Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliches Eigentum; Errichtung eines betrieblichen Gebäudes auf einem im (Mit-)Eigentum des Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden Grundstücks; Nutzungswertbesteuerung im Rahmen der Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG 1987

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob Aufwendungen für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem zivilrechtlich im (Mit-)Eigentum des Nichtunternehmer-Ehegatten stehenden Grundstück auch bei Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, zur Annahme von wirtschaftlichem Eigentum des Unternehmer-Ehegatten führen.

2. Bei einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus sind die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der Nutzungswertbesteuerung im Rahmen der sog. großen Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG 1987 insoweit nicht mehr gegeben, als ein Ehegatte nach dem 31. Dezember 1986 den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten hinzuerwirbt und danach nicht mehr beide Eheleute gemeinsam die tatsächliche Sachherrschaft an der Wohnung ausüben (Anschluss an BFH-Urteil vom 17. Dezember 2002 IX R 11/99, BFH/NV 2003, 748).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1; EStG 1987 § 21 Abs. 2 S. 1 Hs. 1, § 52 Abs. 21 S. 2; FGO § 118 Abs. 2; BGB §§ 812, 818 Abs. 3, §§ 951, 1380

 

Verfahrensgang

FG München (Entscheidung vom 31.03.1998; Aktenzeichen 16 K 3543/97; EFG 1998, 1184)

 

Tatbestand

I. Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte in den Streitjahren 1991 bis 1993 Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für 1991 wurde er mit seiner damaligen Ehefrau (E) zusammen veranlagt; die Ehe wurde am 29. Juli 1992 geschieden.

Der Kläger und E waren je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstücks X-Weg 29. Auf diesem Grundstück errichtete der Kläger unter Tragung der gesamten Herstellungskosten im Jahr 1981 ein Gebäude, das er in der Folgezeit zu 33 v.H. in seinem Gewerbebetrieb nutzte. Im Übrigen diente das Gebäude der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durch die Eheleute (teils Fremdvermietung, teils eigene Wohnzwecke). Für die selbstgenutzte Wohnung führten die Eheleute die Nutzungswertbesteuerung auch über das Jahr 1986 hinaus fort. Das Grundstück X-Weg 27 stand ebenfalls im hälftigen Miteigentum der Eheleute, wurde aber nicht betrieblich genutzt. Ein weiteres Grundstück, X-Weg 43, gehörte allein dem Kläger, der es mitsamt eines im Jahr 1973 errichteten Gebäudes betrieblich nutzte.

Hinsichtlich des betrieblich genutzten Teils des Gebäudes X-Weg 29 aktivierte der Kläger in seinen Bilanzen bis einschließlich 31. Dezember 1989 sowohl seinen eigenen Miteigentumsanteil als auch den auf E entfallenden Anteil. Von beiden Bilanzpositionen nahm er die sog. Grenzland-Sonderabschreibung nach § 3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG) in Höhe von 40 v.H. der Herstellungskosten sowie Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor. Zum 31. Dezember 1990 ergab sich für beide Bilanzpositionen ein Buchwert von je 39 384 DM. Den für den Miteigentumsanteil der E gebildeten Bilanzposten buchte der Kläger zum 31. Dezember 1990 erfolgsneutral aus. Zur Begründung führte er an, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien bei Ehegattengrundstücken keine Nutzungsrechte zu bilanzieren.

Am 17. September 1991 schlossen der Kläger und E eine notariell beurkundete Scheidungsvereinbarung, in der sie u.a. erklärten, bereits getrennt zu leben. Danach übertrug E zum Zwecke des Zugewinnausgleichs sowie zur Abgeltung aller weiteren Ansprüche zwischen den Ehegatten, insbesondere solchen aus privaten Lebensversicherungen, mit sofortiger Wirkung ihren Miteigentumsanteil am Grundstück X-Weg 29 gegen Zahlung von 400 000 DM auf den Kläger. Der Kläger übernahm im Wege der befreienden Schuldübernahme die an diesem Grundstück durch Grundpfandrechte abgesicherten Darlehensverbindlichkeiten. Mit einem weiteren Vertrag vom selben Tage übertrugen der Kläger und E das Grundstück X-Weg 27 auf ihre gemeinsame Tochter sowie deren Ehemann. Der Kaufpreis in Höhe von 200 000 DM sollte allein dem Kläger zustehen.

