Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen für die Anschaffung einer Waschmaschine, die ein Steuerpflichtiger seiner in der DDR lebenden Schwägerin schenkt, sind auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig, wenn die Schwägerin die Versorgung der schwer erkrankten und hilflosen Schwiegermutter übernommen hat und der Steuerpflichtige mit seiner Zuwendung einen ihm nur in dieser Weise möglichen Beitrag zur Versorgung der Schwiegermutter leistet.

 

Normenkette

EStG 1971 §§ 33, 33a

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) schenkte seiner unverheirateten Schwägerin, die im Streitjahr 1972 zusammen mit ihrer Mutter in einem gemeinsamen Haushalt in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) lebte, eine Waschmaschine. Die Schwiegermutter des Klägers ist seit 1970 infolge eines Schlaganfalls linksseitig gelähmt und auf die Hilfe und Pflege ihrer Tochter angewiesen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte es bei der Einkommensteuerveranlagung 1972 ab, die Aufwendungen für die Anschaffung der Waschmaschine in Höhe von 594 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Das FA vertrat - auch im Einspruchsverfahren - die Auffassung, der Kläger habe weder typische Unterhaltszuwendungen geleistet noch eigentliche Krankheitskosten getragen.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Die geltend gemachten Aufwendungen seien gemäß § 33 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Infolge der durch einen Schlaganfall erlittenen Lähmung sei die Schwiegermutter des Klägers so hilflos, daß sie auf eine ständige Pflege und Versorgung angewiesen sei. Die Pflege habe die Schwägerin des Klägers neben der Führung des gemeinsamen Haushalts übernommen. Dem Kläger und seiner Ehefrau sei es nicht möglich gewesen, ihrer in der DDR lebenden Mutter persönlich Hilfe zu gewähren. Der statt dessen mit der Zuwendung der Waschmaschine vom Kläger geleistete Beitrag zur Pflege der Schwiegermutter beinhalte im weiteren Sinne Aufwendungen, die ihre Ursache in der schweren Erkrankung der Schwiegermutter gehabt hätten. Diese Aufwendungen seien ähnlich wie die Kosten für eine Pflege- oder Begleitperson als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG absetzbar.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung vom Senat zugelassenen Revision rügt das FA einen Verstoß der Vorentscheidung gegen § 33 EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Die geltend gemachten Aufwendungen sind weder gemäß § 33 a Abs. 1 EStG noch gemäß § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig.

1. Zu Recht hat das FG die Aufwendungen für die Anschaffung der Waschmaschine nicht als Unterhaltsaufwendungen i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG angesehen. Bereits mit Urteil vom 19. Februar 1965 VI 306/64 U (BFHE 82, 102, BStBl III 1965, 284) hat der Senat entschieden, daß der Begriff Unterhalt i. S. von § 33 a Abs. 1 EStG enger als der Begriff Unterhalt i. S. der §§ 1601 ff. BGB ist. Nach dieser Rechtsprechung greift die Vorschrift des § 33 a Abs. 1 EStG nur insoweit ein, als es sich um typische Unterhaltsaufwendungen wie für die Wohnung, Ernährung und Kleidung des Unterhaltenen handelt. Die Hingabe einer Waschmaschine stellt jedoch, wie das FG zutreffend entschieden hat, keine typische Unterhaltsleistung i. S. des § 33 a Abs. 1 EStG, sondern die Zuwendung eines Haushaltsgeräts von nicht unerheblichem Wert dar. Auf Zuwendungen dieser Art ist § 33 a Abs. 1 EStG nicht anwendbar.

