Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Freibetrag nach § 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG 1958 wegen auswärtiger Unterbringung eines Kindes, für das ein Kinderfreibetrag nicht gewährt wird, bedeutet eine Erhöhung des Freibetrages von 900 DM nach Abs. 1 dieser Vorschrift. Nur wenn die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Unterhalt, Berufsausbildung und auswärtige Unterbringung des Kindes zusammen höher sind als der nach Abs. 1 abzugsfähige Höchstbetrag von 900 DM, können diese Aufwendungen in ihrer tatsächlichen Höhe, höchstens jedoch mit 1.800 DM im Kalenderjahr als steuerfrei abgezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 33a/2

 

Tatbestand

Die Bf. begehrten für 1958 einen Freibetrag von (3 x 75 =) 225 DM nach § 33 a Abs. 2 EStG 1958 wegen auswärtiger Unterbringung ihres Sohnes, der von Oktober bis Dezember 1958 an einem Abschlußlehrgang für den gehobenen Beamtendienst in X. teilgenommen hatte und während dieser Zeit in der dortigen Lehranstalt untergebracht war. Das Finanzamt lehnte den beantragten Freibetrag ab. Der Einspruch und die Berufung hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht hält den in § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG 1958 vorgesehenen Abzug von 900 DM für einen Höchstbetrag, bis zu dem die Aufwendungen für einen bedürftigen Angehörigen abzugsfähig seien. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift erhöhe sich dieser Höchstbetrag um 900 DM auf höchstens 1.800 DM, wenn dem Steuerpflichtigen durch die auswärtige Unterbringung eines Kindes im Zuge der Berufsausbildung Aufwendungen erwüchsen. Im allgemeinen erreichten zwar die Kosten der auswärtigen Unterbringung den zusätzlichen Höchstbetrag von 900 DM. Das Finanzamt könne aber den Nachweis über die entstandenen Kosten verlangen. Die von den Bf. als Mehraufwendung für die auswärtige Unterbringung geltend gemachten Fahrtkosten von allenfalls 33 DM könnten als steuerfrei anerkannt werden. Dadurch ergebe sich aber keine Ermäßigung der Einkommensteuer.

Die Bf. verweisen zur Begründung ihrer Rb. darauf, daß erstmals in Abschn. 28 Ziff. 1 letzter Absatz der Einkommensteuer-Ergänzungsrichtlinien für 1952 ein Pauschbetrag von 300 DM zur Abgeltung der durch die auswärtige Unterbringung eines in Berufsausbildung befindlichen Kindes verursachten Aufwendungen eingeführt worden sei, der ab 1954 auf 480 DM erhöht worden sei. Diese Verwaltungsanweisung sei ab 1955 in § 33 a Abs. 2 EStG übernommen worden. Aus der Gesetzesbegründung gehe hervor, daß Abs. 2 der Vorschrift keine grundsätzliche Neuerung bedeute. Daraus folge, daß auch der Betrag ein Pauschbetrag und nicht ein Höchstbetrag sei. Das ergebe sich auch aus dem Zweck des § 33 a EStG, eine gesetzliche Typisierung schwer nachweisbarer Aufwendungen zur Verwaltungsvereinfachung einzuführen. Das Finanzgericht habe das verkannt. Daher sei der dem Jahrespauschbetrag von 900 DM für drei Monate entsprechende Teilbetrag von 225 DM steuerfrei zu lassen. Hilfsweise werde beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur Feststellung der durch die auswärtige Unterbringung entstandenen tatsächlichen Mehraufwendungen an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Nach dem gleichzeitig ergehenden Urteil des Bundesfinanzhofs VI 41/61 U vom 26. Januar 1962 (BStBl 1962 III S. 187) ist bei Steuerpflichtigen, denen durch die auswärtige Unterbringung eines Kindes zur Berufsausbildung Aufwendungen entstehen, der in § 33 a Abs. 2 Satz 3 EStG 1958 genannte Freibetrag vom Einkommen abzusetzen, wenn sie für das Kind einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 2 EStG 1958 erhalten. Bekommen sie keinen solchen Kinderfreibetrag, so werden die Kosten für die auswärtige Unterbringung des Kindes nach § 33 a Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG 1958 berücksichtigt.

