Leitsatz (amtlich)

Eine (auch außerhalb des Wohnhauses) auf dem (gemischt genutzten) Grundstück errlchtete Schwimmhalle ist in den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus nach § 21 Abs. 2 EStG miteinzubeziehen.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) bewohnen ein als gemischt genutztes Grundstück bewertetes Haus. Im Jahre 1974 ließen sie auf diesem Grundstück in einer Entfernung von etwa 40 m vom Wohnhaus eine Schwimmhalle mit Sauna errichten. Die Grundfläche beträgt etwa 91 qm; die Baukosten beliefen sich auf rund 139 000 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) lehnte für das Streitjahr 1976 hierfür sowohl den Ansatz eines Nutzungswertes als auch die Berücksichtigung von Werbungskosten ab.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Urteil vom 19. Februar 1981 II 441/78 (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1981, 344) als unbegründet ab. Es ist der Ansicht, daß eine Schwimmhalle nicht in den Nutzungswert einer Wohnung im eigenen Haus nach § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einzubeziehen sei. Es könne daher Weder der Nutzungswert angesetzt werden noch könnten Werbungskosten abgezogen werden.

Mit der Revision wenden sich die Kläger gegen die vom FG vorgenommene Auslegung des Begriffs Wohnung nach § 21 Abs. 2 EStG. Sie sind der Ansicht, daß entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung zur Wohnung auch eine Schwimmhalle mit Sauna gehöre. Die Schwimmhalle sei daher bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowohl hinsichtlich ihres Nutzungswertes als auch hinsichtlich ihrer Werbungskosten zu berücksichtigen. Aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 7 b EStG ergebe sich, daß auch ein Schwimmbad oder eine Sauna, die durch eine Erweiterung geschaffen worden sei, zu den Wohnzwecken dienenden Räumen gehöre (Hinweis auf Urteile vom 9. September 1980 VIII R 5/79, BFHE 132, 222, BStBl II 1981, 258, und VIII R 21/79, BFHE 132, 226, BStBl II 1981, 260). Mit diesen beiden Entscheidungen habe sich der BFH dem allgemeinen Begriff des Wohnungsbaus angeschlossen. Bei dem heutigen Stand unserer Wohnkultur sei es sachlich nicht mehr gerechtfertigt, eine Schwimmanlage oder eine Sauna als Luxusgegenstand oder als Liebhaberei anzusehen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) zählten Schwimmbad und Sauna zur Wohnung. Es werde insoweit auf den Erlaß des Niedersächsischen Finanzministers vom 4. Januar 1978 (Der Betrieb -- DB -- 1978, 138) verwiesen, der ausdrücklich klarstelle, daß i. S. der Bausparvergünstigung Schwimmbäder und Saunen als Wohnzwecken dienend anzusehen seien. Auch soweit das FG zur Begründung der Liebhaberei darauf hinweise, es fehle bei der Schwimmhalle an der Gewinnerzielungsabsicht, weil die Absetzung für Abnutzung (AfA) zu ständigen Verlusten führe, könne ihm nicht gefolgt werden. Die Schwimmhalle sei ein Teil der Gesamtwohnung und es sei nicht zulässig, nur Teile einer Wohnung dieser Berechnung zu unterziehen.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Einkommensteuer 1976 bezüglich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Zugrundelegung der Einkommensteuererklärung 1976 festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es weist darauf hin, daß das angefochtene Urteil rechtsfehlerfrei sei und auch nicht auf Verfahrensmängeln beruhe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung verletzt § 21 Abs. 2 EStG. Das FG hat zu Unrecht die Schwimmhalle bei der Ermittlung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Haus der Kläger unberücksichtigt gelassen.

Nach der Rechtsprechung dient die Regelung in § 21 Abs. 2 EStG der steuerlichen Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die Mietaufwendungen für eine Wohnung im fremden Haus haben, mit solchen Steuerpflichtigen, die solche Aufwendungen durch die Nutzung einer Wohnung im eigenen Haus nicht haben. Es soll derjenige, der keine Miete zahlt, nicht besserstehen als derjenige, der Miete zahlt und diese als Kosten der allgemeinen Lebenshaltung (§ 12 Nr. 1 EStG) nicht abziehen kann (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs -- RFH -- vom 8. Februar 1928 VI A 439/27, RFHE 23, 35, und VI A 80/27, RFHE 23, 46; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 3. Dezember 1958 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3, BStBl I 1959, 68; BFH-Urteile vom 6. Juli 1966 VI 148/65, BFHE 86, 676, BStBl III 1966, 622; vom 12. August 1966 VI R 159/66, BFHE 86, 622, BStBl III 1966, 586; vom 18. Dezember 1967 VI R 119/66, BFHE 91, 251, BStBl II 1968, 309; vom 12. September 1969 VI R 333/67, BFHE 96, 523, BStBl II 1969, 706; vom 17. Oktober 1969 VI R 17/67, BFHE 97, 117, BStBl II 1970, 60; vom 26. März 1974 VIII R 120/69, BFHE 112, 162, BStBl II 1974, 424, und vom 26. August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9). Bei dieser Auslegung des § 21 Abs. 2 EStG richtet sich die Höhe des Nutzungswertes einer Wohnung im eigenen Haus nach den individuellen Wohnbedürfnissen des Steuerpflichtigen. Sind diese sehr hoch, so führt dies zu einem entsprechend hohen Nutzungswert entsprechend den höheren ersparten Mietaufwendungen.

