Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an Revisionsbegründung; kein Spendenabzug bei Sportvereinsmitgliedsbeiträgen; Änderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen nach Betriebsprüfung

 

Leitsatz (NV)

1. Als für die Revision oder Revisionsbegründung erforderliche Angabe der verletzten Rechtsnorm genügt es, wenn der Revisionskläger die seiner Ansicht nach verletzten Gesetzesbestimmungen bezeichnet sowie darlegt, daß und weshalb er eine Steuervergünstigung - hier Spendenabzug - für statthaft hält, und die Revisionsbegründung aus sich heraus erkennen läßt, daß der Revisionskläger sein bisheriges Vorbringen an Hand der Gründe des finanzgerichtlichen Urteils überprüft hat (ständige Rechtsprechung).

2. Die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen an einen Sportverein als ,,Spende" über einen Dachverband, der diese Beiträge an den Sportverein weiterleitet, ist wegen steuerlichen Gestaltungsmißbrauchs nicht als Sonderausgabe gem. § 10b EStG abziehbar.

3. Wird eine solche Gestaltung der Einkommensteuerveranlagungsstelle beim FA nachträglich bekannt, liegen die Voraussetzungen für eine Änderung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide, in denen die ,,Spenden" zum Abzug zugelassen wurden, vor. Auf die Kenntnis des Betriebsprüfers von dieser Gestaltung kommt es nicht an. Der Änderung stehen die Grundsätze von Treu und Glauben schon deshalb nicht entgegen, weil der Sachverhalt der ,,Spende" unter Mitwirkung eines Steuerberaters dem FA unvollständig erklärt worden war.

4. Ist der mißbräuchliche Abzug von Sportvereinsmitgliedsbeiträgen als ,,Spenden" bei einer früheren Betriebsprüfung festgestellt worden, ohne daß hieraus vom FA Folgerungen gezogen worden wären, so ist das FA durch die Grundsätze des Vertrauensschutzes nicht gehindert, bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheide für spätere Veranlagungszeiträume gem. § 173 AO 1977 zu ändern.

 

Normenkette

FGO § 120; StAnpG §§ 6, 17 Abs. 3; AO 1977 §§ 41-42, 52 Abs. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 10b Abs. 1; EStDV § 48

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Mitglied eines Sportvereins e.V. (V). In den Streitjahren 1975 bis 1980 leistete er Zahlungen in Höhe von 1 000 DM, 500 DM, 990 DM, 495 DM, 990 DM und 295 DM an den Dachverband (des V) D e.V., (D) mit der Maßgabe, diese an den V weiterzuleiten. Das geschah unter Abzug einer Buchungsgebühr von je 10 DM bzw. 5 DM. Aufgrund entsprechender Spendenbescheinigungen des D berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) diese Zahlungen bei den Einkommensteuer-Veranlagungen für die Streitjahre als Spenden nach § 10b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nachdem das FA im Rahmen einer Außenprüfung beim V festgestellt hatte, daß es sich bei diesen Zahlungen um Mitgliedsbeiträge handelte, die der Kläger dem V schuldete, erließ es geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, in denen es lediglich 10 DM bzw. 5 DM jährlich (Buchungsgebühr des D) als Spende anerkannte. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 10b EStG i.V.m. § 48 Abs. 4 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) sowie des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977.

Nach § 10b EStG seien Ausgaben zur Förderung gemeinnütziger Zwecke steuerlich im Rahmen bestimmter Höchstgrenzen als Sonderausgaben abziehbar. Die Vorschrift unterscheide nicht zwischen sog. reinen Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Deshalb seien nach Abschn. 111 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) folgerichtig auch Mitgliedsbeiträge zu den Ausgaben zu rechnen. Der V verfolge unbestritten gemeinnützige Zwecke, dürfe allerdings keine Spendenbescheinigungen erteilen. Jedoch genüge es nach § 48 Abs. 4 EStDV i.V.m. Abschn. 111 Abs. 2 EStR, wenn Zuwendungen über einen Dachverband dem V zugingen. Denn die Rechtsprechung lasse die sog. Durchlaufspende zum Abzug gemäß § 10b EStG zu. Auch Mitgliedsbeiträge ließen sich unter den Begriff der Zuwendung fassen. Eine Unterscheidung zwischen Beiträgen und reinen Spenden wäre zudem deshalb widersprüchlich, weil sich bei einer satzungsmäßigen Minderung der Beiträge und gleichzeitiger Spendenzahlung der Mitglieder an den erforderlichen Einnahmen zur Förderung und Ausübung der gemeinnützigen Zwecke nichts ändern würde.

