen Anteil, nämlich 20% davon erhalten hatte, spricht alles dafür, daß der Kläger die der Erblasserin verbliebenen 10% bekommen muß. Wenn der Kläger schon nicht – wie in dem nach wie vor gültigen Testament vorgesehen – insgesamt 30% erhält, dann dürfte es dem Willen der Erblasserin und ihres Ehemannes bei der Errichtung des Testaments (und dieser Zeitpunkt ist hier maßgebend) am ehesten entsprechen, wenn der Kläger möglichst nahe an 30% kommt, also jedenfalls auch die zunächst kraft Sondererbfolge an den Beklagten gefallenen, aber trotzdem zum Nachlaß (zur Erbschaft) gehörenden 5% erhält.

Ob der Beklagte den Anteil des Klägers von dann 25% aus seiner eigenen, ihm außerhalb der Erbfolge zugefallenen Beteiligung an der Kommanditgesellschaft auf 30% auffüllen muß, richtet sich nach § 2169 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist das Vermächtnis eines bestimmten Gegenstandes grundsätzlich unwirksam, soweit der Gegenstand beim Erbfall – wie hier – nicht zur Erbschaft gehört. Das gilt nur dann nicht, wenn der Gegenstand dem Bedachten auch für diesen Fall zugewendet sein soll. Einen entsprechenden Willen der Erblasserin, auf den es hier ankommt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Damit ist das Vermächtnis insoweit als unwirksam anzusehen.

5. Auch der sogenannte Privatvertrag vom 27. Dezember 1971, den der Beklagte mit dem Vater der Parteien abgeschlossen hat, bietet für einen Anspruch des Klägers auf einen weiteren Anteil an der Firma M… & Co. KG keine hinreichende Grundlage. In § 6 dieses Vertrages heißt es:

„Da es der erklärte Wille von (Vater der Parteien)ist, daß nach dem Ableben seiner Ehefrau … die Anteile am Gesellschaftskapital … wie folgt lauten:

  • (Beklagter)70%,
  • (Kläger)30%,

hat er seine Anteile am Gesellschaftskapital wie folgt mit dem heutigen Tage verkauft und übertragen:

  • 20% an … (die Mutter)(die damit 30% des Gesellschaftskapitals besitzt),
  • 80% an … (den Beklagten)(der damit 55% des Gesellschaftskapitals besitzt).

Da testamentarisch bestimmt ist, daß der Anteil am Gesellschaftskapital von … (der Mutter)nach ihrem Ableben den beiden Söhnen zu gleichen Teilen zufällt, ist das oben festgelegte Verhältnis der Kapitalanteile sichergestellt.”

Die Erblasserin hat von diesem Vertrag zwar „zustimmend Kenntnis genommen”. Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Erklärung der Erblasserin dahin ausgelegt hat, daß sie sich damit gegenüber dem Kläger nicht im Sinne eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) verbindlich darauf festgelegt hätte, über ihren Kommanditanteil nicht in der geschehenen Weise zu verfügen; schon gar nicht lag es nahe, daß den Beteiligten das Recht genommen sein sollte, einen entsprechenden Anspruch des Klägers ohne dessen Zustimmung aufzuheben (§ 328 Abs. 2 BGB a.E.). Für einen so weitgehenden Bindungswillen fehlt jeder Anhaltspunkt.

6. Schließlich scheidet auch ein Anspruch des Klägers entsprechend §§ 2287, 2288 BGB aus. Ebenso wie § 2287 BGB ist allerdings auch die Vorschrift des § 2288 BGB (durch die der Vermächtnisnehmer vor der Zerstörung, Beiseiteschaffung, Beschädigung, Veräußerung und Belastung des vertragsmäßig vermachten Gegenstandes durch den Erblasser in gewissem Rahmen geschützt wird) auf die Fälle entsprechender Handlungen des durch gemeinschaftliches Testament gebundenen Erblassers analog anzuwenden (BGHZ 26, 274, 279). Indessen war der Erblasserin durch I Abs. 1 des Testaments von 1974 die freie Verfügung über ihr Vermögen vorbehalten. Dieser Vorbehalt bezog sich – wovon das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen ist – nicht nur auf die Erbeinsetzung der Parteien unter I, sondern, wie das in beiden Abschnitten verwendete Wort „grundsätzlich” zeigt, auch auf die unter II ausgesetzten Vermächtnisse. Gemeint ist hier wie dort eine Bezugnahme auf den Wortlaut in Abschnitt I. Damit hätte die Erblasserin freie Fand, über ihren Kommanditanteil zu verfügen, ohne daß dadurch Ansprüche gemäß §§ 2187, 2188 BGB ausgelöst wurden. Ob der Vorbehalt den Anordnungen in Abschnitt II damit die Wechselbezüglichkeit nimmt, wie das Berufungsgericht meint, ist eine andere Frage und braucht hier nicht entschieden zu werden (vgl. dazu Senatsurteil vom 2.12.1981 – IVa ZR 252/80 = LM BGB § 2278 Nr. 6; BGH Urteil vom 3. Juli 1964 – V ZR 57/62 = NJW 1964, 2056). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung der Aussage des Zeugen Dr. S… hält der Senat entgegen der Auffassung der Revision noch für ausreichend.

7. Das Berufungsgericht hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits ohne nähere Begründung dem Kläger auferlegt, obwohl es der Berufung und dem Klagebegehren zum Teil stattgegeben hat. Der Revision kann der Erfolg insoweit nicht versagt werden. Dabei bewertet der Senat das Zurückhaltungsrecht, das der Beklagte dem zugesprochenen Teil des Klageanspruchs mit Erfolg entgegengesetzt hat, nicht so hoch wie das Berufungsgericht.

 

Fundstellen

NJW 1983, 2376

DNotZ 1984, 35

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