Der Kläger berücksichtigte diese Vereinbarungen in seiner Einkommensteuererklärung für 1991 nur insoweit, als er neue AfA-Beträge ermittelte. Dazu erläuterte er, dass bei der Scheidungsvereinbarung für die Grundstücke X-Weg 27 bzw. 29 Verkehrswerte von 200 000 DM bzw. 600 000 DM zugrunde gelegt worden seien; der Anteil der E am Gesamtwert von 800 000 DM habe 400 000 DM betragen. Nach diesem Wertverhältnis ermittelte der Kläger Anschaffungskosten für den hinzuerworbenen Miteigentumsanteil am Grundstück X-Weg 29 von 300 000 DM, wovon 80 436 DM auf den betrieblich genutzten Gebäudeteil entfallen sollten.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Streitjahre kam der Prüfer zu der Auffassung, der Kläger sei infolge der Kostentragung für das Betriebsgebäude Inhaber eines entgeltlich erworbenen Nutzungsrechts gegenüber der E gewesen. Als dieses Nutzungsrecht durch die Vermögensauseinandersetzung weggefallen sei, habe dem Kläger ein Ausgleichsanspruch nach § 951 i.V.m. § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zugestanden. Da er diesen Anspruch nicht geltend gemacht habe, habe er die entsprechende Forderung entnommen. Die Entnahme sei mit dem Verkehrswert des Nutzungsrechts zu bewerten, den er auf 67 518 DM schätzte. Der Prüfer erhöhte ferner das Anfangskapital zum 1. Januar 1991 erfolgsneutral um den vom Kläger bereits zum 31. Dezember 1990 ausgebuchten Wert des Nutzungsrechts und nahm in Höhe dieses Betrags eine gewinnmindernde Gegenrechnung beim Entnahmewert vor.

Hinsichtlich des hinzuerworbenen Hälfteanteils an der selbstgenutzten Wohnung sah der Prüfer die Voraussetzungen für eine weitere Anwendung der Nutzungswertbesteuerung nicht mehr als gegeben an und minderte den Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend.

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre 1991 bis 1993 sowie den Gewerbesteuermessbetrag für 1991 zunächst entsprechend der Auffassung des Prüfers fest. In den Einspruchsentscheidungen erhöhte das FA den Entnahmewert auf den vom Kläger als Anschaffungskosten entwickelten Betrag von 80 436 DM.

Die Klage hatte nur hinsichtlich der Nutzungswertbesteuerung Erfolg; im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) sie ab (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1998, 1184).

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch das FA Revision eingelegt.

Der Kläger ist der Auffassung, es fehle bereits an einem entnahmefähigen Wirtschaftsgut. Auch sei keine Entnahmehandlung erkennbar, denn die anteilige betriebliche Nutzung des Gebäudes habe sich in keiner Weise geändert.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das FG vom Vorliegen einer Entnahme des Nutzungsrechts ausgegangen ist, die Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 1991 entsprechend herabzusetzen, sowie die Revision des FA zurückzuweisen.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das FG die große Übergangsregelung auch auf den vom Kläger hinzuerworbenen Miteigentumsanteil angewendet hat, die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Es ist unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 58/96 (BFH/NV 1998, 313) der Auffassung, die große Übergangsregelung dürfe bei einem Übergang der selbstgenutzten Wohnung in das Alleineigentum eines Ehegatten nur bei unveränderten Nutzungsverhältnissen ―d.h. bei gemeinsamer Nutzung durch beide Ehegatten im Jahr der Übertragung― angewendet werden.

Zur Revision des Klägers äußert das FA die Auffassung, unabhängig von der Bezeichnung der durch die eigenen Aufwendungen des Klägers geschaffenen Position müsse es in den Fällen der Entnahme zur Realisierung stiller Reserven kommen, da sonst die durch Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen entstandenen stillen Reserven der Besteuerung entzogen würden.