Soweit bestandskräftige Steuerfestsetzungen vorlägen, werde auch Verletzung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 durch Verstoß gegen Treu und Glauben gerügt. Während einer Betriebsprüfung bei dem damaligen Vorsitzenden des V sei der Spendenweg eingehend dargelegt worden. Dabei habe das FA den vom Kläger vertretenen Rechtsstandpunkt geteilt und diesen erst im Dezember 1981 im Zuge der Außenprüfung beim V geändert. Bei der Betriebsprüfung im Jahre 1975 sei allen Beteiligten klar gewesen, daß die steuerrechtliche Beurteilung der Spenden für alle Vereinsmitglieder Auswirkungen habe. Für den Kläger bilde die Institution des FA ein Ganzes. Er sei davon ausgegangen, daß nicht nur die Betriebsprüfungsstelle, sondern alle Dienststellen des FA diese Rechtsauffassung teilten. Das FA habe trotz zahlreicher anderer Betriebsprüfungen und Steuerveranlagungen fast sieben Jahre lang nichts unternommen, um den Rechtsstandpunkt erneut zu überprüfen.

Der Kläger beantragt, zum Teil sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils die Einspruchsentscheidung und die Einkommensteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre 1975 bis 1980 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision sei unzulässig, weil sich der Kläger auf die Wiederholung seines Klagevorbringens beschränkt und eine Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil unterlassen habe (Hinweis auf Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, § 120 FGO Tz. 6). Die Revisionsbegründung lasse nicht erkennen, welche Entscheidungsgründe des FG-Urteils aus welchen Gründen nicht zutreffend sein sollten. Gegen die Anwendung des § 173 AO 1977 wende sich der Kläger außerdem mit unzulässigem neuem tatsächlichem Vorbringen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Revisionsbegründung des Klägers genügt entgegen der Ansicht des FA den gesetzlichen Anforderungen. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muß die Revisionsbegründung oder die Revision die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Dies bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, daß sich der Revisionskläger zumindest kurz und unter Prüfung seines eigenen Standpunkts mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandersetzen muß. Die Revisionsbegründung muß aus sich heraus erkennen lassen, daß der Revisionskläger anhand der Gründe des finanzgerichtlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Januar 1977 I R 134/76, BFHE 121, 19, BStBl II 1977, 217, m.w.N.). Die wörtliche Wiederholung von Teilen der Klagebegründung oder bloße Bezugnahme auf vor Erlaß des angefochtenen Urteils eingereichte Schriftsätze reicht deshalb grundsätzlich nicht aus (BFH-Beschlüsse vom 25. Oktober 1973 V R 38/72, BFHE 110, 324, BStBl II 1974, 13; vom 6. Oktober 1982 I R 71/82, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48, sowie z. B. Beschluß des erkennenden Senats vom 9. Juli 1985 IX R 69/82, BFH/NV 1985, 93). Eine wörtliche Wiederholung früheren Vorbringens oder bloße Bezugnahme hierauf liegt jedoch im vorliegenden Fall nicht vor. Der Kläger hat vielmehr unter ausdrücklicher Angabe der seiner Ansicht nach verletzten Rechtsnormen dargelegt, daß und weshalb er nach wie vor den Spendenabzug für statthaft hält. Die Revisionsbegründung läßt auch erkennen, daß der Kläger sein bisheriges Vorbringen anhand der Vorentscheidung überprüft hat.

Die Revision ist jedoch unbegründet. Der erkennende Senat tritt dem FG-Urteil im Ergebnis bei. Die Zahlung der dem V geschuldeten Mitgliedsbeiträge über den D stellt einen Mißbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 6 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) bzw. - für die Streitjahre ab 1977 (§ 415 AO 1977) - § 42 Satz 1 AO 1977 dar.

