Leitsatz (amtlich)

Läßt ein Arbeitgeber im dienstlichen Interesse Telefonanschlüsse in der Wohnung seiner Arbeitnehmer legen, so ist die monatliche Grundgebühr grundsätzlich im verhältnis der dienstlich und privat geführten Telefongespräche aufzuteilen und der private Anteil der Lohnsteuer zu unterwerfen.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2; LStDV § 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erstellt Schwachstromanlagen aller Art. Sie hat in den Wohnungen der bei ihr beschäftigten Revisoren auf ihre Kosten Fernsprechanschlüsse legen lassen. Sie tat dies im betrieblichen Interesse, weil die Revisoren bei Defekten an den Schwachstromanlagen für die Kundschaft jederzeit sofort erreichbar sein müssen. Die Klägerin begleicht die Fernsprechgebühren (Grundgebühren und Einzelgespräche) für die Anschlüsse. Die auf die privat geführten Ferngespräche entfallenden Gesprächsgebühren läßt sich die Klägerin mit 0,18 DM je Gesprächseinheit von den Revisoren erstatten. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis 30. Juni 1969 der private Anteil der von den Revisoren und ihren Familienangehörigen geführten Gespräche im Monat durchschnittlich 30 % der Gespräche ausgemacht hat. Die Klägerin trug bei den Revisoren die Grundgebühr in vollem Umfang. Sie betrug monatlich jeweils 18 DM bzw. bei Doppelanschlüssen monatlich jeweils 12 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) ist der Auffassung, die anteiligen Grundgebühren der privat geführten Telefongespräche seien ein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug. Er erließ gegen die Klägerin einen Lohnsteuerhaftungsbescheid, in dem er 30 % der Grundgebühren für das Jahr 1968 und für das erste Halbjahr 1969 der Nettolohnsteuer unterwarf.