 

Entscheidungsgründe

II. Revision des Klägers

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, der Kläger habe die für den Miteigentumsanteil der E am betrieblich genutzten Teil des Gebäudes X-Weg 29 gebildete Bilanzposition im Streitjahr 1991 gewinnrealisierend entnommen; das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

1. Das FG hat ―unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 77/96 (BFHE 183, 455, BStBl II 1997, 774)― angenommen, der Kläger sei wirtschaftlicher Eigentümer der im zivilrechtlichen Eigentum der E stehenden Gebäudehälfte gewesen. Dieses Wirtschaftsgut habe er aus seinem Betriebsvermögen entnommen. Die Entnahmehandlung des Klägers sei darin zu sehen, dass er das wirtschaftliche Eigentum in der Scheidungsvereinbarung aufgegeben habe. Denn der Wert der von ihm geleisteten Aufwendungen sei der E "gutgebracht" worden. Dies sei daran zu erkennen, dass E aus der Verteilungsmasse von insgesamt 800 000 DM ebenso wie der Kläger einen Wertanteil von 400 000 DM erhalten habe. Diese "vorgeschaltete Wertverrechnung für Belange des Zugewinnausgleichs" führe ―anders als eine Zugewinnausgleichszahlung als solche― gleichzeitig zu Anschaffungskosten des Klägers.

2. Diese Auffassung hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand, weil das FG keine den Senat bindenden Feststellungen getroffen hat, welche seine rechtliche Wertung, der Kläger habe im Rahmen der Scheidungsvereinbarung ein Wirtschaftsgut seines Betriebsvermögens zugunsten der E aufgegeben und damit entnommen, als zutreffend erscheinen lassen könnten.

a) Zwar hat das FG auf den betrieblich genutzten Gebäudeteil entfallende Anschaffungskosten in Höhe von 80 436 DM sowie einen Entnahmewert in gleicher Höhe festgestellt. Diese Feststellungen sind für den Senat jedoch auch ohne entsprechende Rüge nicht bindend i.S. des § 118 Abs. 2 FGO, weil sie in Widerspruch zu anderweitigen Feststellungen des FG stehen.

Unzureichende oder widersprüchliche Sachverhaltsdarstellungen im angefochtenen Urteil stellen nach ständiger Rechtsprechung des BFH einen materiell-rechtlichen Fehler dar, der auch ohne diesbezügliche Rüge zum Wegfall der Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 FGO führt (BFH-Urteile vom 28. Januar 1987 I R 85/80, BFHE 150, 120, BStBl II 1987, 616, unter B. 1.; vom 20. September 1989 X R 140/87, BFHE 158, 361, BStBl II 1990, 368, unter 2. b a.E.; vom 10. November 1992 VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468, unter 2. a; vom 22. April 1998 X R 101/95, BFH/NV 1998, 1481, unter B. I. 2.; vom 15. Februar 2001 III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041).

Das FG folgt allein den Angaben des Klägers in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1991, wonach die aufgrund der Scheidungsvereinbarung vom 17. September 1991 von ihm an E zu zahlenden 400 000 DM in Höhe eines Teilbetrags von 300 000 DM als Anschaffungskosten für den Hälfteanteil am streitgegenständlichen Grundstück X-Weg 29 und in Höhe der verbleibenden 100 000 DM als Anschaffungskosten für den Hälfteanteil am Grundstück X-Weg 27 anzusehen seien.

Einer solchen abschließenden Verteilung des Gesamtbetrags auf lediglich diese beiden Vermögensgegenstände steht jedoch der übrige Inhalt der ―vom FG in Bezug genommenen― Scheidungsvereinbarung entgegen: Denn nach Nr. II dieser Vereinbarung war die Gesamtzahlung nicht allein Kaufpreis für den Erwerb der hälftigen Miteigentumsanteile der E an den beiden genannten Grundstücken. Vielmehr diente sie auch der vollständigen Abgeltung der Ansprüche auf Zugewinnausgleich sowie aller sonstigen Ansprüche zwischen den Vertragsteilen. Lediglich die Ansprüche auf den gesetzlichen Versorgungsausgleich sollten ausgenommen sein.