Obwohl beide Regelungen in dem gleichen Abs. 2 des § 33 a EStG enthalten sind und einander ähneln, sind die Auswirkungen bei der Besteuerung verschieden. Dies ergibt sich daraus, daß bei der auswärtigen Unterbringung eines Kindes, für das kein Kinderfreibetrag in Betracht kommt, die Steuerermäßigung nach Abs. 2 Satz 1 im Zusammenhang steht mit Abs. 1 von § 33 a EStG 1958. Während bei der auswärtigen Unterbringung eines Kindes, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag gewährt wird, Satz 3 des § 33 a Abs. 2 EStG 1958 ohne Einschränkung einen festen Freibetrag zubilligt, besteht die Steuerermäßigung nach Satz 1 in einer "Erhöhung" des nach § 33 a Abs. 1 EStG zulässigen steuerfreien Betrags. Die Beträge in § 33 a Abs. 1 und 2 Satz 1 EStG 1958 sind als Einheit zu behandeln. Der Steuerpflichtige, der durch den Unterhalt und die Berufsausbildung eines Kindes belastet ist, das bei seiner Besteuerung nicht durch einen Kinderfreibetrag berücksichtigt wird, erhält einen höheren Betrag, wenn das Kind zur Berufsausbildung auswärts untergebracht ist. Da die Kosten des Unterhalts und der Berufsausbildung von denen der auswärtigen Unterbringung regelmäßig nicht oder nur schwer zu trennen sind, ist eine Zusammenfassung sämtlicher Aufwendungen für die Gewährung eines steuerfreien Betrags sinnvoll. Nach § 33 a Abs. 1 EStG 1958 können die Kosten des Unterhalts und der Berufsausbildung - unter Umständen nach Kürzung um eigene Einkünfte des Kindes - im Streitjahr 1958 höchstens mit 900 DM vom Einkommen abgezogen werden. Es handelt sich also nicht um einen festen Pauschbetrag, sondern um einen Höchstbetrag. Dieser erhöht sich bei auswärtiger Unterbringung des Kindes um weitere 900 DM auf höchstens 1.800 DM. Dadurch wird auch der in § 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG genannte Betrag - im Gegensatz zu dem Pauschbetrag in Satz 3 - zu einem Höchstbetrag. Das bedeutet, daß bei einem Steuerpflichtigen, der die Kosten des Unterhalts und der Berufsausbildung einschließlich der auswärtigen Unterbringung für ein Kind trägt, für das er keinen Kinderfreibetrag erhält, die dadurch entstehenden Aufwendungen nach § 33 a EStG vom Einkommen abgezogen werden können, höchstens aber im Jahre 1958 insgesamt 1.800 DM. Wandte der Steuerpflichtige z. B. für Unterhalt und Berufsausbildung 2.400 DM auf, so sind nur 900 DM abzugsfähig, wenn das Kind bei ihm gewohnt hat. War es während des ganzen Jahres auswärts und sind dem Steuerpflichtigen dadurch zusätzliche Kosten entstanden, so sind infolge der durch Abs. 2 Satz 1 zugelassenen Erhöhung des Freibetrags nach Abs. 1 bis zu 1.800 DM abzugsfähig. Da diese Beträge im allgemeinen erreicht werden, legen die Finanzämter sie regelmäßig ohne weitere Prüfung zugrunde. Sie können aber nachprüfen, ob die Steuerpflichtigen tatsächlich Aufwendungen in dieser Höhe haben.

Die genaue Höhe der gerade durch die auswärtige Unterbringung verursachten Aufwendungen braucht dabei im einzelnen nicht festgestellt werden. Es genügt für die Erhöhung nach Abs. 2 Satz 1, daß überhaupt zusätzlich Aufwendungen für die auswärtige Unterkunft, Beförderungsmittel, Verpflegung, Wäsche oder dgl. entstanden sind. Es ist insbesondere nicht erforderlich, daß diese zusätzlichen Kosten der auswärtigen Unterbringung den in Abs. 2 Satz 1 von § 33 a EStG 1958 genannten Betrag erreichen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß die Bf. wegen der auswärtigen Unterbringung ihres Sohnes in den Monaten Oktober bis Dezember 1958 keinen Freibetrag nach § 33 a EStG 1958 erhalten können. Selbst wenn man unterstellt, daß die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 1 für das ganze Jahr und die des Abs. 2 Satz 1 für drei Monate vorgelegen haben und deshalb der Höchstbetrag für die Berücksichtigung ihrer Aufwendungen (900 + 225 =) 1.125 DM ausmachte, entfällt wegen des Unterhaltszuschusses, den der Sohn erhalten hat, die Möglichkeit einer Steuerermäßigung nach § 33 a Abs. 1 und 2 EStG 1958. Dieser Unterhaltszuschuß von etwa 2.700 DM jährlich übersteigt nämlich auch nach der vorgeschriebenen Kürzung um 480 DM die für einen Abzug im Höchstfall in Betracht kommenden 1.125 DM. Damit entfällt die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen der Bf. für ihren Sohn nach § 33 a Abs. 1 und auch nach Abs. 2 Satz 1 EStG 1958 wegen auswärtiger Unterbringung.

Die Vorentscheidung, die gleichfalls einen Freibetrag nach § 33 a EStG 1958 abgelehnt hat, ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410365

BStBl III 1962, 189

BFHE 1962, 503

BFHE 74, 503

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge