Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine doppelte Haushaltsführung bei Verlagerung des Lebensmittelpunktes an den Arbeitsort

 

Leitsatz (NV)

Eine ursprünglich gegebene doppelte Haushaltsführung eines Arbeitnehmers wird beendet, wenn dieser am Beschäftigungsort mit seiner Lebensgefährtin und aus dieser Verbindung hervorgegangenen gemeinsamen Kindern auf Dauer zuammenzieht (Bestätigung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist türkischer Staatsangehöriger. Seine Ehefrau und der im Jahre 1964 geborene Sohn befinden sich in der Türkei. Der Kläger lebt zusammen mit seiner deutschen Lebensgefährtin und den 1975 und 1978 geborenen gemeinsamen Kindern in einer Eigentumswohnung in X, die den Kindern gehört.

Im Einspruchsverfahren gegen den Bescheid über Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1982 machte der Kläger Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung in Höhe von 5110 DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte einen Werbungskostenabzug mit der Begründung ab, die erforderliche finanzielle Belastung des Klägers am ausländischen Hausstand (durch Bargeldmitnahme eines Arbeitskollegen) sei nicht ausreichend nachgewiesen. Zudem fehle es an der erforderlichen persönlichen Mitwirkung am hauswirtschaftlichen Leben, weil der Kläger im Streitjahr keine Familienheimfahrt in die Türkei unternommen habe.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung sei nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger am Beschäftigungsort ein ehewidriges Verhältnis unterhalte. Die eheliche Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft sei nicht endgültig aufgegeben worden. Für die persönliche Mitwirkung am hauswirtschaftlichen Leben sei ausreichend, daß der Kläger zwar nicht im Streijahr 1982, jedoch 1981 und 1983 einen längeren Urlaub bei seiner Familie in der Türkei verbracht habe. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, daß der Kläger den Kontakt mit seiner Familie durch Briefe aufrechterhalten habe. Auch der geltend gemachte Verpflegungsmehraufwand führe nicht zu einer offensichtlichen unzutreffenden Besteuerung, weil nicht feststehe, ob der Kläger ,,aus religiösen Gründen oder aus Gründen des Geschmacks" nicht am gemeinsamen Mittagessen mit seiner Lebensgefährtin teilgenommen habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision und macht Verletzung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Der Kläger habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in die Bundesrepublik Deutschland verlegt, da er sich mindestens seit 1975 mit seiner Lebengefährtin und den gemeinsamen Kindern in X aufhalte und von dort aus seiner Arbeit nachgehe, während er im Streitjahr seine Ehefrau nur einmal besucht habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG setzt die Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung voraus, daß es aus beruflichen Gründen zu einer Aufsplitterung einer bisher einheitlichen Haushaltsführung auf zwei getrennte Haushalte gekommen ist, nämlich auf einen Hausstand in der bisherigen Wohnung und eine Wohnung bzw. Unterkunft am Beschäftigungsort. Nach der Rechtsprechung des Senats fehlt es an dieser Voraussetzung, wenn der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort nicht nur eine Wohnung unterhält, sondern darüber hinaus einen eigenen Hausstand gründet, der nunmehr als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der verheiratete Arbeitnehmer am Beschäftigungsort mit seiner Lebensgefährtin und aus dieser Verbindung hervorgegangenen gemeinsamen Kindern auf Dauer zusammenzieht. Trotz Weiterführung des ursprünglichen Familienhaushalts (durch Unterstützungszahlungen und gelegentliche Besuche), der aber nicht mehr den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers darstellt, wird die doppelte Haushaltsführung mit der Gründung des zweiten Hausstandes beendet (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 25. März 1988 VI R 32/85, BFHE 152, 533, BStBl II 1988, 582; VI R 142/87, BFHE 152, 537, BStBl II 1988, 584, sowie VI R 209/84, BFH/NV 1988, 706). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest, denn Sinn und Zweck der Berücksichtigung von Kosten einer doppelten Haushaltsführung ist es, auf die Verwurzelung des Arbeitnehmers an seinem bisherigen Lebensmittelpunkt Rücksicht zu nehmen. Diese Rücksichtnahme ist nicht mehr geboten, wenn der Arbeitnehmer seinen bisherigen Lebensmittelpunkt an den Arbeitsort verlagert (zustimmend Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 9 EStG Anm. 516; Thürmer in Blümich/Falck, Einkommensteuergesetz, § 9 Rz. 367; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 9 Anm. 9e; a. A. Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 1989, 51). Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG im Streitfall zu Unrecht das Fortbestehen einer doppelten Haushaltsführung anerkannt. Das Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419126

BFH/NV 1993, 538

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