Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Aufspaltung eines Unternehmens in eine Grundstücksgesellschaft und eine Betriebs-GmbH kann die Bewertungsfreiheit auf die neu gegründete Kapitalgesellschaft dann übergehen, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Gleichheit des Unternehmers und des Unternehmens noch bejaht werden kann.

 

Normenkette

EStG § 7a

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Steuerpflichtige (Stpfl.) als Betriebsgesellschaft die Steuervergünstigung für Ersatzbeschaffung nach § 7 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) II/1948 und 1949 für Gegenstände in Anspruch nehmen kann, die früher aus dem Betriebsvermögen der mit ihr verbundenen Grundstücks-Kommanditgesellschaft - kurz KG genannt - ausgeschieden sind.

Die durch notariellen Vertrag vom 30. Dezember 1947 mit einem Stammkapital von 340.000 RM als Familiengesellschaft gegründete Stpfl. ist die Betriebsgesellschaft der als Grundstücksgesellschaft bestehen bleibenden KG. Gründer sind die Gesellschafter der KG, die an der Stpfl. in demselben Verhältnis wie an der KG beteiligt sind (ß 4 des Gründungsvertrages). Die KG hat nach dem Gründungsvertrage folgende Werte behalten: Sämtliche Grundstücke (die an die Stpfl. verpachtet sind), Wertpapiere, Außenstände und eine aus der Gründung (übernahme von Aktiven der KG durch die Stpfl.) sich ergebende Darlehnsforderung an die Stpfl. in Höhe von 175.657,20 RM (durch die Betriebsprüfung später um 900 RM erhöht). Die Entstehung der Darlehnsforderung aus der Gründung beruht auf § 4 Abs. 5 des Gründungsvertrages, in dem bestimmt worden ist, daß ein Mehrbetrag der KG auf Darlehnskonto gutzuschreiben ist, wenn der Saldo der von der Stpfl. übernommenen Aktiven und Passiven der KG einen höheren Betrag als 340.000 RM ergibt. Die Ausgliederung der Werte aus der KG ist zu Buchwerten erfolgt. Das Stammkapital von 340.000 RM ist in der DM-Eröffnungsbilanz auf 340.000 DM umgestellt worden. Die Darlehnsforderung der KG an die Stpfl. ist nach Zahlung eines Teilbetrages in der DM-Eröffnungsbilanz der Stpfl. mit 169.686,05 DM passiviert worden (Umstellung im Verhältnis 1:1).

Das Finanzgericht hat die Steuervergünstigung zugebilligt. Es ist der Auffassung, daß durch die Betriebsaufspaltung weder der Unternehmer noch das Unternehmen gleich geblieben seien. Diese Gleichheit werde vom Gesetz nicht gefordert. Es genüge, daß eine Ersatzbeschaffung vorliege und das ersetzte Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen früher ausgeschieden sei. Der Vorsteher des Finanzamts vertritt in seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) die Auffassung, daß Betriebs- und Personengleichheit Voraussetzung für die Steuervergünstigung sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Der Senat hat in dem Urteil I 75/51 vom 12. Dezember 1951, Bundessteuerblatt (BStBl.) 1952 III S. 23, dahin entschieden, daß bei Einbringung eines Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft die dem bisherigen Inhaber des Unternehmens zustehende Bewertungsfreiheit nicht auf die neu gegründete Kapitalgesellschaft übergeht. Der einzelne als geschädigt anzusehende Stpfl., nicht aber dasselbe Unternehmen in der Hand verschiedener Stpfl. solle begünstigt werden. Entscheidend für die Ablehnung der Steuervergünstigung war, daß bei der Gründung ein bisher nicht beteiligter Gesellschafter die Hälfte des Stammkapitals gegen Barzahlung übernommen hatte. Der Senat ist weiter in dem Urteil I 17/52 vom 6. Mai 1952, BStBl. 1952 III S. 183, zu dem Ergebnis gekommen, daß bei Realteilung des Unternehmens einer OHG die volle Bewertungsfreiheit den bisherigen Gesellschaftern verbleibt, wenn die Teilung des Unternehmens unter die Gesellschafter in der Weise vor sich geht, daß die neu entstandenen Unternehmen der einzelnen Gesellschafter als die Fortsetzung des alten Unternehmens nunmehr in seinen Gliedern angesehen werden können. Der Senat hat in diesem Falle der Realteilung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Gleichheit des Unternehmers und des Unternehmens noch als vorliegend erachtet.

Bei der Aufspaltung eines Unternehmens unter Neugründung einer Kapitalgesellschaft kann ein derartiger Zusammenhang (Gleichheit des Unternehmers und des Unternehmens) dann angenommen werden, wenn unter übernahme der Buchwerte die beteiligten Personen die gleichen bleiben und wenn trotz Aufspaltung der bisherige organische Zusammenhang des die Begünstigung beanspruchenden Betriebes (des Hauptbetriebes) erhalten bleibt und die Möglichkeit einer doppelten Inanspruchnahme der Vergünstigung nicht gegeben ist. Diese Auffassung ist dann unbedenklich, wenn, wie hier, in beiden Unternehmen die gleichen Beteiligungsverhältnisse vertraglich vorgesehen sind.

Das Bestehenbleiben der KG als Grundstücksgesellschaft ist unschädlich. An der Gleichheit des Betriebes und der Gleichheit des Beteiligungsverhältnisses ändert auch der Umstand nichts, daß die übernahme des Vermögens der KG durch die Stpfl. teils im Wege der reinen Einbringung, teils durch ein Darlehen der KG finanziert worden ist, das den bisherigen Gesellschaftern anteilig zusteht. Wenn nach Ziff. 12c und 23 des Erlasses des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes vom 6. September 1949 III S 2130 - 91/49 (Anlage 1 der Einkommensteuer-Richtlinien II/1948 und 1949) eine begünstigte Ersatzbeschaffung bei einem umgewandelten Unternehmen dann vorliegt, wenn die beteiligten Personen die gleichen wie bei dem bisherigen Unternehmen sind und wenn infolge übernahme der Buchwerte eine Realisierung der Veräußerungsgewinne nicht stattgefunden hat, so muß dies auch für eine Aufspaltung gelten, die den Wesenskern des Unternehmens in dem zu begünstigenden abgespalteten Unternehmen unberührt läßt. Eine derartige Aufspaltung, bei der ein Teil des wirtschaftlich gegebenen Gesamtbetriebes auch formalrechtlich noch im Eigentum der bisherigen Unternehmer verbleibt, kann nicht ungünstiger gestellt werden als der Fall der völligen Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft. Ziff. 12c a. a. O. kann entgegen der Meinung des Finanzgerichts nicht als ein Milderungserlaß angesehen werden. Sie stellt eine zutreffende Auslegung des Gesetzes in den Fällen dar, in denen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Gleichheit des Unternehmers und des Unternehmens noch bejaht werden kann. Die "Ersatzbeschaffung" ist ein wirtschaftlicher Vorgang. Ihre Voraussetzungen müssen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Dies ist in den Verwaltungsrichtlinien für die Umwandlung in zutreffender Weise geschehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407478

BStBl III 1952, 261

BFHE 1953, 681

BFHE 56, 681

BB 1952, 794

DB 1952, 838

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