Zudem liegt die Annahme nahe, dass weitere Vermögensgegenstände bei der Bemessung der Gesamtzahlung von 400 000 DM berücksichtigt worden sind: So ergibt sich aus den sonstigen Feststellungen des FG, dass der Kläger während der Ehezeit das in seinem Alleineigentum stehende Grundstück X-Weg 43 bebaut hatte. Auch der Wert dieses Gebäudes fiel aber in den Zugewinn des Klägers. Ferner waren in der Scheidungsvereinbarung ausdrücklich "Ansprüche aus privaten Lebensversicherungen" erwähnt. Dass allein die Scheidungsvereinbarung den Willen der damaligen Vertragsparteien zur vollständigen Regelung ihrer Vermögensverhältnisse nicht abschließend wiedergibt, liegt schon deswegen nahe, weil erst eine weitere Vereinbarung ―der Kaufvertrag vom selben Tage über die Veräußerung des Grundstücks X-Weg 27 an die gemeinschaftliche Tochter und deren Ehemann― den Anspruch des Klägers auf Erhalt des Gesamtkaufpreises von 200 000 DM begründete, obwohl ihm nach den Eigentumsverhältnissen nur die Hälfte dieses Betrags zugestanden hätte.

Zur Frage, ob und in welchem Umfang die Gesamtzahlung Zugewinnausgleichsansprüche abgelten sollte, hat sich der Kläger auf Behauptungen beschränkt, diese aber nicht durch die ―ihm mögliche― Vorlage von Unterlagen aus dem Scheidungsverfahren und den Auseinandersetzungsverhandlungen substantiiert. Zum anderen hat er selbst zugestanden, dass E Zugewinnausgleichsforderungen wegen des Unternehmenswerts hätte stellen können und er sich zur Abwendung derartiger Ansprüche auf die "relativ hohe" Zahlung von 400 000 DM eingelassen habe. Zahlungen, die zur Abwendung von Zugewinnausgleichsansprüchen geleistet werden, können steuerrechtlich aber nicht anders behandelt werden als die Zugewinnausgleichszahlung selbst.

b) Der Würdigung des FG, der Kläger habe ein Wirtschaftsgut zugunsten der E entnommen, vermag der Senat auf der Grundlage der verbleibenden Feststellungen nicht beizutreten.

aa) Bei Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). In diese Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich geht auch der Wert der Entnahmen gewinnerhöhend ein. Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für betriebsfremde Zwecke entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Dieser Entnahmetatbestand ist erfüllt, wenn ein Wirtschaftsgut seine Eigenschaft als Betriebsvermögen durch die Auflösung des sachlichen oder persönlichen Zusammenhangs mit dem Betrieb verliert; er setzt eine Entnahmehandlung voraus, die von einem Entnahmewillen getragen wird (vgl. z.B. Senatsurteil vom 9. August 1989 X R 20/86, BFHE 158, 316, BStBl II 1990, 128). Im Streitfall sind diese Voraussetzungen vom FG nicht festgestellt worden.

bb) Der Senat legt den Entnahmebegriff des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BFH final aus. Nach diesem "finalen Entnahmebegriff", der seine Grundlage in der verfassungsrechtlich gebotenen Vermeidung einer übermäßigen oder zu früh einsetzenden Besteuerung hat, liegt eine Entnahme noch nicht vor, solange die Realisierung der im Bilanzansatz des jeweiligen Wirtschaftsgutes vorhandenen stillen Reserven gesichert bleibt (z.B. BFH-Beschluss vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168, unter C. II. 1. b). So verhält es sich aber auch im Streitfall: Zum einen fehlt es hier an jeglicher Nutzungsänderung in Bezug auf das vom Kläger errichtete Gebäude, die als Begründung für die Wertung als Entnahme dienen könnte. Angesichts dieser unveränderten betrieblichen Nutzung des Gebäudes im Einzelunternehmen des Klägers auch über den Zeitpunkt der Vermögensauseinandersetzung und des Erwerbs des Alleineigentums am Grundstück hinaus bleiben ferner auch die stillen Reserven der bereits zuvor gebildeten Bilanzposition unverändert steuerverhaftet.