Das rechtfertigt es, für die Ermittlung des Nutzungswertes nach § 21 Abs. 2 EStG nicht nur die unmittelbaren Wohnzwecken dienenden Räume heranzuziehen. Wie sich aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 EStG ergibt, rechnen zum Nutzungswert i. S. dieser Vorschrift auch die zugehörigen sonstigen Räume (und Gärten). Welche Räume der Wohnung im einzelnen in die Ermittlung des Nutzungswertes nach § 21 Abs. 2 EStG miteinzubeziehen sind, hängt nach der neueren Rechtsprechung des BFH davon ab, ob sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der vom Eigentümer genutzten Wohnung im eigenen Haus stehen (vgl. Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Der Große Senat hat in diesem Beschluß beispielhaft den einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang von Wohnhaus und Schwimmbad bejaht (vgl. unter C. II. 2. d). Für die Erfüllung des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhanges genügt es, daß diese Räume auch mittelbar Wohnzwecken dienen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 9. September 1980 VIII R 5/79 (BFHE 132, 222, BStBl II 1981, 258) bei der Entscheidung der Frage, wann ein Gebäude zu mehr als 80 v. H. Wohnzwecken dient, ausgesprochen, daß das nicht nur für Nebenräume zur Befriedigung zeitgemäßer Wohnbedürfnisse zutrifft, sondern auch für Räume, mit denen individuelle Wohnbedürfnisse befriedigt werden. Er hat in dieser Entscheidung ausdrücklich betont, daß dies auch für Schwimmbäder und Saunaräume gilt. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest und wendet sie auch bei der Ermittlung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Haus an.

Dem steht nicht entgegen, daß der Senat in seinem Urteil vom 11. Dezember 1973 VIII R 117/69 (BFHE 112, 249, BStBl II 1974, 478 m. w. N.) es abgelehnt hat, Sauna und Schwimmbad als durch § 7 b EStG begünstigt anzusehen. Der Gesetzeszweck des § 21 Abs. 2 EStG, den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus bei der Einkommensteuer zu erfassen, rechtfertigt insoweit eine andere Auslegung als bei Anwendung des § 7 b EStG, der die Schaffung von Wohnraum begünstigen oder die Vermögensbildung fördern will.

Daß sich im vorliegenden Fall das Hallenschwimmbad nicht unmittelbar im Haus, sondern im dazugehörigen Garten befindet, hindert an der Beurteilung nichts. Der räumliche Zusammenhang von verschiedenen Teilen einer Wohnung hat im allgemeinen keine Bedeutung für die Beurteilung, wann ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang besteht. Wird dieser bejaht, so kommt es nicht darauf an, ob sich ein Teil der Wohnung innerhalb oder außerhalb des Hauses befindet.

Die Ansicht des FG, daß das den Klägern gehörende und von ihnen genutzte Hallenschwimmbad bei der Ermittlung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Haus nach § 21 Abs. 2 EStG deshalb außer Ansatz zu bleiben habe, weil es nicht Wohnzwecken, sondern "Liebhaberzwecken" diene, steht im Widerspruch zu der neueren Rechtsprechung des Senats zu dem Begriff Liebhaberei bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Urteil vom 21. Oktober 1980 VIII R 81/79, BFHE 132, 518, BStBl II 1981, 452). Danach ist (sowohl die Vermietung und Verpachtung an Fremde -- § 21 Abs. 1 EStG -- als auch) das Wohnen im eigenen Haus (§ 21 Abs. 2 EStG) für die Annahme einer Liebhaberei wenig geeignet. Nur für den Fall, daß objektiv auf lange Sicht positive Einkünfte nicht zu erzielen sind bzw. erzielt werden und daß auch subjektiv nicht die Absicht besteht, Einkünfte zu erzielen, kann hiernach Liebhaberei bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bejaht werden.

Die Vorentscheidung war hiernach aufzuheben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst zu entscheiden. Dem Senat fehlen tatsächliche Feststellungen hinsichtlich des Ansatzes des Rohmietwertes der eigengenutzten Wohnung einschließlich der Schwimmhalle sowie der anzusetzenden Werbungskosten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74594

BStBl II 1983, 364

BFHE 1983, 23

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