Die Sprungklage hatte Erfolg. Das FG hat durch das in den EFG 1971, 380 veröffentlichte Urteil den Haftungsbescheid des FA aufgehoben. Es führte aus, nach der Rechtsprechung des BFH sei eine nicht lohnsteuerpflichtige Annehmlichkeit anzunehmen, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers überwiegend in seinem Interesse gemacht würden. Insbesondere nach dem BFH-Urteil vom 25. September 1970 VI R 85/68 (BFHE 100, 202, BStBl II 1971, 55) habe der BFH in der kostenlosen Zurverfügungstellung von Wohnungs-Dienstfahrkarten durch die Deutsche Bundesbahn an die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer, die nicht am Beschäftigungsort wohnten, eine lohnsteuerfreie Annehmlichkeit gesehen. Danach könne ein Arbeitnehmer, der mit einer Freifahrkarte zwischen Wohnung und Arbeitsstätte fahre, diese Möglichkeit nicht nur für dienstliche, sondern auch für private Fahrten in Anspruch nehmen. Das spiele im Regelfall keine Rolle, weil die dienstlichen Fahrten im Vordergrund ständen und die Kosten ebenso wie bei dienstlich veranlaßter Anschaffung einer Monatskarte ohnehin anfielen. In der Zurverfügungstellung der Wohnungs-Dienstfahrkarte liege nach Ansicht des BFH nur dann ein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil, wenn die Beförderungsmöglichkeit überhaupt nicht für dienstliche Fahrten in Anspruch genommen werde und nur privaten Zwecken diene. Entsprechend sei im Streitfall die Bezahlung der Grundgebühr durch die Klägerin für die bei ihr angestellten Revisoren ebenfalls als lohnsteuerfreie Annehmlichkeit zu beurteilen. Die Grundgebühren für den Telefonanschluß seien in jedem Falle angefallen, unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer nur dienstliche oder auch private Gespräche geführt hätten. Bei nur 30 % privat geführten Gesprächen sei das Telefon nicht überwiegend oder ausschließlich für private Zwecke benutzt worden. Es habe sich immer mehr eingebürgert, daß manche Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, auf Einkaufscheinen oder auf besonderen Ausweisen gewisse Waren, insbesondere die der eigenen Firma, verbilligt einzukaufen. Die Praxis sehe in dem verbilligten Einkauf im allgemeinen keinen geldwerten Vorteil. Solche Vorteile würden von Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht als zusätzlicher Lohn gewertet. Es wäre insbesondere mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, in gewissem Umfang Freitabak, Freizigarren, Freizigaretten bei Arbeitnehmern der Tabak- und Zigarrenindustrie und den üblichen Haustrunk bei Arbeitnehmern im Braugewerbe steuerfrei zu lassen, aber die relativ geringen Telefongrundgebührenanteile bei bestimmten Angestellten eines Telefonwerks als lohnsteuerpflichtigen Sachbezug anzusehen. Das BFH-Urteil vom 16. Dezember 1966 VI 133/64 (BFHE 87, 622, BStBl III 1967, 249) sei auf den Streitfall nicht anwendbar. Es behandle nicht die Frage eines geldwerten Vorteils bei einem Arbeitnehmer, sondern die Frage, inwieweit der Inhaber eines Telefonanschlusses die festen Kosten in einen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen privaten Nutzungsanteils aufzuteilen hätte.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 8 und 19 EStG und der §§ 2 und 3 LStDV. Es meint, die Übernahme des privaten Anteils in Höhe von 30 % der Grundgebühr, nämlich in der Regel von 64,80 DM je Revisor, sei keine geringwertige Annehmlichkeit. Auch bei Wegfall der Dienstgespräche und bei nur privatem Gebrauch des Telefons wäre die Grundgebühr in gleicher Höhe angefallen. Die Vorentscheidung widerspreche im übrigen dem BFH-Urteil VI 133/64 und dem vom 14. April 1967 VI R 190/66 (BFHE 88, 381).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Der Senat hat in dem oben angeführten Urteil VI 133/64 entschieden, daß die festen Kosten eines Fernsprechanschlusses in der Wohnung in einen betrieblichen (beruflichen) und privaten Nutzungsanteil aufzuteilen sind, soweit der Fernsprecher betrieblich (beruflich) benutzt wird und der betriebliche (berufliche) Kostenanteil nicht nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Der Senat hat die Grundsätze dieses Urteils in der Entscheidung VI R 190/66 bestätigt. Der Senat hält an der in diesen Entscheidungen vertretenen Ansicht fest, daß die Grundgebühr bei im dienstlichen Interesse in der Privatwohnung von Arbeitnehmern angelegten Telefonanschlüssen grundsätzlich in einen beruflichen und einen der Lohnsteuer zu unterwerfenden privaten Nutzungsanteil entsprechend dem Verhältnis der dienstlich und privat geführten Telefonspräche aufzuteilen ist. Diesem Aufteilungs gebot steht das grundsätzliche Aufteilungs verbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht entgegen. Nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) darf in Fällen, in denen die Kosten der Anschaffung eines Wirtschaftsguts zu den in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG bezeichneten Aufwendungen für die allgemeine Lebensführung gehören, eine Aufteilung in nach § 12 EStG nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebensführung und in Betriebsausgaben oder Werbungskosten zwar nur vorgenommen werden, wenn objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen, und wenn außerdem der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Diese Grundsätze treffen auf den Streitfall nicht zu. Die Revisoren haben sich nicht privat einen Telefonanschluß legen lassen, sondern die Arbeitgeberin hat aus dienstlichen Gründen und auf eigene Kosten die Anschlüsse bei den Revisoren veranlaßt. Benutzen die Revisoren und ihre Familienangehörigen diese Diensttelefone zu Privatgesprächen, so liegt nicht ein Fall des § 12 Nr. 1 EStG, sondern eine private Nutzung eines Gegenstandes des Betriebsvermögens vor, die der Arbeitgeber von der über laufende Betriebsausgaben zu buchenden dienstlichen Benutzung des Telefons im einzelnen genau abgrenzen und als geldwerten Vorteil der Lohnsteuer unterwerfen muß. Da durch den Anschluß und durch die Benutzung des Telefons Grundgebühren und Gebühren für die jeweiligen Gespräche anfallen, müssen zwecks zutreffender Abgrenzung beide Gebühren von der Aufteilung erfaßt werden. Die Grundgebühren können dabei praktisch nur nach dem Verhältnis der dienstlich und privat geführten Gespräche aufgegliedert werden.

