Leitsatz (amtlich)

1. Die Vermietung von Ferienwohnungen stellt einen Gewerbebetrieb dar, wenn dies nach Art einer Fremdenpension geschieht.

2. Werden drei Ferienwohnungen in einem Hause vermietet, kann nicht ohne weiteres ein Gewerbebetrieb angenommen werden. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob wegen der Häufigkeit des Gästewechsels oder im Hinblick auf zusätzlich zur Nutzungsüberlassung erbrachte Leistungen eine Unternehmensorganisation erforderlich ist, wie sie auch in Fremdenpensionen vorkommt. Dabei ist auch der Umfang des Arbeitseinsatzes des Vermieters bedeutsam.

 

Normenkette

EStG 1975 § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStG 1974 § 2 Abs. 1; GewStDV § 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte zunächst in ihrem in W gelegenen Einfamilienhaus ein Kinderheim betrieben. Im Jahr 1969 gab sie diesen Betrieb auf und vermietete nach einem entsprechenden Umbau der Räume drei Ferienwohnungen mit 11 Betten. Sie meldete zum 1. Januar 1970 bei der Gemeinde W einen Gewerbebetrieb "gewerbliche Zimmervermietung" an und erklärte in den darauffolgenden Jahren jeweils gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung.

Die Wohnungen wurden möbliert vermietet und waren im Gästeverzeichnis der Gemeinde W genannt. Die Klägerin stellte Bettwäsche zur Verfügung und führte die anfallenden Reparaturen und Ersatzbeschaffungen durch. Nach ihrem - allerdings streitig gebliebenen - Sachvortrag vor dem Finanzgericht (FG) mußte die Klägerin die Wohnung lediglich, soweit erforderlich, nachreinigen, weil die Mieter die Räume jeweils im gereinigten Zustand zurückzugeben hatten.

Im Jahr 1975 stellte die Klägerin ihre Vermietungstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen ein und bot das Einfamilienhaus zum Verkauf an. Mit Vertrag vom 1. März 1976 erwarb es der Eigentümer des Nachbargrundstücks für 149 000 DM zuzüglich 1 300 DM Vermessungskosten.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ging nach einer Außenprüfung von einer Betriebsaufgabe der Klägerin im Streitjahr 1975 aus und ermittelte einen Aufgabegewinn von 111 352 DM.

Nach erfolglosem Einspruch, mit dem die Klägerin ihre Vermietungstätigkeit als private Vermögensverwaltung beurteilt hatte, gab das FG der Klage statt. Es entschied, die Klägerin habe mit der Vermietung der Wohnungen keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und deshalb im Streitjahr auch keinen steuerpflichtigen Aufgabegewinn erzielt. Das FG hob den Bescheid über die gesonderte Feststellung dieser Einkünfte in Gestalt der Einspruchsentscheidung ersatzlos auf.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 15, 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie des § 180 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Senat kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend darüber befinden, ob die Klägerin mit der Vermietung ihrer Ferienwohnungen gewerbliche Einkünfte erzielt hat und deshalb im Streitjahr ein steuerpflichtiger Aufgabegewinn angefallen ist.

1. Als gewerblich i. S. von § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und der insoweit als inhaltsgleich aufzufassenden Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG gilt eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, sofern sie nicht als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft, als Ausübung eines freien Berufes oder als eine andere selbständige Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -, § 15 Abs. 2 EStG 1984). Außerdem muß die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreiten.

Die Vermietung von Wohnungen erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GewStDV, sie stellt aber in der Regel private Vermögensverwaltung dar. Der Gesetzgeber hat die Vermietungseinkünfte in § 21 EStG berücksichtigt und damit zum Ausdruck gebracht, daß in diesen Fällen die verwaltende Tätigkeit geringeres Gewicht als die Vermögensnutzung hat. Von dieser Einordnung kann nur dann abgewichen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, nach denen die Vermieterleistung als Ganzes das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erhält, hinter der die bloße Nutzung des Vermögens zurücktritt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Dezember 1976 VIII R 27/72, BFHE 121, 60, BStBl II 1977, 244 , sowie vom 18. Januar 1973 IV R 196/71, BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 561 ). Solche Umstände hat die Rechtsprechung angenommen, wenn die Verwaltung des Grundbesitzes infolge des ständigen und schnellen Wechsels der Mieter eine Tätigkeit erfordert, die über das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß hinausgeht, und der Vermieter zugleich Leistungen erbringt, die eine bloße Verwaltungstätigkeit überschreiten. Hierzu bedarf es in der Regel einer unternehmerischen Organisation, die mit einer reinen Vermögensverwaltung regelmäßig nicht verbunden ist. Deswegen stellt der Betrieb eines Hotels oder einer Fremdenpension einen Gewerbebetrieb dar; die Verhältnisse des Streitfalls müssen hiermit verglichen werden (vgl. BFHE 109, 194, BStBl II 1973, 561 ; BFHE 121, 60, BStBl II 1977, 244 ; BFH-Urteil vom 6. Oktober 1982 I R 7/79, BFHE 136, 497, BStBl II 1983, 80 ).

a) Für Hotels ist der häufige Gästewechsel eigentümlich, der in verringertem Maße auch bei Ferienhotels und Fremdenpensionen auftritt. Allein schon die Bereithaltung von Räumlichkeiten für die jederzeitige, auch kurzfristige Überlassung an Gäste erfordert sachliche und personelle Vorkehrungen, wie sie mit der Vermietung von Wohnungen nicht verbunden sind. Deshalb hat die Rechtsprechung die Vermietung auch einer einzelnen Wohnung in einer Ferienwohnanlage als gewerblich angesehen, wenn dies im Rahmen einer hotelmäßigen Organisation durch kurzfristige Überlassung an laufend wechselnde Mieter geschieht (BFH-Urteil vom 25. Juni 1976 III R 167/73, BFHE 119, 336, BStBl II 1976, 728 ). Ähnliche Verhältnisse können sich auch bei der Bereithaltung von Ferienwohnungen außerhalb einer Ferienwohnanlage ergeben.