Nach § 10b EStG sind Ausgaben zur Förderung u.a. der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke in bestimmter Höhe als Sonderausgaben abziehbar. Ein als besonders förderungswürdig anerkannter gemeinnütziger Zweck ist die Förderung des Sports, wenn der Empfänger der Zuwendung eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist (§ 48 Abs. 1 EStDV i.V.m. § 17 Abs. 3 Nr. 1 StAnpG bzw. § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 und § 48 Abs. 2 EStDV i.V.m. Anlage 7 Nr. 3 zu Abschn. 111 Abs. 1 EStR sowie § 48 Abs. 3 Nr. 1 EStDV). Der D ist zwar weder eine juristische Person des öffentlichen Rechts noch eine öffentlich rechtliche Dienststelle; Zuwendungen an ihn werden jedoch gemäß § 48 Abs. 4 EStDV i.V.m. Abschn. 111 Abs. 2 Nr. 5 EStR als steuerbegünstigt anerkannt. Auf die freie Verfügbarkeit über den Betrag durch den Spendenempfänger kommt es entgegen der Ansicht des FG nicht an, wie der BFH zu sog. Durchlaufspenden an die öffentliche Hand wiederholt entschieden hat (Urteil vom 18. Juli 1980 VI R 167/77, BFHE 131, 345, BStBl II 1981, 52, m.w.N.). Es mag auch zu den satzungsmäßigen Zwecken des D gehören, die ihm angehörenden Sportvereine aus Spendenmitteln zu unterstützen. Dennoch sind die strittigen Aufwendungen nicht als Spenden an den D abziehbar. Der Senat kann dabei unentschieden lassen, ob die Zuwendung des Klägers an den D als Scheingeschäft zu werten ist. Ein steuerrechtlich unbeachtliches Scheingeschäft ist gegeben, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber abgegeben wird und beide Teile darüber einig sind, daß das Erklärte nicht gewollt ist (Tipke/Kruse, a.a.O., 12. Aufl., § 41 AO 1977, Tz. 25 unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 21. Januar 1930 II A 665/29, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1930 Nr. 383). Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung, da in der Zahlung der V-Mitgliedsbeiträge über den D, falls sie ernsthaft gewollt war, jedenfalls ein Gestaltungsmißbrauch i.S. des § 6 Abs. 1 StAnpG bzw. § 42 Satz 1 AO 1977 liegt. Eine Umgehung im Sinne dieser Vorschriften setzt nach ständiger Rechtsprechung eine Gestaltung voraus, die, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Für das Umgehungsgeschäft ist es kennzeichnend, daß das erklärte Geschäft dem Parteiwillen entspricht (Urteil des Senats vom 31. Juli 1984 IX R 3/79, BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33).

Ein Gestaltungsmißbrauch kommt auch bei mißbräuchlicher Erwirkung von Steuerbefreiungen (vgl. BFH-Urteil vom 13. August 1985 VII R 172/83, BFHE 144, 176, BStBl II 1985, 636) oder Steuervergünstigungen (Senatsurteil in BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33, sowie auch Urteil vom 19. Juni 1985 I R 115/82, BFHE 144, 264, BStBl II 1985, 680) in Betracht. Von einer Steuerumgehung durch eine verschleierte Spende ist z. B. auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Beschluß vom 13. November 1980 6 A 75/80 (Kommunale Steuer-Zeitschrift - KStZ - 1981, 198), der die Jagdsteuer betraf, ausgegangen. Im vorliegenden Fall besteht die unangemessene rechtliche Gestaltung darin, daß die dem V geschuldeten Mitgliedsbeiträge nicht direkt an diesen geleistet, sondern an den D zur Weiterleitung an den V gezahlt wurden. Dafür sind außer dem Beweggrund der Steuerersparnis keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen nichtsteuerlichen Gründe ersichtlich. Die Zahlung der V-Mitgliedsbeiträge an den D stimmt insbesondere nicht mit der Regelung und dem Zweck des § 10b EStG überein.

Mit dem FG ist davon auszugehen, daß als Ausgaben i.S. von § 10b EStG nur Aufwendungen in Betracht kommen, die freiwillig und unentgeltlich, das heißt ohne Gegenleistung erbracht werden. Der erkennende Senat neigt auch dazu, der Auffassung des FG beizutreten, daß Mitgliedsbeiträgen an einen Sportverein eine Gegenleistung des Vereins gegenüberstehe (ebenso zum Teil das Schrifttum, so Gericke in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10b Rz. 3 S. 6; Gérard in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10b Anm. 92, Biergans, Einkommensteuer und Steuerbilanz, 3. Aufl., 1034, und Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht, 1983, 430). Diese Frage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Denn die Mitgliedsbeiträge an den V sind schon deshalb keine Spenden, weil weder der Verein selbst noch der D die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 und 2 EStDV i.V.m. Anlage 7 Nr. 3 zu Abschn. 111 Abs. 1 EStR erfüllt und auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 EStDV i.V.m. Abschn. 111 Abs. 2 Nr. 5 EStR nicht vorliegen.