Es liegen hier die gleichen Verhältnisse vor wie bei der privaten Nutzung eines für berufliche Zwecke vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten PKW. Hier hat die Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 1963 VI 306/61 U, BFHE 77, 191, BStBl III 1963, 387) in der privaten Nutzung ebenfalls einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil im Sinne des § 8 Abs. 2 EStG (§ 3 LStDV) erblickt, und zwar in der Höhe, wie dem Arbeitnehmer Kosten bei Haltung eines eigenen PKW des gleichen Typs erwachsen wären. Wie der Senat damals hervorhob, sind auch die fixen PKW-Kosten anteilig mit zu berücksichtigen.

Bei den Telefonkosten und bei der lohnsteuerlichen Erfassung privater PKW-Kosten kann daher nicht eingewandt werden, die fixen Kosten (beim Telefon die Grundgebühren) seien auch dann entstanden, wenn überhaupt keine privaten Telefongespräche geführt worden wären. Es kommt auch nicht darauf an, ob Revisoren mit einem Bruttogehalt von monatlich 1 000 DM sich selbst ein Telefon zugelegt hätten. Das im Einzelfall zu untersuchen, würde ohnehin zu einem unzumutbaren Eindringen in die Privatsphäre von Arbeitnehmern führen. Es wäre auch mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, etwa die Grundgebühr bei Revisoren, denen die Klägerin einen Telefonanschluß gelegt hat, in vollem Umfange lohnsteuerfrei zu belassen, und die Grundgebühr bei den Revisoren, die vor Eintritt in das Dienstverhältnis mit der Klägerin bereits einen Telefonanschluß besessen haben, nur mit dem privaten Nutzungsanteil der Lohnsteuer zu unterwerfen. Der Senat hat im übrigen schon in der Entscheidung VI 133/64 für das Jahr 1959 betont, ein Fernsprecher gehöre weithin zur gehobenen Lebenshaltung. Das gilt erst recht für die hier zu beurteilenden Verhältnisse der Jahre 1968 und 1969. Denn in den letzten Jahren haben zunehmend auch Arbeitnehmer mit geringeren Verdiensten sich ein Telefon zugelegt.

Diesen Grundsätzen steht nicht entgegen, daß der Senat in den Urteilen vom 26. Juni 1968 I 214/65 (BFHE 93, 270, BStBl II 1968, 773) und VI R 85/68 eine Aufteilung der Kosten für den Erwerb eines Führerscheins und bei Zurverfügungstellung einer Wohnungs-Dienstfahrkarte durch die Deutsche Bundesbahn in einen privaten und betrieblichen bzw. beruflichen Teil abgelehnt hat, wenn der Führerschein bzw. die Wohnungs-Dienstfahrkarte überwiegend für berufliche bzw. dienstliche Zwecke benutzt wird. Es ging dort um den Anschaffungswert und nicht, wie bei Telefonkosten, um die laufenden Nutzungskosten. Beim Erwerb eines Führerscheins und bei Zurverfügungstellung einer Fahrkarte der Bundesbahn kann man zudem nie im voraus die künftige private Nutzung einigermaßen zuverlässig schätzen.

Entgegen der Ansicht des FG liegt eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht vor, wenn in gewissem Umfang Freitabak, Freizigaretten, Freizigarren bei Arbeitnehmern der Tabak- und Zigarettenindustrie und der übliche Haustrunk bei Arbeitnehmern im Braugewerbe lohnsteuerfrei gelassen werden. Es liegen hier miteinander nicht vergleichbare Sachverhalte vor.

Es ist der Klägerin zuzugeben, daß der für jeden Revisor streitige Betrag von jährlich 64,80 DM nicht sehr erheblich ist. Der Betrag kann jedoch nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit dem 30 %igen Anteil an den einzelnen Telefongesprächen gesehen werden.

Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Da das FA entsprechend dem Anteil der Privatgespräche 30 % der bei den Revisoren angefallenen Grundgebühren zu Recht der Lohnsteuer unterworfen hat, ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71062

BStBl II 1974, 777

BFHE 1975, 291

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