2. Entgegen der Ansicht des FG sind die Voraussetzungen des § 33 EStG ebenfalls nicht erfüllt. Gemäß § 33 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer zu ermäßigen, wenn das Einkommen durch außergewöhnliche und zwangsläufige Aufwendungen belastet ist. Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Eine rechtliche Verpflichtung des Klägers, seiner Schwägerin wegen deren Belastung durch die Pflege seiner Schwiegermutter eine Waschmaschine zuzuwenden, bestand nicht. Es ist auch nicht erkennbar, daß der Kläger aus tatsächlichen oder sittlichen Gründen zu einer Zuwendung der hier vorliegenden Art verpflichtet gewesen wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu § 33 Abs. 2 EStG ist eine sittliche Verpflichtung nicht schon dann zu bejahen, wenn sich ein Steuerpflichtiger subjektiv zur Bestreitung der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen verpflichtet fühlt. Nach dieser Rechtsprechung ist auch nicht jede aus sittlichen Gründen verständliche Unterstützung eines nahen Angehörigen zwangsläufig (vgl. zuletzt Urteile vom 8. November 1977 VI R 42/75, BFHE 124, 34, BStBl II 1978, 147, und vom 18. November 1977 VI R 142/75, BFHE 124, 39, BStBl II 1978, 147). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, im privaten Lebensbereich entstandene Aufwendungen eines Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastung teilweise der Allgemeinheit aufzubürden (Urteil des Senats vom 16. Mai 1975 VI R 132/72, BFHE 116, 130, BStBl II 1975, 536). Solche besonderen Umstände, die im Falle einer Zusammenveranlagung in der Person beider Ehegatten oder in deren Beziehungen zu Dritten liegen können, sind im Streitfall nicht gegeben. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat aufgrund der Erwägung, daß es sich bei den Aufwendungen für die Anschaffung von Haushaltsgeräten zugunsten naher Angehöriger um typische Kosten der Lebenshaltung handelt, die grundsätzlich nicht als zwangsläufig i. S. des § 33 Abs. 2 EStG anzuerkennen sind. Ein sittlicher Zwang i. S. dieser Vorschrift ist bei der Anschaffung von Haushaltsgeräten auch dann nicht zu bejahen, wenn z. B. eine Waschmaschine mit Rücksicht auf eine schwere Erkrankung und Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen erworben und dessen Haushalt zugewendet wird. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt Urteil VI R 132/72), wonach Kosten anläßlich der Krankheit eines nahen Angehörigen, die nicht unmittelbar zur Heilung aufgewendet werden, sondern als Folgekosten gelegentlich der Krankheit entstehen, im allgemeinen nicht zwangsläufig erwachsen. Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, daß Krankheitskosten von der Verwaltung regelmäßig ohne Abstriche als außergewöhnlich und zwangsläufig anerkannt werden und diese großzügige Beurteilung auf die eigentlichen Krankheitskosten beschränkt bleiben muß (BFH-Urteil vom 4. Juli 1975 VI R 30/73, BFHE 116, 356, BStBl II 1975, 738). Aufgrund dieser Rechtsprechung ist davon auszugehen, daß auch Aufwendungen für die Anschaffung von Haushaltsgeräten anläßlich der Krankheit eines nahen Angehörigen ohne Rücksicht darauf, ob - gegebenenfalls aus welchen Gründen - dem Steuerpflichtigen eine persönliche Hilfeleistung unmöglich ist, nicht zwangsläufig entstehen. Deshalb vermag auch das Unvermögen, in der DDR ansässigen Angehörigen persönlich zu helfen, eine Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für die Anschaffung von Haushaltsgeräten nicht zu begründen. Dabei verkennt der Senat nicht, daß sich die Ehefrau des Klägers ihrer Mutter gegenüber zur Hilfe und im Verhältnis zu ihrer Schwester zu jeder nur möglichen Entlastung verpflichtet fühlte und die Zuwendung der Waschmaschine eine gewisse Linderung der durch die Krankheit bedingten Zwangslage bewirkte. Gleichwohl beruhte die Zuwendung der Waschmaschine als eines Haushaltsgeräts von nicht unerheblichem Wert auf dem freien Entschluß des Klägers und war deshalb nicht zwangsläufig i. S. des § 33 Abs. 2 EStG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72781

BStBl II 1978, 456

BFHE 1979, 167

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