Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Ordnungsmäßigkeit der Rüge von Verfahrensmängeln

 

Leitsatz (NV)

Die Rüge, das FG habe unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht die Konkursakten des Amtsgerichts nicht beigezogen, ist nur ordnungsmäßig, wenn auch vorgetragen wird, daß die Nichtbeiziehung in der Vorinstanz gerügt worden ist.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2, § 155; ZPO § 295

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Über deren Vermögen ist am 10. Mai 1974 das Konkursverfahen eröffnet worden. Mit Haftungsbescheid vom 3. Februar 1977 nahm das FA den Kläger für Umsatzsteuer und Vermögensteuer in Höhe von 32 292,66 DM in Anspruch. Davon beanspruchte das FA im Klageverfahren nur mehr Umsatzsteuer 1972 und 1973 sowie Vermögensteuer 1972 in Höhe von insgesamt 27 684 DM. Das FG wies die Klage im wesentlichen ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Der Kläger rügt mangelnde Sachaufklärung des FG dadurch, daß dieses die Konkursakten des Amtsgerichts nicht beigezogen habe. Soweit Verfahrensmängel gerügt werden, sind in der Revisionsbegründung die Tatsachen zu bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 120 Abs. 2 FGO). Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung nicht.

Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor, wenn es sich um die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften handelt, auf deren Beachtung der Beteiligte verzichten konnte und verzichtet hat (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 115 Anm. 19 C mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall hätte der Kläger auf die Beiziehung der Konkursakten des Amtsgerichts verzichten können. In einem solchen Fall gehört zur ordnungsmäßigen Rüge der Vortrag, daß die Verletzung in der Vorinstanz gerügt worden ist (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. Oktober 1967 V B 29/67, BFHE 90, 452, BStBl II 1968, 179; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 12. Februar 1959 III C 133.57, BVerwGE 8, 149; Gräber, a.a.O., § 120 Anm. 20). Die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn der Beteiligte in der nächsten mündlichen Verhandlung den Mangel nicht gerügt hat (§ 155 FGO i.V.m. § 295 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Im vorliegenden Fall war vom Kläger - ungeachtet der Tatsache, daß er keinen Prozeßvertreter hatte - zu erwarten, daß er spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 23. April 1981 die Nichtbeiziehung der Konkursakten ausdrücklich rügte. Mit der Revisionsbegründung ist nicht vorgetragen worden, daß er das getan hat. Damit entspricht die Rüge nicht den Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 FGO.

Im vorliegenden Fall wird die Revision nur auf Verfahrensmängel gestützt. Es liegen auch nicht zugleich die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO vor. Der erkennende Senat hat somit nur über den geltend gemachten Verfahrensmangel zu entscheiden (vgl. § 118 Abs. 3 FGO). Es bedarf daher keines Eingehens auf die Frage, ob die Vorentscheidung in der Sache selbst rechtsfehlerfrei ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422763

BFH/NV 1986, 100

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