cc) Der vom FG unterstellte Ablauf, der Kläger habe im Rahmen der Scheidungsvereinbarung zugunsten der E zunächst auf das wirtschaftliche Eigentum an der Gebäudehälfte verzichtet und dann dieselbe Position ―ergänzt um das hier lediglich eine formale Hülse darstellende zivilrechtliche Eigentum― entgeltlich zurückerworben, erscheint nicht realitätsnah. Das FG selbst gibt keinerlei Begründung dafür, warum die Scheidungsvereinbarung von dem Willen der Eheleute getragen sein sollte, das (wirtschaftliche) Eigentum an der Gebäudehälfte zunächst unentgeltlich vom Kläger auf E, jedoch eine juristische Sekunde später entgeltlich von E auf den Kläger zurück zu übertragen. Im Hinblick auf die wirtschaftliche und rechtliche Unüblichkeit einer derartigen Vorgehensweise hätte es indes einer besonderen Begründung für eine solche Annahme bedurft.

dd) Der Kläger hatte keine erkennbare Veranlassung, der E einen Gegenstand seines Betriebsvermögens unentgeltlich zuzuwenden. Getrennt lebende Ehegatten pflegen sich nach der Lebenserfahrung im Stadium der Auseinandersetzungsverhandlungen nichts mehr zu schenken. Feststellungen, die für den Streitfall ein Absehen von dieser Vermutung rechtfertigen würden, hat das FG nicht getroffen.

ee) Die vom FG vorgenommene Würdigung widerspricht auch der steuer- und zivilrechtlichen Behandlung von Ausgleichsansprüchen zwischen Ehegatten.

(1) Geht man mit dem VIII. Senat des BFH (Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 30/98, BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741) davon aus, dass bei Bauten auf fremdem Grund und Boden auch zwischen Ehegatten ein Wertersatzanspruch nach §§ 951, 812 BGB besteht, der als Grundlage für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums dient, hätte der Kläger gegenüber E für den Hinzuerwerb des zivilrechtlichen Volleigentums keine Gegenleistung geschuldet (BFH-Urteil in BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741, unter I. 3.). Unter dieser Voraussetzung spricht nichts dafür, dass er ―in einem davorgeschalteten Akt― das wirtschaftliche Eigentum an der Gebäudehälfte der E entnommen hat. Es kommt weder zu einer Gewinnrealisierung noch zum Entstehen zusätzlicher Anschaffungskosten. Vielmehr hat der Unternehmer-Ehegatte die bereits gebildete Bilanzposition fortzuführen; die AfA-Bemessungsgrundlage bleibt unverändert (BFH-Urteil in BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741, unter I. 4.).

(2) Hingegen hat der Bundesgerichtshof (BGH) in verschiedenen Entscheidungen festgestellt, dass bei Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, bereicherungsrechtliche ―und damit auch auf §§ 951, 812 BGB beruhende― Ausgleichsansprüche durch die Regelungen über den güterrechtlichen Ausgleich verdrängt sind (BGH-Urteile vom 6. Dezember 1965 II ZR 137/63, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1966, 542, unter 2.; vom 3. Dezember 1975 IV ZR 110/74, BGHZ 65, 320; vom 27. April 1977 IV ZR 143/76, BGHZ 68, 299; vom 26. November 1981 IX ZR 91/80, BGHZ 82, 227, unter 2.; vom 22. April 1982 IX ZR 35/81, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ―FamRZ- 1982, 778; vom 5. Oktober 1988 IVb ZR 52/87, Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht ―NJW-RR― 1989, 66, unter I. 4.). In Bestätigung dessen hat der BGH ausgeführt, dass Zuwendungen unter Ehegatten allein güterrechtlich ausgeglichen werden (BGH-Urteil vom 10. Juli 1991 XII ZR 114/89, BGHZ 115, 132; ebenso Oberlandesgericht München, Urteil vom 20. Juli 2001 21 U 1873/01, NJW-RR 2002, 3, unter III. 2.). Schließt man sich dem an, fehlte es von vornherein an einem realisierbaren Wertersatzanspruch des Klägers gegen E. Damit entfiele auch die Grundlage für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums des Klägers; die von diesem gebildete Bilanzposition wäre mit dem Großen Senat des BFH (Beschlüsse vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281, unter C. III. 1. und C. V.; vom 23. August 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C. I. 2. b) als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands anzusehen, die lediglich aus bilanztechnischen Gründen "wie ein materielles Wirtschaftsgut" zu behandeln ist.