Nach den gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c EStG rechtswirksam erlassenen §§ 48 bis 50 EStDV ist der Sonderausgabenabzug gemäß § 10b EStG auf Zuwendungen an bestimmte Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen und die Anerkennung bestimmter gemeinnütziger Zwecke als besonders förderungswürdig beschränkt (BFH-Urteile vom 15. Juni 1973 VI R 35/70, BFHE 110, 112, BStBl II 1973, 850, und vom 19. März 1976 VI R 72/73, BFHE 118, 224, BStBl II 1976, 338). Gemäß § 48 Abs. 1 und 2 EStDV müssen gemeinnützige Zwecke durch Anordnung der Bundesregierung allgemein als besonders förderungswürdig anerkannt sein. Das ist - vgl. Anlage 7 Nr. 3 zu Abschn. 111 Abs. 1 EStR - hinsichtlich der körperlichen Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen (Turnen, Spiel und Sport) an die Voraussetzung geknüpft, daß der Empfänger der Zuwendungen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist.

Die Empfängerbeschränkung für den Spendenabzug beruht auf der Erwägung, daß nur die bezeichneten öffentlichen Körperschaften oder Dienststellen einer ständigen Verwaltungskontrolle hinsichtlich der Verwendung dieser Mittel unterliegen. Dies ist bei Zuwendungen an den Sportverein selbst, auch wenn er als gemeinnützig anerkannt ist, nicht der Fall (vgl. BFH-Urteile vom 4. April 1963 I 67/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1963, 299, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Körperschaftsteuergesetz 1934 bis 1975, § 11 Ziff. 5, Rechtsspruch 4; in BFHE 118, 224, BStBl II 1976, 338, und Urteil vom 13. Dezember 1978 I R 64/77, BFHE 127, 342, BStBl II 1979, 488, sowie in BFHE 131, 345, BStBl II 1981, 52).

Die Zahlungen des Klägers fielen auch nicht unter § 48 Abs. 4 EStDV i.V.m. Abschn. 111 Abs. 2 Nr. 5 EStR. Hiernach sind Ausgaben oder Zuwendungen an den D aufgrund einer Anordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates als steuerbegünstigt anerkannt worden. Diese für Spendenleistungen an den D als einen Dachverband getroffene Regelung kann aber nicht dazu dienen, die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine als Durchlaufspenden abziehbar zu machen. Denn die vom Kläger begehrte Verwendung der Zahlung gehört nicht zu den durch § 10b EStG i.V.m. § 48 EStDV begünstigten Zwecken. Für Mitgliedsbeiträge kommt nämlich ein Abzug als Spende nur in Betracht, wenn die den Beitrag erhebende Einrichtung selbst unmittelbar zum Empfang steuerbegünstigter Zuwendungen berechtigt ist (vgl. Frotscher, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 10b Anm. 2; Abschn. 111 Abs. 1 Satz 1 EStR, und auch BFH-Urteil vom 29. Januar 1971 VI R 159/68, BFHE 103, 147, BStBl II 1971, 799).

Der D hat aber keinen ihm vom Kläger geschuldeten Mitgliedsbeitrag erhoben, sondern nur dessen Mitgliedsbeitrag an den zum unmittelbaren Spendenempfang nicht befugten V weitergeleitet. Darin liegt eine Umgehung des Abzugsverbots von Mitgliedsbeiträgen an Vereine, die keine Spendenbescheinigung ausstellen dürfen.

Der Streitfall veranlaßt es nicht zu entscheiden, ob die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs auch eine darauf gerichtete Absicht der Beteiligten voraussetzt. Denn jedenfalls kann davon ausgegangen werden, daß die hier vorliegende Erfüllung des Steuertatbestands des § 6 Abs. 1 StAnpG bzw. § 42 AO 1977 eine Umgehungsabsicht indiziert (vgl. Urteil in BFHE 144, 176, BStBl II 1985, 636).