Nach der Auffassung der Finanzverwaltung besteht hier bereits bei der Vermietung von drei Ferienwohnungen die widerlegbare Vermutung, daß die damit zusammenhängende Tätigkeit über eine reine Vermögensverwaltung hinausgeht und daß deshalb ein Gewerbebetrieb vorliegt (Abschn. 136a Abs. 3 Satz 10 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -). Hiervon kann aber nicht ohne weiteres, und zwar auch dann nicht ausgegangen werden, wenn die Wohnungen an demselben Ort und in demselben Gebäude bereitgehalten werden. Werden drei Ferienwohnungen für längere Aufenthalte im voraus vermietet, wird sich der Vermieter oder eine von ihm beauftragte Person nicht ständig bereithalten, um Gäste jederzeit zu empfangen, mit ihnen zu verhandeln und abzurechnen, wie dies in Hotels üblich und erforderlich ist. Anders kann es liegen, wenn die Räume auch für kurze Dauer, etwa für weniger als eine Woche vermietet und deshalb hotelmäßig bereitgehalten werden.

b) Die Ähnlichkeit mit dem Betrieb eines Hotels oder einer Fremdenpension kann sich auch aus der Art der vom Vermieter erbrachten Leistungen ergeben. Die Überlassung einer Ferienwohnung unterscheidet sich von der üblichen Wohnungsvermietung und auch von der Vermietung einer möblierten Wohnung bereits dadurch, daß sie regelmäßig nur während der Saison, auf verhältnismäßig kurze Zeit und zu einem höheren Entgelt als bei einer Dauervermietung erfolgt. Dies allein würde noch nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit des Vermieters führen, wenn er sich auf die Überlassung einer solchen, vollständig ausgestatteten Wohnung zum Gebrauch beschränkt und es dem Mieter überläßt, wie er seinen Aufenthalt gestaltet.

Häufig erbringt der Vermieter jedoch Zusatzleistungen, um seinen Gästen einen unbelasteten und der Erholung dienlichen Aufenthalt zu ermöglichen. Hierbei kann es sich um die Gewährung von Mahlzeiten, das Bereithalten von Getränken oder die Versorgung mit Lebensmitteln sowie die laufende Reinigung der Räume handeln, aber auch um die Bereithaltung eines für alle Mieter zugänglichen Aufenthaltsraums oder Gartens. Schließlich kommt auch eine allgemeine Betreuung der Feriengäste in Betracht, wie sie sich in der Überwachung des Gebäudes, der Entgegennahme von Telefongesprächen und der Beratung hinsichtlich der Gestaltung des Ferienaufenthalts äußert. Solche Leistungen erfordern den persönlichen Einsatz des Vermieters oder einer von ihm beauftragten Person am Ort der Vermietung, wie er bei der üblichen Vermietung von Wohnungen auch unter Berücksichtigung der Aufgaben eines Hausmeisters in der Regel nicht vorkommt. Von Umfang und Qualität solcher Leistungen hängen wie beim Betrieb eines Hotels oder einer Fremdenpension wesentlich das erzielbare Entgelt und der wirtschaftliche Erfolg einer in dieser Weise betriebenen Vermietung von Ferienwohnungen ab.

c) Ausschlaggebend ist demnach, ob der Wechsel der Feriengäste allein oder in Verbindung mit der Erbringung zusätzlicher, über die Nutzungsüberlassung hinausgehender Leistungen eine gewisse unternehmerische Organisation verlangt, wie sie für die Vermögensverwaltung durch Wohnungsvermietung nicht erforderlich, bei der Führung einer Fremdenpension aber erforderlich ist. Fallen die Zusatzleistungen für den Vermieter allerdings nicht ins Gewicht und werden sie in seinem Haushalt miterledigt, kann gleichwohl die Vermögensnutzung im Vordergrund stehen. Hiernach ist auch der Streitfall zu beurteilen.

2. Die Vorentscheidung stimmt mit diesen Grundsätzen nicht überein. Das FG hat ungeklärt gelassen, wie die Vermietung der Ferienwohnungen vor sich ging, welche zusätzlichen Leistungen erbracht wurden und welche Organisation deshalb auf seiten der Klägerin erforderlich war. Hierüber kann insbesondere die Vorlegung eines vorhandenen Hausprospekts Aufschluß geben. Dabei kommt es wesentlich auch auf den eigenen Arbeitseinsatz der Klägerin an, nicht nur auf die Ausgaben für Hilfskräfte, wie das FG meint. Das FG wird anhand der nachzuholenden Feststellungen prüfen müssen, ob unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze sich die Betätigung der Klägerin mit dem Betreiben einer Fremdenpension vergleichen läßt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 426098

BStBl II 1985, 211

BFHE 1985, 330

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