Zivilrechtlich ist die in der Errichtung des Gebäudes auf dem auch der E gehörenden Grundstück liegende Vorwegleistung des Klägers nach Auffassung des erkennenden Senats vielmehr bei der Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung zu berücksichtigen. Nach der insoweit geltenden Regelung des § 1380 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. zur Berechnung BGH-Urteil in BGHZ 82, 227) hat sich derjenige Ehegatte, der die Zuwendung gemacht hat, deren Wert bei der Berechnung der Ausgleichsforderung hinzurechnen zu lassen. Dies ist im Streitfall der Kläger. Die gegenteilige Annahme des FG, der Wert der Zuwendung sei dem Endvermögen der E "gutgebracht" worden, erscheint als mit § 1380 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht vereinbar. Eine solche Sachverhaltsannahme kann daher nicht ohne weitere Feststellungen der rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt werden.

Auch bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung zu den zivilrechtlichen Vorfragen besteht ―im Ergebnis nicht anders als nach der Entscheidung des VIII. Senats― keine Grundlage für die Annahme des FG, der Kläger habe einen Gegenstand seines Betriebsvermögens gewinnrealisierend entnommen.

3. Das Urteil des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO). Denn eine Gewinnrealisierung ist auch unter dem Gesichtspunkt einer Veräußerung bzw. eines veräußerungsähnlichen Vorgangs zu verneinen. Ein solcher Vorgang könnte im Streitfall allenfalls in einer Verrechnung eines gegen E gerichteten schuldrechtlichen Anspruchs des Klägers (entweder eines Aufwendungsersatzanspruchs nach §§ 951, 812 BGB oder eines Anrechnungspostens nach § 1380 Abs. 1 Satz 1 BGB) mit gegenläufigen Zugewinnausgleichsansprüchen der E gesehen werden. Indes hat eine derartige Verrechnung nicht stattgefunden.

a) Der VIII. Senat des BFH (Urteil in BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741, unter I. 3. a.E.) verneint einen Verrechnungsvorgang in derartigen Fällen schon deswegen, weil der Nichtunternehmer-Ehegatte nach der Übertragung seines Miteigentumsanteils auf den Unternehmer-Ehegatten nicht mehr bereichert sei (§ 818 Abs. 3 BGB).

b) Auch insoweit kann der erkennende Senat offen lassen, ob er sich dem ―vor allem im Hinblick auf eine möglicherweise aus § 819 Abs. 1 oder § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB folgende und die Berufung auf Entreicherung ausschließende verschärfte Haftung des Leistungsempfängers (Nichtunternehmer-Ehegatten)― anschließen könnte.

Denn wenn man mit der Rechtsprechung des BGH für Ehegatten im gesetzlichen Güterstand vom Vorrang des güterrechtlichen Ausgleichs vor etwaigen Bereicherungsansprüchen ausgeht (oben 2. b ee (2)), stand dem Kläger von vornherein kein zur Wertverrechnung geeigneter Wertersatzanspruch gegen E zu. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht nicht aus einer Verrechnung von Einzelpositionen, sondern beruht auf einem Vergleich der Unterschiedsbeträge zwischen Endvermögen und Anfangsvermögen der beiden Ehegatten (§§ 1373, 1378 Abs. 1 BGB), mithin auf einer Gesamtbetrachtung des Vermögens.