Die nach § 6 Abs. 2 StAnpG bzw. § 42 Satz 2 AO 1977 vorzunehmende Sachverhaltsfiktion einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung ergibt, daß der Kläger so zu behandeln ist, als ob er die Mitgliedsbeiträge unmittelbar an den V gezahlt hätte. Damit entfällt entsprechend den obigen Ausführungen die Befugnis zum Spendenabzug nach § 10b EStG. Der Senat läßt wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots unerörtert, ob die vom D einbehaltenen Gebühren abziehbare Spenden bilden, wie das FA angenommen hat.

Das FG hat auch zu Recht die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide als erfüllt angesehen, da dem FA die dem Spendenabzug entgegenstehenden Tatsachen erst nachträglich bekanntgeworden sind (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977). Nach ständiger Rechtsprechung sind Tatsachen nachträglich bekanntgeworden, wenn sie dem FA bei Erlaß des ursprünglichen Bescheids unbekannt waren. Dabei ist das FA entgegen der Ansicht des Klägers keine Einheit. Entscheidend ist vielmehr die Kenntnis der zur Bearbeitung des Steuerfalls organisatorisch berufenen Dienststelle, d.h. hier der für die Einkommensteuerveranlagung berufenen Beamten (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 114/82, BFHE 143, 520, BStBl II 1985, 492). Auf die Kenntnis des Betriebsprüfers kommt es grundsätzlich nicht an (so schon BFH-Urteil vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672).

Das FG hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die für die Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen des Klägers zuständigen Bediensteten bei der Veranlagung nicht gewußt hätten, daß die strittigen Zahlungen als Mitgliedsbeiträge gegenüber dem V vom D an diesen Verein weitergeleitet wurden. Dies hat sich auch nicht aus den vom D erstellten Spendenbescheinigungen ergeben.

Dem Erlaß der Änderungsbescheide stehen auch nicht die Grundsätze von Treu und Glauben entgegen. Der Senat läßt unerörtert, ob der Kläger sich auf die Verletzung von Treu und Glauben schon deshalb nicht berufen darf, weil seine Einkommensteuererklärungen als unvollständig gewertet werden könnten und deshalb eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht vorläge. Denn ein Verstoß gegen Treu und Glauben scheidet insoweit jedenfalls deshalb aus, weil das FA bei den unter Mitwirkung eines Steuerberaters abgegebenen Steuererklärungen davon ausgehen konnte, daß sie richtig und vollständig waren (Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO 1977 Tz. 28 S. 52/5). Der Kläger kann auch keinen Vertrauensschutz daraus herleiten, daß das FA es möglicherweise rechtswidrig unterlassen hat, diesen Sachverhalt schon im Rahmen der früheren Betriebsprüfung aufzugreifen. Denn das FA ist wegen der Gebote der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung an eine fehlerhafte Sachbehandlung im Rahmen der Betriebsprüfung grundsätzlich nicht gebunden (vgl. schon die BFH-Urteile vom 16. Juli 1964 V 92/61 S, BFHE 80, 446, BStBl III 1964, 634, und vom 27. Oktober 1967 V 206/64, BFHE 90, 442, BStBl II 1968, 128, Ziff. 4 der Gründe). Der Kläger hat auch nicht behauptet, daß der Spendenabzug im Rahmen der Betriebsprüfung ausdrücklich anerkannt worden sei und er daraufhin bestimmte Dispositionen getroffen habe, so daß nach dem BFH-Urteil vom 1. April 1966 VI 122/64 (BFHE 85, 437, BStBl III 1966, 519) eine andere rechtliche Beurteilung zu erwägen wäre. Seit dem Inkrafttreten der AO 1977 ergibt sich zudem aus der Regelung der §§ 204 bis 207 AO 1977 hinsichtlich der verbindlichen Zusage im Anschluß an eine Außenprüfung, daß das FA ohne eine solche Zusage allein an die Behandlung einer bestimmten Frage im Rahmen der Außenprüfung grundsätzlich nicht gebunden ist.

Der Senat teilt auch die Auffassung des FG, daß sich die im Urteil in BFHE 131, 345, BStBl II 1981, 52 entwickelten Grundsätze zur Bindung des FA nach Treu und Glauben nicht auf den vorliegenden Fall übertragen lassen. Denn dort ging es um den nachträglichen Wegfall der Gemeinnützigkeit eines Sportvereins, an den über die öffentliche Hand unstreitig eine Spende geleistet war. So liegt der Fall hier gerade nicht.

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 151

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