Im Übrigen wäre auch hier die Aufspaltung in zwei gegenläufige Veräußerungsvorgänge (Bruttobetrachtung) wenig realitätsnah. Denn E hat zu keinem Zeitpunkt die wirtschaftliche Position des Klägers hinsichtlich der Nutzung des Gesamtgebäudes in Frage gestellt. Auch im Rahmen der Scheidungsvereinbarung wurde zu keiner Zeit eine Nutzungsmöglichkeit auf E übertragen.

4. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu der Auffassung kommen, dass der für die ursprünglich im Eigentum der E stehende Gebäudehälfte gebildete Bilanzposten auch nach dem Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums fortzuführen ist, stünde dem dessen erfolgsneutrale Ausbuchung durch den Kläger in der Schlussbilanz zum 31. Dezember 1990 nicht entgegen. Denn dadurch unterblieb der Ausweis dieses Bilanzpostens zu Unrecht (dazu unten a). Diesen Fehler durfte und musste der Prüfer in der Anfangsbilanz zum 1. Januar 1991 ―ebenfalls erfolgsneutral― wieder rückgängig machen (dazu unten b).

a) Der Ausweis des zuvor vom Kläger gebildeten und fortgeführten Bilanzpostens für seinen Aufwand auf das betrieblich genutzte Gebäude in der Schlussbilanz zum 31. Dezember 1990 ist zu Unrecht unterblieben.

Gehört ein Wirtschaftsgut zum notwendigen Betriebsvermögen, so kann es diese Eigenschaft nicht ohne Lösung des betrieblichen Zusammenhangs oder der persönlichen Zurechnung verlieren (BFH-Urteil vom 10. November 1994 IV R 15/93, BFHE 176, 535, BStBl II 1995, 452, unter II. 3.). Gleiches muss für Aufwandsverteilungsposten gelten, die "wie ein materielles Wirtschaftsgut" behandelt werden.

Vorliegend hatten sich die tatsächlichen Grundlagen, die den Kläger zum Ausweis dieses Postens ―sei es als Wirtschaftsgut oder als Aufwandsverteilungsposten― verpflichteten, zum 31. Dezember 1990 nicht geändert. Insbesondere liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass mit der Trennung der Eheleute ―sofern diese zum 31. Dezember 1990 überhaupt schon eingetreten war, wogegen die für das Streitjahr 1991 vom Kläger und E beantragte und vom FA durchgeführte Zusammenveranlagung spricht― auch die Nutzungsbefugnis des Klägers am Betriebsgebäude, soweit es im Miteigentum der E stand, enden sollte. Im Gegenteil deutet der gesamte spätere Ablauf darauf hin, dass eine ununterbrochene und unveränderte Fortsetzung der bisherigen Nutzung gewollt war.

b) Der Prüfer hat die erfolgsneutrale Wiedereinbuchung in der Anfangsbilanz des Streitjahres zu Recht vorgenommen. Die unberechtigte Ausbuchung zum 31. Dezember 1990 war eine reine Buchmaßnahme gewesen, die auf die rechtliche Beurteilung der betreffenden Position keinen Einfluss hatte (vgl. zur Ausbuchung eines Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens BFH-Urteil vom 10. Juli 1974 I R 223/70, BFHE 113, 209, BStBl II 1974, 736, unter I. 3. c, m.w.N.).

5. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit dieses Feststellungen zu der Frage nachholen kann, ob der im Scheidungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger tatsächlich im Rahmen der Scheidungsvereinbarung eine unentgeltliche Zuwendung aus seinem Betriebsvermögen an E getätigt hat. Sollte das FG derartige Feststellungen nicht treffen können, wird es bei der Ermittlung der zutreffenden AfA für die Streitjahre berücksichtigen, dass sich auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats die AfA-Bemessungsgrundlage für das Gebäude gegenüber den Vorjahren nicht geändert hat.

III. Revision des FA

Die Revision des FA ist ebenfalls begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG.

Das angefochtene Urteil verletzt insoweit § 21 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG 1987. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass es für die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung durch den hinzuerwerbenden Ehegatten nicht auf die Nutzungsverhältnisse an der Wohnung im jeweiligen Veranlagungszeitraum ankomme.

1. Nach § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG 1987 ist bei einer Wohnung im eigenen Haus der Überschuss des Mietwerts über die Werbungskosten der Besteuerung bis einschließlich 1998 weiterhin zugrunde zu legen, wenn bei dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen der Nutzungswertbesteuerung vorgelegen haben.

Nach der Rechtsprechung des BFH steht bei Wohnungen, die sich zunächst im Miteigentum von Eheleuten befinden, eine Übertragung des Miteigentumsanteils des einen auf den anderen Ehegatten der Fortführung der Nutzungswertbesteuerung nicht entgegen. Voraussetzung ist allerdings, dass beide Eheleute die tatsächliche Sachherrschaft in Form des (Mit-)Besitzes an der selbstgenutzten Wohnung sowohl im Jahr 1986 als auch im jeweiligen Folgejahr unverändert in vollem Umfang gemeinsam ausüben und die fiktiven Einkünfte in Form des Nutzungswerts gemeinsam erwirtschaften (BFH-Urteile vom 22. April 1997 IX R 73/94, BFH/NV 1997, 653, unter 1. c; in BFH/NV 1998, 313, unter 2. a; vom 20. März 2001 IX R 91/97, BFH/NV 2001, 1114, unter II. 2. a; vom 17. Dezember 2002 IX R 11/99, BFH/NV 2003, 748, unter II. 1. c).

Daran fehlt es hier. Denn E nutzte die Wohnung seit ihrem Auszug nicht mehr selbst. Dazu hat das FG unter Bezugnahme auf die Scheidungsvereinbarung festgestellt, dass die Eheleute zum Zeitpunkt der Übertragung des Miteigentumsanteils der E auf den Kläger am 17. September 1991 bereits getrennt lebten. Liegen die Voraussetzungen für den Ansatz eines Nutzungswerts aber lediglich in einem Teil des Veranlagungszeitraums vor, ist dieser auch nur zeitanteilig zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 74/92, BFH/NV 1995, 1051).

Demgegenüber sind FA und FG für die Zeit bis zum 17. September 1991 zu Recht von einer Fortführung der Nutzungswertbesteuerung in voller Höhe ausgegangen, ohne darauf einzugehen, ob die Trennung bereits ―was nahe liegt― zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten war. Denn auch dann, wenn ein Miteigentümer die gesamte Wohnung allein nutzt, ist ihm der gesamte Nutzungswert zuzurechnen (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1993 IX R 169/88, BFHE 173, 131, BStBl II 1994, 325; BFH in BFH/NV 1997, 653, unter 1. b).

2. Soweit das FG und die Klägerseite das BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 653 dahin gehend verstanden haben, dass die für Anteilsübertragungen zwischen Ehegatten geltende Ausnahmeregelung des § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG analog auch auf Fälle der großen Übergangsregelung anzuwenden sei, hat der IX. Senat mit seinem Urteil in BFH/NV 2003, 748 (unter II. 1. b, c) klargestellt, dass dies für den Einzelrechtsnachfolger nur bei Fortführung der zuvor gemeinsamen Nutzung gilt. Zur näheren Begründung wird auf die genannte Entscheidung, die auch der Auffassung des erkennenden Senats entspricht, verwiesen.

3. Die Sache ist auch insoweit nicht spruchreif. Denn das FG wird noch Feststellungen zur Höhe der sich ergebenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung treffen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 974097

BFH/NV 2003, 1371

BStBl II 2004, 403

BFHE 1974, 514

BFHE 2004, 514

BFHE 202, 514

BB 2003, 2051

BB 2004, 84

DB 2003, 2100

DB 2005, 8

DStRE 2003, 1132

HFR 2003, 1038

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